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Thesan modelliert frühes Universum im Detail
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astronomie astronews.com
29. März 2022
Mit der neuen kosmologischen Simulation Thesan hat
ein internationales Team das frühe Universum zu einem Zeitpunkt simuliert, als
die ersten Sterne zu leuchten begannen. Der Blick auf diese wichtige Phase der
"kosmische Reionisation" kann auch Vergleichsdaten für künftige Beobachtungen
liefern, wie die des Weltraumteleskops James Webb.
Zusammengesetztes Bild der Hauptsimulation
von Thesan. Gezeigt sind sechs verschiedene
berechnete Eigenschaften des Universums in einem
Schnitt durch eine Region der Simulation. Die
beiden kreisrunden Vergrößerungen machen
deutlich, dass Thesan in der Lage ist, den Blick
von großen Teleskopen wie ALMA oder JWST auf die
ersten Galaxien vorherzusagen.
Bild: MPA [Großansicht] |
Alles begann vor etwa 13,8 Milliarden Jahren mit dem "Urknall". Bald darauf
wurde das junge Universum kalt und dunkel – zumindest bis einige hundert
Millionen Jahre später die Schwerkraft genug Materie zu den ersten Sternen und
Galaxien zusammengeballt hatte. Das Licht dieser ersten Sterne erwärmte das
umgebende Gas und verwandelte es in ein heißes, ionisiertes Plasma – eine
wichtige Phase, die als "kosmische Reionisation" bekannt ist und zu der
komplexen Struktur führte, die wir heute im Universum sehen.
Mit einer neuen Simulation namens Thesan, die gemeinsam von
Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Astrophysik (MPA), des
Massachusetts Institute of Techonology (MIT) und der Harvard University
entwickelt wurde, können Wissenschaftler nun einen detaillierten Blick darauf
werfen, wie sich das Universum während dieser entscheidenden Periode entwickelt
haben könnte. Thesan, benannt nach der etruskischen Göttin der
Morgenröte, soll die "kosmische Morgendämmerung" und insbesondere die kosmische
Reionisation simulieren. Die Rekonstruktion dieses Zeitraums ist eine große
Herausforderung, da es sich dabei um äußerst komplizierte, chaotische
Wechselwirkungen handelt, unter anderem zwischen Schwerkraft, Gas und Strahlung.
"Andere Simulationen konnten bisher nicht nachvollziehen, wie Galaxien das
sie umgebende Gas im jungen Universum beeinflussen", erklärt MPA-Wissenschaftler
Enrico Garaldi seine Motivation, seit drei Jahren an diesem Projekt
mitzuarbeiten. "Jetzt, nach all dieser Arbeit, freue ich mich, sagen zu können,
dass Thesan die erste Simulation ist, die quantitativ erklärt, wie die
ersten Galaxien das Gas in ihrer Umgebung verändern." Die Thesan-Simulation
berechnet diese Wechselwirkungen mit der höchsten Detailgenauigkeit und über das
größte Volumen aller bisherigen Simulationen. Dazu kombiniert sie ein
realistisches Modell der Galaxienbildung mit einem Algorithmus, der die
Wechselwirkung zwischen Licht und Gas verfolgt, sowie mit einem Modell für
kosmischen Staub.
Thesan hat einen Umfang von 300 Millionen Lichtjahren und simuliert
eine Milliarde Jahre in der Entwicklung des Universums. Bisher stimmen die
Simulationen mit den wenigen Beobachtungen überein, die Astronomen vom frühen
Universum haben. In dem Maße, in dem mehr Beobachtungen aus dieser Zeit gemacht
werden, zum Beispiel mit dem kürzlich gestarteten James-Webb-Weltraumteleskop,
kann Thesan dazu beitragen, diese Beobachtungen in den kosmischen
Kontext einzuordnen. "Thesan fungiert als Brücke zum frühen Universum", sagt
Aaron Smith, ein NASA-Einstein-Fellow am Kavli Institute for Astrophysics
and Space Research des MIT. "Es soll als Simulation ein ideales Gegenstück
für kommende Beobachtungseinrichtungen sein, die unser Verständnis des Kosmos
grundlegend verändern werden."
Um die kosmische Reionisation vollständig zu simulieren, versuchte das Team,
so viele wichtige Bestandteile des frühen Universums wie möglich einzubeziehen.
Sie starteten mit einem erfolgreichen Modell der Galaxienentstehung, das ihre
Gruppen zuvor entwickelt hatten, Illustris-TNG. Dann entwickelten sie einen
neuen Algorithmus, der berücksichtigt, wie das Licht von Galaxien und Sternen
mit dem umgebenden Gas interagiert und dieses reionisiert.
"Thesan verfolgt, wie das Licht dieser ersten Galaxien in den ersten
Milliarden Jahren mit dem Gas wechselwirkt und das Universum von neutral zu
ionisiert umwandelt", sagt Rahul Kannan vom Harvard-Smithsonian Center for
Astrophysics. "Auf diese Weise können wir dem Reionisierungsprozess
automatisch folgen." Schließlich erstellte das Team ein Modell für den
kosmischen Staub und erhielt so ein Bild mit einzigartiger Genauigkeit für das
frühe Universum. Dieses Modell soll beschreiben, wie winzige Materiekörnchen die
Entstehung von Galaxien im frühen, dünn besiedelten Universum beeinflussen.
Nachdem das Team somit alle Bestandteile für die Simulation beisammen hatte,
entwickelte es diese Bedingungen in der Zeit vorwärts und simulierte einen
Ausschnitt des Universums. Dazu nutzten die Wissenschaftler den SuperMUC-NG am
Leibniz-Rechenzentrum in Garching bei München – einen der größten Supercomputer
der Welt. 60.000 Rechenkerne führten hier gleichzeitig die Berechnungen von
Thesan durch, was 30 Millionen CPU-Stunden entspricht (auf einem einzelnen
Desktop-Rechner hätte dies 5.700 Jahre gedauert).
Die Simulationen ergeben das detaillierteste Bild der kosmischen
Reionisierung über das größte Volumen des Weltraums aller existierenden
Simulationen. Einige dieser Simulationen modellieren zwar große Entfernungen,
aber mit relativ geringer Auflösung, während andere, detailliertere Simulationen
keine großen Volumina abdecken. "Wir haben diese Simulation nicht nur
entwickelt, um selbst das frühe Universums besser zu verstehen, sondern für die
gesamte Forschungsgemeinschaft", betont Garaldi. "Deshalb werden wir bald die
Simulationsdaten veröffentlichen, damit alle sie nutzen können! Die Simulation
ist so reichhaltig und komplex, dass wir viele, viele Jahre brauchen würden, um
sie vollständig zu analysieren."
Über ihre Simulation berichtet das Team in bislang drei Fachartikeln, die in der
Zeitschrift Monthly Notices of the Royal Astronomical Society erschienen
sind bzw. erscheinen werden.
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Kannan, R. et al. (2022):
Introducing the thesan project: radiation-magnetohydrodynamic
simulations of the epoch of reionization, MNRAS, 511, 4005
(arXiv.org-Preprint)
Garaldi, R. et al. (2022): The THESAN project: properties of the
intergalactic medium and its connection to Reionization-era
galaxies, MNRAS, stac257
(arXiv.org-Preprint)
Smith, et al. (2022): The thesan project: Lyman-α emission and
transmission during the Epoch of Reionization, MNRAS, stac713
(arXiv.org-Preprint)
Thesan-Projekt, Website des Projekts mit weiteren Informationen,
Visualisierungen und Updates
Max-Planck-Institut für
Astrophysik |
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