Zwei neue Missionen zur Sonnenforschung
Redaktion
/ Pressemitteilung des Instituts für Weltraumforschung der ÖAW astronews.com
14. März 2022
Die NASA hat im Februar mit MUSE und HelioSwarm
zwei neue wissenschaftliche Missionen ausgewählt, die dazu beitragen sollen, die
Dynamik der Sonne und die Wechselwirkung zwischen Sonnenwind und Erde besser zu
verstehen. Dies ist unter anderem wichtig, um das für den Satellitenbetrieb
wichtige Weltraumwetter besser vorhersagen zu können.
Eine vom Solar Dynamics Observatory der NASA
beobachtete Eruption auf der Sonne am 1. Oktober
2015.
Bild: NASA / SDO [Großansicht] |
Die äußerste atmosphärische Schicht der Sonne, die Heliosphäre, reicht wie eine
Blase weit in unser Sonnensystem hinein. In ihr breitet sich der Sonnenwind aus,
ein konstanter Strom geladener Teilchen, der komplexe Phänomene in der
Erdumgebung erzeugt. Diese werden unter dem Begriff "Weltraumwetter"
zusammengefasst und beeinflussen nicht nur die Funktionstüchtigkeit von
Satelliten und Kommunikationssignalen im Weltraum , sondern gefährden auch
Astronauten.
"HelioSwarm wird die physikalischen Prozesse aufdecken, die für das
Aufheizen der geladenen Teilchen im interplanetaren Raum verantwortlich sind",
erklärt Owen Roberts vom Grazer Institut für Weltraumforschung (IWF) der
Österreichischen Akademie der Wissenschaften, der am Missionskonzept für
HelioSwarm mitgearbeitet hat und Teil des Wissenschaftsteams ist. "Wenn wir die
Temperatur des Sonnenwindes messen, zeigt dieser ein merkwürdiges Verhalten: Er
ist viel heißer, als wir es aufgrund bisher bekannter physikalischer Prozesse
für ein expandierendes Gas erwarten würden."
Der Sonnenwind besteht aus turbulenten magnetischen Wellen, Wirbeln und anderen
Strukturen, die das Plasma aufheizen. Es ist eine Herausforderung, diese
komplexen Phänomene mit nur einer einzigen Raumsonde zu untersuchen.
HelioSwarm ist darauf ausgelegt, Magnetfeldschwankungen und ihre
Auswirkungen auf die Plasmaerwärmung und -beschleunigung zu erforschen. Die
Mission besteht nicht nur aus einem Satelliten, sondern aus einer Konstellation
oder einem "Schwarm" von neun Raumsonden, die Mehrpunktmessungen im Weltraum
durchführen werden.
Geleitet wird die Mission von der University of New Hampshire. Im
Mittelpunkt steht die Untersuchung der Fluktuationen im Magnetfeld der Erde und
Bewegungen des Sonnenwindes, die als Sonnenwindturbulenz bekannt sind. Um diese
Turbulenz zu untersuchen, sind gleichzeitige Messungen aus verschiedenen Punkten
im Weltraum erforderlich. "Am IWF entwickeln wir eine Wellenanalysemethode, die
die Daten von allen neun Satelliten kombiniert. Mit dieser Methode lässt sich
feststellen, welche Arten von Wellen es gibt, in welche Richtungen sie sich
bewegen und vor allem, wie sie Teilchen aufheizen und beschleunigen", so
Roberts.
HelioSwarm besteht aus einem Hauptsatelliten, der als "Drehkreuz"
dient und den Funkkontakt zu weiteren acht Kleinsatelliten hält. Die Umlaufbahn
der neun Satelliten ist so konzipiert, dass diese ihre Ausrichtung und die
Abstände zueinander ändern können. "Diese technische Innovation bietet die
einzigartige Möglichkeit, die Turbulenz und ihre Entwicklung im Sonnenwind zu
untersuchen", sagt Roberts.
Die ebenfalls ausgewählte MUSE-Mission soll helfen, die Kräfte zu verstehen, die
die Erwärmung der Sonnenkorona und die Eruptionen in dieser äußersten Region
antreiben, die dem Weltraumwetter zugrunde liegen. Von MUSE versprechen sich die
Forscherinnen und Forscher einen tieferen Einblick in die Physik der
Sonnenatmosphäre, etwa durch Bilder mit der höchsten Auflösung, die jemals von
der Sonnenübergangsregion und der Korona aufgenommen wurden. Primäres Ziel der
MUSE-Mission ist es, die Ursachen für die Erwärmung der Korona und für
Instabilitäten wie Flares und koronale Massenauswürfe zu erforschen und
Einblicke in die grundlegenden Plasmaeigenschaften der Korona zu gewinnen.
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