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GALILEO
Alte Daten verraten Details über Jupiters Strahlungsgürtel
Redaktion / Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung
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14. Januar 2022

Fast 20 Jahre nach dem Ende der NASA-Mission Galileo zum Jupiter wurde in Daten aus der letzten Missionsphase, die man eigentlich für unbrauchbar gehalten hatte, neue Hinweise auf die Beschaffenheit der inneren Strahlungsgürtel des Gasriesen gefunden. Bei den hochenergetischen Ionen handelt es sich offenbar in erster Linie um Sauerstoff- und Schwefel-Ionen, die vom Mond Io stammen.

Galileo

Die NASA-Sonde Galileo erforschte von 1995 bis 2003 das Jupitersystem. Bild: NASA [Großansicht]

Planeten wie Erde, Jupiter und Saturn, die ein eigenes, globales Magnetfeld besitzen, sind von sogenannten Strahlungsgürteln umgeben: Eingefangen im Magnetfeld sausen dort schnelle, geladene Teilchen wie Elektronen, Protonen und schwerere Ionen umher und bilden so die unsichtbaren, torusförmigen Strahlungsgürtel. Mit ihren hohen Geschwindigkeiten nahe der Lichtgeschwindigkeit können die Teilchen andere Moleküle bei Zusammenstößen ionisieren und erzeugen somit eine lebensfeindliche Umgebung, die auch Raumsonden und ihren Instrumenten gefährlich werden kann.

Die in dieser Beziehung extremsten Strahlungsgürtel des Sonnensystems umhüllen den Gasriesen Jupiter. In einer neuen Studie legt ein internationales Team von Forscherinnen und Forschern die bisher aussagekräftigste Untersuchung der schweren Ionen in den inneren Strahlungsgürteln des Jupiters vor. Sie basiert auf Daten der NASA-Raumsonde Galileo, die von 1995 bis 2003 das Jupitersystem erforschte. Ihre letzten Umlaufbahnen führten die Sonde tief in die innersten Strahlungsgürtel des Riesenplaneten hinein – und unter anderem dicht am Mond Amalthea vorbei.

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Wie das gewaltige Magnetfeld des Jupiters reichen auch seine Strahlungsgürtel mehrere Millionen Kilometer weit ins All; allerdings ist die Region innerhalb der Umlaufbahn des Mondes Europa, also ein Bereich mit einem Radius von etwa 670.000 Kilometern um den Gasriesen, Schauplatz der höchsten Teilchendichten und -geschwindigkeiten. Vom Jupiter aus betrachtet ist Europa nach Io der zweite der vier großen, nach ihrem Entdecker als Galileische Monde bezeichneten Jupiter-Trabanten. Mit den Raumsonden Pioneer 11 Mitte der 1970er Jahre, Galileo von 1995 bis 2003 und derzeit Juno haben sich bisher drei Weltraummissionen in diesen innersten Bereich der Strahlungsgürtel vorgewagt und vor Ort Messungen durchgeführt.

"Leider lässt sich aus den Messdaten von Pioneer 11 und Juno nicht zweifelsfrei schließen, welche Art von Ionen die Raumsonden dort angetroffen haben", beschreibt Dr. Elias Roussos vom MPS den bisherigen Forschungsstand. "Auch ihre Energien und ihr Ursprung waren deshalb bisher unklar", fügt er hinzu. Erst die nun wiederentdeckten Messdaten aus den letzten Monaten der Galileo-Mission konnten Abhilfe schaffen.

1995 erreichte die NASA-Raumsonde Galileo das Jupitersystem. Ausgerüstet mit den Instrumenten Heavy Ion Counter (HIC), das vom California Institute of Technology zur Verfügung gestellt wurde, und Energetic Particle Detector (EPD), das vom Johns Hopkins Applied Physics Laboratory in Zusammenarbeit mit dem MPS entwickelt und gebaut wurde, lieferte die Mission in den folgenden acht Jahren grundlegende Erkenntnisse zur Verteilung und Dynamik der geladenen Teilchen in der Umgebung des Gasriesen. Um die Raumsonde zu schützen, durchflog sie jedoch zunächst nur die äußeren, weniger extremen Regionen der Strahlungsgürtel.

Erst 2003 kurz vor Ende der Mission, als ein größeres Risiko einzugehen vertretbar war, drang Galileo in den inneren Bereich vor und erreichte gar die Umlaufbahnen der inneren Monde Amalthea und Thebe. Vom Jupiter aus betrachtet sind Amalthea und Thebe der dritte und vierte Mond des riesigen Planeten. Die Umlaufbahnen von Io und Europa verlaufen weiter außen. "Eigentlich war damit zu rechnen, dass die Messdaten von HIC und EPD aus dem inneren Bereich des Strahlungsrings wegen der hohen Strahlenbelastung kaum brauchbar sein würden. Schließlich wurde keines der beiden Instrumente speziell für den Einsatz in einer derart rauen Umgebung entwickelt", beschreibt Roussos seine Erwartungen, als er vor drei Jahren begann, an der aktuellen Studie zu arbeiten. Dennoch wollte sich der Forscher selbst überzeugen.

Als Mitglied der NASA-Mission Cassini hatte er zwei Jahre zuvor die letzten, ähnlich gewagten Flugmanöver von Cassini am Saturn miterlebt und die einzigartigen Daten aus dieser letzten Missionsphase ausgewertet. "Der Gedanke an die längst abgeschlossene Mission Galileo lag da nahe", erinnert sich Roussos. Zu seiner eigenen Überraschung fanden sich zwischen vielen unbrauchbaren Messungen auch einige, die sich mit viel Mühe auswerten ließen.

Mithilfe dieses wissenschaftlichen Schatzes konnten die Autorinnen und Autoren der aktuellen Studie nun erstmals die Art der Ionen innerhalb der inneren Strahlungsgürtel bestimmen sowie ihre Geschwindigkeiten und räumliche Verteilung. Anders als in den Strahlungsgürteln von Erde und Saturn, in denen vor allem Protonen vorkommen, finden sich in der Region innerhalb der Umlaufbahn des Jupitermondes Io auch große Mengen der deutlich schwereren Sauerstoff- und Schwefel-Ionen, wobei von beiden die Sauerstoff-Ionen überwiegen.

"Die Energieverteilung der schweren Ionen außerhalb der Umlaufbahn von Amalthea deutet daraufhin, dass sie größtenteils von weiter außen eingetragen werden", so Roussos. Als Quellen kommen vor allem der Mond Io selbst in Frage, dessen mehr als 400 aktive Vulkane immer wieder große Mengen an Schwefel und Schwefeldioxid ins All schleudern, und in geringerem Maße der Mond Europa. Weiter innen, innerhalb der Umlaufbahn von Amalthea, ändert sich die Ionen-Zusammensetzung dramatisch zu Gunsten von Sauerstoff. "Die Konzentration und die Energie der Sauerstoff-Ionen ist dort deutlich höher als erwartet", so Roussos.

Dabei müsste die Ionen-Konzentration in diesem Bereich eigentlich abnehmen. Denn die Monde Amalthea und Thebe absorbieren von außen eindringende Ionen; ihre Umlaufbahnen bilden somit eine Art natürliche Ionen-Barriere. Dieses Phänomen ist aus den Strahlungsgürteln des Saturnsystems mit seinen vielen Monden bekannt. Einzige Erklärung für die erhöhte Konzentration an Sauerstoff-Ionen ist deshalb eine andere, lokale Quelle im innersten Bereich der Strahlungsgürtel. So könnten etwa Zusammenstöße von Schwefel-Ionen mit den feinen Staubteilchen der Jupiterringe Sauerstoff freisetzen.

Die im Vergleich zum Saturn deutlich unscheinbareren Ringe reichen in etwa bis zur Umlaufbahn von Thebe hinaus. Simulationen der Forscherinnen und Forscher zeigen, dass dieser Prozess den Sauerstoff-Ionen-Fund erklären könnte. Ebenfalls denkbar wäre, dass niederfrequente elektromagnetische Wellen in der Umgebung der innersten Strahlungsgürtel Sauerstoff-Ionen auf die beobachteten Energien aufheizen könnten. "Aktuell lässt sich nicht zugunsten einer von beiden möglichen Quellen unterscheiden", so Roussos. Beide möglichen Mechanismen weisen jedoch Parallelen zur Erzeugung hochenergetischer Teilchen in stellaren oder extrasolaren Umgebungen auf. Roussos hofft, dass diese Tatsache die künftige Erforschung durch eine speziell dafür vorgesehene Weltraummission rechtfertigt.

Die Ergebnisse der Studie sind kürzlich in der Fachzeitschrift Science Advances erschienen.

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siehe auch
Jupiter: Nachschub für die Ringe des Gasriesen - 7. Januar 2022
Links im WWW
Roussos, E. et al. (2022): A source of very energetic oxygen located in Jupiter’s inner radiation belts, Sci. Adv., 8, eabm4234
Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung
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