Der Ursprung des späten schweren Bombardements
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Münster astronews.com
2. November 2021
Der Mond war vor 3,9 Milliarden Jahren einem schweren
Bombardement mit Asteroiden ausgesetzt. Der Ursprung dieses Bombardements war
aber bisher ungeklärt. Durch Isotopenmessungen an Mondgesteinen konnte jetzt
gezeigt werden, dass das Bombardement des Monds auf kontinuierliche Einschläge
von Asteroiden zurückgeht, die aus der Hauptphase der Erdentstehung
übriggeblieben sind.
Apollo-Probe 60335 mit sichtbaren
Metalleinschlüssen: Diese Metallkörner stammen
von Asteroiden, die auf dem Mond eingeschlagen
sind.
Bild: AG Kleine / Universität Münster [Großansicht] |
Einschläge von Asteroiden haben zahlreiche Krater auf der Mondoberfläche
hinterlassen. Altersbestimmungen an Mondgesteinen deuten darauf hin, dass die
meisten dieser Einschläge vor etwa 3,9 Milliarden Jahren beziehungsweise etwa
500 Millionen Jahren nach Entstehung des Erdtrabanten stattgefunden haben. Diese
Beobachtungen haben zu der Theorie des "späten schweren Bombardements" des
Mondes (abgekürzt LHB für "Late Heavy Bombardment") geführt. Der Begriff spät
bezeichnet hier eine längere Zeitspanne nach Bildung des Mondes.
Aber was war der Ursprung dieses späten Bombardements und woher kamen die
Asteroiden, die auf dem Mond eingeschlagen sind? Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler diskutieren zwei Möglichkeiten. So könnten diese Körper das
übriggebliebene Material aus der Hauptphase der Erdentstehung darstellen, die
mit kontinuierlich abnehmender Häufigkeit auf dem Mond eingeschlagen sind.
Eine andere Hypothese besagt, dass es vor etwa 3,9 Milliarden Jahren durch
Instabilitäten in den Umlaufbahnen der Gas- und Eisriesen zu einem plötzlichen
starken Anstieg von Einschlägen von Asteroiden und Kometen aus dem äußeren
Sonnensystem gekommen ist. Planetologinnen und Planetologen der Westfälischen
Wilhelms-Universität (WWU) Münster prüften diese Hypothesen nun mit sehr genauen
Isotopenmessungen an Mondgesteinen. Ihr Fazit: Es gab keine plötzliche Erhöhung
der Einschlagsrate. Das Bombardement des Mondes geht demnach auf kontinuierliche
Einschläge von Asteroiden zurück, die aus der Hauptphase der Erdentstehung
übriggeblieben sind.
Die Forschenden vom Institut für Planetologie untersuchten Mondgesteine, die
während des Bombardements vor 3,9 Milliarden Jahren entstanden sind. Diese
Gesteine enthalten winzige Metallkügelchen, die von den eingeschlagenen
Asteroiden stammen. Durch die Untersuchung der Isotopen-Zusammensetzung dieser
Metallkügelchen können die Forscher daher bestimmen, woher aus dem Sonnensystem
diese Asteroiden stammen. Dabei zeigen vor allem die Elemente Ruthenium und
Molybdän systematische Veränderungen in ihrer Isotopenzusammensetzung, abhängig
vom Bildungsort im Sonnensystem.
"Unsere Untersuchungen zeigen, dass das Bombardement des Mondes durch die
gleichen Körper erfolgte, aus denen auch schon die Erde und der Mond entstanden
sind", erklärt Planetologin Dr. Emily Worsham. Die Einschlagskrater auf dem Mond
gehen daher auf ein kontinuierliches Bombardement mit übriggebliebenen
Asteroiden aus der Hauptphase der Erdentstehung zurück. Damit können die
Forschenden auch einen plötzlichen Anstieg der Einschlagsrate durch das
Bombardement mit Körpern aus dem äußeren Sonnensystem ausschließen.
Aber woher kommt dann die Häufung der Alter von 3,9 Milliarden Jahren? "Es
wurde schon früher vermutet, dass die bisher untersuchten Mondgesteine
überwiegend aus Material von einem einzigen Einschlagsbecken bestehen – dem Mare
Imbrium in der nördlichen Mitte der erdzugewandten Seite des Mondes", erklärt
Worsham. Aus theoretischen Berechnungen ist bekannt, dass sich die Umlaufbahnen
der Gas- und Eisriesen irgendwann in der Frühgeschichte des Sonnensystems
verändert haben und dabei eine Vielzahl an Körpern aus dem äußeren Sonnensystem
nach innen gestreut wurden, die unter anderem mit der Erde und dem Mond
kollidierten. "Dieses Ereignis muss früher als bisher angenommen stattgefunden
haben, da wir in den Mondgesteinen keine Hinweise auf Einschläge von Asteroiden
oder Kometen aus den äußeren Bereichen des Sonnensystems finden", erläutert
Prof. Dr. Thorsten Kleine.
Die Umlaufbahnen der Gas- und Eisriesen haben sich daher vermutlich während
der Hauptbildungsphase der erdähnlichen Planeten verändert – das heißt in den
ersten etwa 100 Millionen Jahren des Sonnensystems. Das stimmt wiederum gut mit
neueren dynamischen Modellen überein. "Unsere Studie zeigt somit auch, dass die
erdähnlichen Planeten schon relativ früh, während ihrer Entstehung, wasserreiche
Körper aus dem äußeren Sonnensystem eingebaut haben und so die Bedingungen für
die Entstehung von Leben geschaffen wurden", ergänzt Thorsten Kleine.
Über die Studie berichten Worsham und Kleine in Science Advances.
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