Hinweise auf Wasserdampf in Europas Atmosphäre
von
Stefan Deiters astronews.com
21. Oktober 2021
Nicht nur in der Atmosphäre des Jupitermonds Ganymed findet
sich Wasserdampf, sondern auch in der des Trabanten Europa. Dies ergab nun die
Auswertung von Archivmaterial des Weltraumteleskops Hubble. Dabei fand
sich der Wasserdampf lediglich in einer Hemisphäre des Mondes, unter
dessen eisiger Oberfläche man einen Ozean vermutet.
Jupiter und sein Mond Europa am 25. August 2020 in einer
Aufnahme des Weltraumteleskops Hubble.
Bild: NASA, ESA, A. Simon (Goddard Space
Flight Center), und M. H. Wong (University of California,
Berkeley) und das OPAL-Team
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Der Jupitermond Europa zählt zu den vier Galileischen Monden und ist mit
einem Durchmesser von 3121 Kilometern der kleinste der vier großen Jupitermonde
und der sechstgrößte Mond im Sonnensystem. Auf seiner Oberfläche herrscht eine
durchschnittliche Temperatur von minus 170 Grad Celsius. Er verfügt nur über
eine sehr dünne Atmosphäre. Unter seiner eisigen Oberfläche sollte sich aber, so
die Vermutung der Wissenschaft, ein Ozean aus flüssigem Wasser verbergen.
Hier könnten auch Bedingungen herrschen, die Leben möglich machen.
Nachdem ein Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern im Sommer
bereits Wasserdampf in der Atmosphäre des größeren Jupitermonds Ganymed nachweisen
konnte, wurden nun Hinweise dafür gefunden, dass es auch in der Atmosphäre von
Europa Wasser gibt - und zwar in der, bezogen auf die Umlaufrichtung,
rückwärtigen Hemisphäre des Mondes. Wie der Erdmond umläuft auch Europa seinen
Planeten in einer gebundenen Rotation, so dass immer dieselbe Seite dem Jupiter
zugewandt ist. Die asymmetrische Verteilung von Wasserdampf war von
theoretischen Modellen vorhergesagt worden, konnte aber bislang noch nicht durch
Beobachtungen nachgewiesen werden.
"Die Beobachtung von Wasserdampf auf Ganymed und auf der rückwärtigen
Seite von Europa ist wichtig für unser Verständnis der Atmosphären von
Eismonden", so Lorenz Roth vom KTH Royal Institute of Technology im schwedischen
Stockholm, der die Studie durchgeführt hat. "Der Nachweis einer stabilen H2O-Häufigkeit
auf Europa ist überraschend, weil die Oberflächentemperaturen so niedrig
sind."
Roth hat für seine Untersuchung Ultraviolett-Beobachtungen des Space Telescope
Imaging Spectrograph (STIS) an Bord des Weltraumteleskops Hubble aus den
Jahren 1999, 2012, 2014 und 2015 ausgewertet, die den Mond an verschiedenen
Punkten seiner Umlaufbahn zeigen. So gelang es Roth, die Menge an Sauerstoff in
der Atmosphäre zu bestimmen und durch die Interpretation der Emissionen bei
verschiedenen Wellenlängen auf das Vorhandensein von Wasser zu schließen.
Beobachtungen von Wasserdampf in der Atmosphäre von Europa waren bislang
immer mit geysirähnlichen Eruptionen durch Spalten in der eisigen Oberfläche in
Verbindung gebracht worden und auf eine kleinere Region begrenzt. Die neuen Ergebnisse
sprechen aber dafür, dass es in der Zeit von 1999 bis 2015 in einem großen
Bereich der Atmosphäre einen ähnlich hohen Wasserdampf-Anteil gegeben hat. Dies
deutet darauf hin, dass es in der in Bezug auf die Umlaufrichtung rückwärtigen
Hemisphäre nicht nur temporär Wasserdampf gibt. In der anderen Hemisphäre des
Mondes wurden hingegen keine Hinweise auf das Vorhandensein von Wasser gefunden.
Die neuen Ergebnisse sind auch für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
interessant, die an zwei Missionen in den kommenden Jahren beteiligt sind, die die Monde des Jupiter
näher untersuchen werden: So soll schon im kommenden Jahr der Jupiter Icy Moons
Explorer (JUICE) der europäischen Weltraumagentur ESA starten. Die amerikanische
Raumfahrtbehörde NASA plant parallel die Mission Europa Clipper, deren Start für
Herbst 2024 vorgesehen ist.
Über die Ergebnisse berichtet Roth in einem Fachartikel, der in den
Geophysical Research Letters erschienen ist.
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