Per Zoom in das Universum
von Stefan Deiters astronews.com
14. September 2021
Die Herbsttagung der Astronomischen Gesellschaft hätte in
diesem Jahr eigentlich in Bremen stattfinden sollen, aufgrund der
Corona-Pandemie gibt es das internationale Treffen aber nur virtuell -
einschließlich Preisverleihung und zugehöriger Vorträge. Während diese nur
registrierten Teilnehmern offenstehen, kann beim öffentlichen Abendvortrag am
Mittwochabend jeder zuschauen.

Motto der
diesjährigen AG-Tagung ist "Zooming into the
Universe". Sie findet virtuell per Zoom statt.
Bild: Astronomische Gesellschaft |
In diesem Jahr ist alles anders: Beginnen die Jahrestagungen der
Astronomischen Gesellschaft bislang traditionell mit der Verleihung der
Karl-Schwarzschild-Medaille, der höchsten
Auszeichnung, die die Astronomie im deutschsprachigen Raum zu vergeben hat,
begann die virtuelle Tagung 2021 mit mehreren kleineren
Spezialtreffen, zu denen sich Interessierte per Zoom zusammenschalteten. Zudem
werden bei der Tagung im Verlauf der Woche auch die Preisvorträge der
Preisträger aus dem vergangenen Jahr zu sehen sein. 2020 fand die Tagung auch
online statt, allerdings nur in sehr begrenztem Rahmen.
Die Karl-Schwarzschild-Medaille des Jahres 2021 wurde am
Dienstagnachmittag vergeben: Sie ging an Professor Dame Jocelyn Bell Burnell,
derzeit Gastprofessorin für Astrophysik an der Universität Oxford, "für ihre
herausragenden Beiträge auf dem Gebiet der Astrophysik". Die Astronomische
Gesellschaft ehrt Bell Burnell als "herausragende Wissenschaftlerin, deren
Wirken nicht nur das Gebiet der Pulsarastronomie - mit vielfältigen Anwendungen
in einem breiten Bereich der Fundamentalphysik und Astrophysik - geschaffen
haben, sondern auch Auswirkungen auf die Astrophysik insgesamt hatten." Zudem
würde sie dank ihrer Beharrlichkeit und Einsicht, ihrer Neugier und
Entschlossenheit, ihrer Entdeckungen, ihrer Forschung und ihrem lebenslangen
Engagement für die Durchführung und Förderung der astronomischen Forschung als
eine der am meisten inspirierenden Wissenschaftlerinnen für Generationen gelten,
so die Würdigung weiter.
Weitere Preisträger, deren Preise virtuell während der noch bis Freitag
dauernden Tagung übergeben werden, sind Professor Martin Roth vom
Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP), der mit dem Preis für
Instrumentenentwicklung geehrt wird. Dabei wird insbesondere seine bedeutenden
Arbeiten zur Entwicklung der 3D-Spektroskopie gewürdigt. Mit dem
Ludwig-Biermann-Preis ehrt die Astronomische Gesellschaft Dr. Fabian Schneider,
Nachwuchsgruppenleiter am Heidelberger Institut für Theoretische Studien (HITS),
für seine Arbeiten zur Untersuchung der Entwicklung massereicher Sterne,
Doppelsterne und Supernovae. Der Promotionspreis des Jahres 2021 schließlich
geht an Dr. Anke Arentsen. Ihre Doktorarbeit widmete sich der Galaktischen
Archäologie und den ältesten Sternen in unserer Heimatgalaxie.
Außerdem wurde schon Dienstagmittag der Bruno-H.-Bürgel-Preis für
herausragende Verdienste um die Popularisierung der Astronomie im deutschen
Sprachraum in den Medien an Dr. Uwe Reichert verliehen, der über 13 Jahre als
Chefredakteur die Zeitschrift "Sterne und Weltraum" geleitet hat. Lukas
Weghs vom Städtischen Gymnasium Kempen soll auf der Tagung einen Sonderpreis der
Astronomischen Gesellschaft für die beste Arbeit auf dem Gebiet der Astronomie
im Bundeswettbewerb "Jugend forscht" erhalten. Lukas entwickelte ein
selbstlernendes Programm für einen Hochleistungsrechner, das die Suche nach
Monden um Exoplaneten unterstützt.
Während die Vorträge der Preisträger und die in den Spezialtreffen nur von
registrierten Teilnehmerinnen und Teilnehmern verfolgt werden können, ist ein
Vortrag offen für alle: Traditionell lädt die Astronomische Gesellschaft nämlich
anlässlich ihrer Tagungen auch immer zu einem öffentlichen Abendvortrag ein, der
in diesem Jahr virtuell stattfinden wird. Als Referent konnte Nobelpreisträger
Prof. Dr. Reinhard Genzel gewonnen werden, der über bahnbrechende detailgenaue
Beobachtungen des Zentrums der Milchstraße berichtet. Er findet morgen Abend,
15. September 2021, von 19 bis 20.30 Uhr per Zoom statt, eine Anmeldung dafür
ist nicht erforderlich.
Die Astronomische Gesellschaft wurde 1863 in Heidelberg gegründet und war bis
nach dem Ersten Weltkrieg die einzige größere internationale astronomische
Vereinigung. Diese Rolle übernahm später die Internationale Astronomische
Union (IAU). Heute ist die AG ein Zusammenschluss von Astronomen aus den
deutschsprachigen Ländern und setzt sich verstärkt für die Förderung jüngerer
Wissenschaftler, für die Vernetzung von Astronomen, die Ausbildung von Lehrern und die Öffentlichkeitsarbeit
ein.
Die nächste AG-Tagung soll vom 12. bis 16. September 2022 in Bremen stattfinden.
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