System aus Gesteinsplaneten um nahen Stern
von
Stefan Deiters astronews.com
5. August 2021
Beobachtungen mit dem Very Large Telescope der europäischen
Südsternwarte ESO lieferten jetzt neue Erkenntnisse über die Planeten um den nur
35 Lichtjahre entfernten Stern L 98-59. Bei einem der Planeten handelt es sich
offenbar um einen Gesteinsplaneten mit der nur halben Masse der Venus. Eine
andere Welt könnte sich in der habitablen Zone um den Stern befinden.
So könnte L 98-59b aussehen, einer der Planeten des 35
Lichtjahre entfernten Systems L 98-59.
Bild: ESO / M. Kornmesser
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"Der Planet in der habitablen Zone könnte eine Atmosphäre haben, die Leben
schützen und ermöglichen könnte", spekuliert María Rosa Zapatero Osorio vom
Zentrum für Astrobiologie in Madrid. Als habitable Zone bezeichnet die
Astronomie die Region um einen Stern, in der es die Temperaturen erlauben
würden, dass es auf der Oberfläche eines Planeten Wasser in flüssiger Form gibt.
Ob der Planet dann aber tatsächlich lebensfreundlich ist, lässt sich daraus noch
nicht ableiten.
Trotzdem sind die jetzt vorgestellten Ergebnisse für die Suche nach erdgroßen
und möglicherweise lebensfreundlichen Planeten nicht unwichtig: Um nämlich
sogenannte Biosignaturen auf einem fernen Planeten nachweisen zu können, muss es
möglich sein, die Atmosphäre dieser Welten zu untersuchen. Mit den heutigen
Teleskopen gelingt dies bei sehr kleinen Gesteinsplaneten in der Regel nicht.
Die Entdeckung gleich mehrerer solcher Planeten, von denen eventuell einer
sogar in
der habitablen Zone liegt, ist da ein wichtiger Schritt, da das nur 35
Lichtjahre entfernte System ein ideales Ziel für künftige Beobachtungen sein
könnte.
Bereits im Jahr 2019 waren mit dem Transiting Exoplanet Survey Satellite
(TESS) der NASA drei Planeten um den Zwergstern L 98-59 aufgespürt worden.
Dieser sucht mithilfe der Transitmethode nach Planeten, fahndet also nach
winzigen regelmäßigen Helligkeitsschwankungen eines Sterns, die durch Planeten
verursacht werden, die - aus der Sicht des Teleskops - direkt vor der Scheibe
des Sterns vorüberziehen. Mit den Spektrographen ESPRESSO am Very Large
Telescope und HARPS am 3,6-Meter-Teleskop der ESO wurde das System dann genauer
unter die Lupe genommen, um zusätzliche Informationen zu den Planeten des
Systems zu sammeln. So konnten das Team die Massen und Radien der Planeten
bestimmen - eine wesentliche Voraussetzung dafür, um eine Aussage darüber machen
zu können, ob man einen Gesteinsplaneten vor sich hat oder nicht.
Tatsächlich könnte es auf allen drei Planeten Wasser geben, entweder im
Inneren der Planeten oder aber in ihrer Atmosphäre. Die beiden Welten, die in
geringstem Abstand um L 98-59 kreisen, dürften nach Ansicht der Forscherinnen und
Forscher vermutlich trocken sein, doch sei das Vorhandensein kleinerer Vorkommen
an Wasser auch hier nicht auszuschließen. 30 Prozent der Masse des dritten Planeten
hingegen könnte Wasser ausmachen, was ihn zu einem Ozeanplaneten machen würde.
Gezeigt werden konnte auch, dass der dem Stern nächstgelegene Planet offenbar
nur die Hälfte der Masse der Venus hat, was ein Rekord für einen Nachweis mit
der Radialgeschwindigkeitsmethode darstellt. Bei dieser Methode wertet man das
Spektrum eines Sterns aus und sucht darin nach einem leichten Wackeln, das durch
umlaufende Planeten verursacht wird. "Ohne die Präzision und Stabilität
von ESPRESSO wäre diese Messung nicht möglich gewesen", betont Zapatero Osorio.
"Dies ist ein Schritt nach vorn bei der Bestimmung der Massen von kleinen
Planeten außerhalb des Sonnensystems."
Doch dem Team gelang noch mehr: Sie entdeckten mit der
Radialgeschwindigkeitsmethode Hinweise auf zwei weitere
Planeten in dem System, von denen der eine die richtige Entfernung zu L 98-59
hat, um Wasser auf seiner Oberfläche möglich zu machen. Es würde sich damit um
einen Gesteinsplaneten in der habitablen Zone um den Stern handeln. Allerdings
gilt die Existenz dieses Planeten noch als unsicher.
Das Team hofft nun auf weitere Beobachtungen des Planetensystems im L 98-59,
insbesondere mit dem James Webb Space Telescope oder dem Extremely
Large Telescope. Letzteres könnte sogar leistungsfähig genug sein, um die
Atmosphären einiger Planeten des Systems detailliert zu untersuchen.
Über ihre Studie berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Astronomy & Astrophysics erscheint.
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