Isotope in der Atmosphäre eines Exoplaneten
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astronomie astronews.com
16. Juli 2021
Einem internationalen Forschungsteam ist es erstmals gelungen,
Isotope in der Atmosphäre eines Exoplaneten nachzuweisen. Es handelte sich dabei
um Isotope des Kohlenstoffs in der Atmosphäre von TYC 8998-760-1 b, einem
Gasriesen in 300 Lichtjahre Entfernung. Die Analyse könnte auch Rückschlüsse
darüber erlauben, wo sich der Planet gebildet hat.
Bild der zwei bekannten Planeten um den
Stern TYC 8998-760-1, aufgenommen mit dem
Instrument SPHERE des VLT. TYC 8998-760-1b ist
der linke der beiden mit Pfeilen markierten
Exoplaneten.
Bild: ESO/Bohn et al.
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Isotope sind verschiedene Formen des gleichen Atoms, aber mit einer
unterschiedlichen Anzahl von Neutronen im Kern. Zum Beispiel hat Kohlenstoff mit
sechs Protonen typischerweise sechs Neutronen (Kohlenstoff-12), aber
gelegentlich auch sieben (Kohlenstoff-13) oder acht (Kohlenstoff-14). Diese
Eigenschaft ändert nur wenig an den chemischen Eigenschaften des Kohlenstoffs.
Dennoch bilden sich Isotope auf unterschiedliche Weise und reagieren oft etwas
anders auf die vorherrschenden Bedingungen.
Isotope erlauben daher den Einsatz in einer Vielzahl von Forschungsgebieten:
von der Erkennung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs über die
Untersuchung des Klimawandels bis hin zur Altersbestimmung von Fossilien und
Gesteinen. Astronomen aus mehreren Ländern, darunter Paul Mollière vom
Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) in Heidelberg, entdeckten nun ein
ungewöhnliches Verhältnis zwischen diesen Isotopen in der Atmosphäre des jungen
Riesenplaneten TYC 8998-760-1 b. Der Kohlenstoff liegt vor allem in Form von CO
(Kohlenmonoxid)-Gas vor.
Der Planet selbst weist eine Masse von etwa 14 Jupitermassen auf und ist fast
doppelt so groß wie Jupiter. Daher bezeichnen Astronomen ihn als Super-Jupiter.
Die Gruppe von Wissenschaftlern unter der Leitung von Yapeng Zhang, einer
Doktorandin am Observatorium Leiden in den Niederlanden, konnte Kohlenstoff-13
von Kohlenstoff-12 erfolgreich unterscheiden, weil es Strahlung in leicht
unterschiedlichen Farben absorbiert. "Diese Messung in einer
Exoplanetenatmosphäre ist wirklich etwas ganz Besonderes, und das in einer so
großen Entfernung", freut sich Zhang.
Die Forschenden hatten erwartet, dass etwa eines von 70 Kohlenstoff-Atomen
Kohlenstoff-13 ist, aber bei diesem Planeten scheint es doppelt so viel zu sein.
Die Idee ist, dass der höhere Anteil von Kohlenstoff-13 mit der Entstehung des
Exoplaneten zusammenhängt. "Der Planet ist mehr als einhundertfünfzig Mal weiter
von seinem Mutterstern entfernt als unsere Erde von unserer Sonne", erklärt
Mollière. "Bei einer so großen Entfernung haben sich möglicherweise Eise mit
mehr Kohlenstoff-13 gebildet, was den höheren Anteil dieses Isotops in der
heutigen Atmosphäre des Planeten verursacht."
Vermutlich hängt die Anreicherung von Kohlenstoff-13 mit dem Ausfrieren von
CO in den planetenbildenden protoplanetaren Scheiben zusammen. In diesem Fall
könnte dies bedeuten, dass die Planeten im Sonnensystem nicht viel
kohlenstoff-13-reiches Eis angesammelt haben. Ein Grund dafür könnte sein, dass
im Sonnensystem die Entfernung, jenseits derer CO aus der Gasphase
herauszufrieren beginnt, bekannt als die CO-Schneelinie, außerhalb der
Umlaufbahn des Neptun liegt. Daher ist es wahrscheinlich, dass CO-Eis nur selten
in die Planeten des Sonnensystems eingebaut wurde, was zu einem höheren
Isotopenverhältnis führt.
Der Exoplanet selbst, TYC 8998-760-1 b, wurde erst vor zwei Jahren von dem
Leidener Doktoranden Alexander Bohn entdeckt."Es ist großartig, dass diese
Entdeckung in der Nähe 'meines' Planeten gemacht wurde. Es wird wahrscheinlich
die erste von vielen sein." Ignas Snellen, Professor in Leiden und seit vielen
Jahren die treibende Kraft hinter diesem Thema, ist besonders stolz: "Die
Erwartung ist, dass die Isotope in Zukunft weiter helfen werden, genau zu
verstehen, wie, wo und wann Planeten entstehen. Dieses Ergebnis ist erst der
Anfang."
Über ihre Ergebnisse berichtet das Team jetzt in der Wissenschaftszeitschrift
Nature.
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