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SOLAR ORBITER
Das geheimnisvolle Magnetfeld der Venus
Redaktion / idw / Pressemitteilung der Universität Kiel
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7. Juni 2021

Die Sonde Solar Orbiter soll Erkenntnisse über die Sonne liefern und unseren Zentralstern aus geringer Entfernung untersuchen. Auf dem Weg dorthin lieferte Solar Orbiter jetzt aber spannende Daten über das Magnetfeld unseres Nachbarplaneten Venus. Bei einem weiteren Vorüberflug im August hofft das Team auf zusätzliche Messungen.

Venus

Ein Bild der Venus, aufgenommen von der Mariner-10-Sonde im Februar 1974. Die Atmosphäre sorgt - zusammen mit dem Sonnenwind - für die Entstehung einer induzierten Magnetosphäre. Foto: NASA / JPL-Caltech  [Großansicht]

Solar Orbiter ist eine gemeinsame Mission der europäischen Weltraumagentur ESA und der amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA, die eigentlich neue Erkenntnisse über die Sonne liefern soll. Aktuell liefert die Mission allerdings neue Erkenntnisse über unseren Nachbarplaneten Venus. Im Unterschied zur Erde besitzt die Venus kein eigenes Magnetfeld, welches sie vor der überschallschnellen Strömung des Sonnenwindes schützt. Diese Strömung erzeugt aber ein schwaches, induziertes Magnetfeld um die Venus herum.

Eine Analyse der Daten, die Solar Orbiter bei einem ersten Vorbeiflug-Manöver an der Venus im letzten Dezember gesammelt hat, zeigt, dass dieses einzigartige Magnetfeld immer noch stark genug ist, um Partikel auf mehrere Millionen Kilometer pro Stunde zu beschleunigen. Nach Auffassung des internationalen Forschungsteams sind die Ergebnisse eine wertvolle Hilfe bei der Untersuchung von Planeten in anderen Sonnensystemen und unterstreichen, wie wichtig das Studium von unterschiedlichen planetaren Magnetfeldern im Universum ist.

Die Erde erzeugt ihr eigenes intrinsisches Magnetfeld mithilfe ihres geschmolzenen Kerns. Bei der Venus verhält es sich anders: Sie erhält ihr Magnetfeld aus der Wechselwirkung des Sonnenwinds mit der Ionosphäre des Planeten, also des Teils der Atmosphäre, der elektrisch geladene Atome bzw. Ionen enthält. Diese Ionen erzeugen elektrische Ströme. Wenn der Sonnenwind über die Venus streicht, tritt er in Wechselwirkung mit diesen Strömen und erzeugt so eine vollständige Magnetosphäre um den Planeten.

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"Es ist eine sehr ungewöhnliche induzierte Magnetosphäre", sagt Robert Allen, Astrophysiker am US-amerikanischen Johns Hopkins Applied Physics Laboratory in Laurel, im US-Bundesstaat Maryland, der federführende Autor der Studie. Die Wissenschaftler kannten diese ungewöhnliche Magnetosphäre zwar schon aus den Venus-Missionen aus den 1960er bis 1980er Jahren, aber es gibt noch viele offene Fragen.

Der Sonnenwind zieht zum Beispiel die Magnetosphäre hinter dem Planeten in die Länge; man nennt das einen Magnetschweif. Aber wie weit kann sich eine induzierte Magnetosphäre ausdehnen, bevor sie zerfällt? "Dieses System ist ziemlich instabil", erklärt Allen, "es weht im Sonnenwind wie eine sehr langgestreckte Flagge." Magnetische Felder beschleunigen geladene Partikel wie Elektronen und Protonen.

Aber kann eine induzierte Magnetosphäre Partikel in der gleichen Weise und auf die gleichen Geschwindigkeiten beschleunigen wie eine intrinsische Magnetosphäre? Diese Frage soll Solar Orbiter beantworten helfen. "Solar Orbiter wird im Laufe der Mission die ekliptische Ebene der Planeten verlassen, um auf die Polregionen der Sonne blicken zu können", sagt Yannis Zouganelis, stellvertretender Projektleiter an der ESA. "Aber dazu brauchen wir die Hilfe von ausgeklügelten Flybys bei der Venus."

Während andere Raumsonden wie BepiColombo, Parker Solar Probe und MESSENGER knapp an der Venus vorbeifliegen, um entweder zu beschleunigen oder abzubremsen, hat Solar Orbiter den Planeten von hinten über den Nordpol angeflogen. So wurde die Sonde aus der Ekliptikebene herausgeschleudert und die Pole der Sonne kamen in Sichtweite. "Für uns ist diese Flugbahn ein Glück. Sonst möchte man sie eigentlich nicht haben", sagt Allen. "Die Art, wie wir diesen Vorbeiflug genutzt haben, hat uns in diese bisher praktisch unerforschte Region geführt."

Mit Solar Orbiter konnten die Forschenden Erkenntnisse darüber gewinnen, dass sich das Magnetfeld der Venus mindestens bis 300.000 Kilometer hinter den Planeten erstreckt. Das ist in etwa die Entfernung zwischen Erde und Mond. Im Vergleich zum Magnetschweif der Erde, der über weit mehr als die zehnfache Distanz reicht, ist das relativ kurz. Außerdem fanden die Wissenschaftler heraus, dass das Magnetfeld trotz seiner geringen Größe Partikel auch so weit vom Planeten entfernt noch auf über acht Millionen Kilometer pro Stunde beschleunigt.

Das Team hat mehrere Mechanismen entdeckt, die die Partikel beschleunigen. Alle diese Mechanismen gibt es auch in Magnetosphären wie der der Erde: Beispielsweise übertragen Turbulenzen im Magnetfeld genug Energie, um die Partikel mit beinahe elf Millionen Kilometer pro Stunde herausfliegen zu lassen. "Die Tatsache, dass es in diesem relativ kleinen System der Venus doch so viele Mechanismen gibt, die Partikel auf so hohe Geschwindigkeiten beschleunigen können, ist für mich sehr überraschend und wirklich interessant", sagt Professor Robert Wimmer-Schweingruber von der Kieler Universität und Projektleiter für Solar Orbiter an der CAU, "insbesondere, dass diese auch räumlich und zeitlich voneinander abgegrenzt sind."

"Darüber hinaus ist diese Untersuchung interessant, weil sie uns einen neuen Messpunkt in der doch sehr beschränkten Zahl von Magnetosphären in unserem Sonnensystem gibt, der zeigt, dass diese auch bei induzierten Magnetfeldern entstehen", erklärt Wimmer-Schweingruber. "Dies erlaubt uns, die gesamte Bandbreite von Magnetosphären im Universum zu verstehen, auch solche bei Exoplaneten. Diese Planeten, die um ferne Sterne kreisen, werden in den kommenden Jahren mit dem James Webb Space Telescope erstmals untersucht werden können. Da sind Referenzmessungen in unserem Sonnensystem sehr wichtig."

Solar Orbiter wird die Venus im August erneut passieren, gerade einmal einen Tag, bevor BepiColombo einen Bogen um den Planeten fliegt. Beide Sonden werden auf ihrem Weg Daten zur Venus sammeln, so dass die Wissenschaftler einen seltenen Blick aus zwei Perspektiven erhalten, wie sich diese Phänomene im Lauf der Zeit ändern und wie sie sich vor und hinter dem Planeten unterscheiden.

"Wir sind gespannt, was uns diese einzigartige Konstellation von zwei Raumsonden über die Magnetosphäre der Venus zeigen wird," blickt Wimmer-Schweingruber in die Zukunft. Die für diese Untersuchungen verwendeten Instrumente wurden an der CAU Kiel entwickelt und gebaut. "Es ist großartig zu sehen, dass die Daten unserer Instrumente von Wissenschaftlern an renommierten Forschungsinstituten verwendet werden", meint Wimmer-Schweingruber, "dafür haben wir sie ja gebaut!"

Über die Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der Zeitschrift Astronomy & Astrophysics erschienen ist.

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siehe auch
Solar Orbiter: Sonden beobachten koronalen Massenauswurf - 17. Mai 2021
Venus Express: Der lange Plasmaschweif der Venus - 29. Januar 2013
Links im WWW
Universität Kiel
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