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ALMA
Das Verblassen einer entfernten Galaxie
von Stefan Deiters
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12. Januar 2021

Am Ende der Entwicklung einer Galaxie entstehen in dem System kaum mehr neue Sterne. Nun ist es Astronominnen und Astronomen gelungen, ein solches Sterben zu beobachten: Mit dem Radioteleskopverbund ALMA entdeckten sie eine Galaxie, die gerade fast die Hälfte des Gases verliert, aus dem noch Sterne hätten werden können. Schuld dürfte die Kollision mit einem anderen System sein.

ID2299

Künstlerische Darstellung der Galaxie ID2299. Bild: ESO/M. Kornmesser [Großansicht]

"Das ist das erste Mal, dass wir eine typische massereiche Galaxie im fernen Universum beobachtet haben, in der Sterne entstehen und die im Begriff ist, aufgrund eines gewaltigen kalten Gasauswurfs zu erlöschen", erläutert  Annagrazia Puglisi von der britischen Durham University und dem Kernforschungszentrum Saclay in Frankreich, die die neue Studie leitete. Die beobachtete Galaxie mit der Bezeichnung ID2299 ist so weit entfernt, dass ihr Licht etwa neun Milliarden Jahre braucht, um uns zu erreichen. Damit sehen wir sie zu einer Zeit, zu der das Universum gerade 4,5 Milliarden Jahre alt war.

Der beobachtete Gasauswurf ereignete sich mit einer bemerkenswerten Rate: die 10.000-fache Masse der Sonne in jedem Jahr. Dadurch dürften etwa 46 Prozent des gesamten in der Galaxie verfügbaren kalten Gases verloren gehen. Dies ist das Material, aus dem neuen Sterne entstehen. Da sich in der Galaxie gleichzeitig auch mit einer hohen Rate neue Sterne bilden, wird das verbliebene Rohmaterial für neue Sonnen innerhalb von wenigen zehn Millionen Jahren verbraucht sein.

Schuld für den gewaltigen Gasverlust ist nach Ansicht des Teams die Kollision zweier Galaxien, aus deren Verschmelzung sich ID2299 bildete. Darauf deutet zumindest der auffällige Gezeitenschweif des Systems hin, der mit dem ausgeworfenen Gas in Verbindung steht. Solche Gezeitenschweife sind Ströme aus Sternen und Gas, die man oft bei Verschmelzungen von Galaxien beobachtet. Normalerweise sind diese allerdings so lichtschwach, dass man sie bei entfernten Systemen nicht erkennen kann.

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Interessant an der Beobachtung ist, dass sie offenbar einen bislang unbekannten Weg aufzeigt, wie Galaxien beträchtliche Teile ihres Gases verlieren können, das sie zur Bildung neuer Sterne benötigen. Bislang hatte man dafür stellare Winde und die Aktivität des zentralen Schwarzen Lochs verantwortlich gemacht.

"Unsere Studie deutet darauf hin, dass Gasauswürfe durch Verschmelzungen erzeugt werden können und dass Winde und Gezeitenschweife sehr ähnlich aussehen können", erklärt Teammitglied Emanuele Daddi vom CEA-Saclay. Es wäre somit möglich, dass es sich bei einigen Winden, die man bei fernen Galaxien entdeckt hatte, in Wirklichkeit um  Gezeitenschweife gehandelt hat. "Das könnte dazu führen, dass wir unser Verständnis davon, wie Galaxien 'sterben', revidieren müssen", so Daddi.

Das Team entdeckte ID2299 eher zufällig, als sie Daten einer Durchmusterung zur Untersuchung des kalten Gases in über 100 entfernten Galaxien auswerteten, die mit dem Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) durchgeführt worden war. Dabei war ID2299 nur wenige Minuten beobachtet worden, doch reichte diese Zeit aus, um die Galaxie samt Schweif nachzuweisen.

Über ihre Entdeckung berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der Zeitschrift Nature Astromomy erschienen ist. 

Forum
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siehe auch
ALMA: Große Scheibengalaxien wuchsen schnell - 22. Mai 2020
VLT: Wachsende Galaxie im Licht eines Quasars - 8. Juli 2013
Links im WWW
Puglisi et al.: A titanic interstellar medium ejection from a massive starburst galaxy at redshift 1.4, Nature Astronomy (2021), https://doi.org/10.1038/s41550-020-01268-x, arXiv.org Preprint
ESO
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