Trauer um Rudolf Kippenhahn
von
Stefan Deiters astronews.com
18. November 2020
Er war einer der führenden Köpfe in der theoretischen
Astrophysik und in der bundesdeutschen Forschungspolitik: der Physiker Rudolf
Kippenhahn. Am vergangenen Sonntag ist der Wissenschaftler im Alter von 94
Jahren in Göttingen gestorben. Bekannt wurde er durch seine Arbeiten zur
Entwicklung von Sternen und als Autor populärwissenschaftlicher Bücher.
Rudolf Kippenhahn.
Foto: Max-Planck-Institut für Astrophysik [Großansicht] |
"Wir verlieren mit Rudolf Kippenhahn einen Menschen, der nicht nur mit
seinen wissenschaftlichen Leistungen das Gebiet der theoretischen Astrophysik
über viele Jahre prägte, sondern auch unserem Institut zu einem ganz
speziellen Stil der Forschung und des wissenschaftlichen Austausches verhalf",
so heißt es in einer Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astrophysik
in Garching. Der ehemalige Direktor des Instituts war am Sonntag in Göttingen
im Alter von 94 Jahren gestorben.
Rudolf Kippenhahn wurde am 26. Mai 1926 in Bärringen im heutigen Tschechien
geboren. Nach dem Abitur 1945 studierte er in Erlangen Physik und Mathematik und
promovierte 1951 dort über ein mathematisches Thema. Bereits während seines
Studiums interessierte er sich für Astronomie, die allerdings in Erlangen nicht
angeboten wurde, so dass er sich hier in seiner Freizeit weiterbildete.
Von 1951 bis 1957 war er Assistent an der Bamberger Sternwarte und
habilitierte sich ein Jahr später mit dem Thema "Untersuchungen über rotierende
Sterne". Anschließend ging er ans Max-Planck-Institut für Physik, das zunächst in
Göttingen, später dann in München beheimatet war. Er wechselte dann an das
Max-Planck-Institut für Astrophysik, war von 1965 bis 1975 Professor für
Astronomie und Astrophysik in Göttingen und wurde schließlich 1975 bis zu seiner
Pensionierung 1991 Direktor des Max-Planck-Instituts für Astrophysik, das unter
seiner Leitung nach Garching umzog.
Kippenhahn gehörte zu den Pionieren der numerischen Modellierung von Sternen.
Zusammen mit Ali Weigert, Emmi Meyer-Hofmeister und später Hans-Christoph Thomas
entwickelte und etablierte er ein Sternentwicklungsprogramm, das zu einem der
Standardprogramme dieses Fachgebietes wurde und weltweit Verbreitung fand. Mit
dem Code konnten zahlreiche Aspekte der Entwicklung von Sternen
unterschiedlichster Massen und Entwicklungsphasen untersucht werden. Die von
Kippenhahn entwickelten Methoden finden bis heute weltweit Anwendung. Sein mit
Weigert verfasstes Lehrbuch "Stellar Structure and Evolution" ist eines der
Standardwerke auf diesem Gebiet und dürfte sich in vielen Bücherregalen von
Astrophysikern finden.
Kippenhahn hat nicht nur die wissenschaftliche Forschung in Astronomie und
Astrophysik in Deutschland und Europa entscheidend mitgeprägt, sondern auch
zahlreiche populärwissenschaftliche Bücher geschrieben, die seinen Namen auch
außerhalb der Wissenschaftsgemeinde bekannt machten. Zum Thema
Astrologie ist von ihm ein inzwischen berühmter Satz überliefert: "Die Sterne lügen nicht, – sie schweigen!"
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