MADMAX zieht ans CERN
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Physik astronews.com
10. November 2020
Axionen könnten helfen, gleich zwei Rätsel der
Teilchenphysik zu lösen, unter anderem das um die Dunkle Materie. Allerdings
weiß man bis heute gar nicht, ob diese bislang nur theoretisch postulierten
Teilchen tatsächlich existieren. Mit dem Projekt MADMAX wollen Forschende dies herausfinden
und erhalten
dabei Unterstützung vom CERN.
Testaufbau des MADMAX-Experiments: Beim
Übergang zwischen Luft und dem Material der
Scheiben erzeugt der Photonenanteil der Axionen
Radiowellen, die sich messen lassen.
Bild: MADMAX Collaboration [Großansicht] |
Ob Axionen existieren ist offen. Wenn sie existieren, könnten sich zwei
offene Flanken in der Teilchenphysik schließen: Das Rätsel, woraus Dunkle
Materie besteht – und die Frage, warum die starke Wechselwirkung, eine der vier
Kräfte im Universum, ein besonderes Merkmal aufweist. In dem internationalen
Projekt MADMAX wird derzeit unter Federführung des Max-Planck-Instituts für
Physik eine Suchmaschine für diese bisher rein hypothetischen Teilchen
entwickelt. Die Kollaboration erhält nun wichtige Unterstützung vom CERN.
Axionen wurden ursprünglich eingeführt, um die Sonderrolle der starken
Wechselwirkung bezüglich der Zeitumkehr-Symmetrie zu erklären. Sie lassen sich
nur schwerlich mit anderen Teilchenarten vergleichen. Die Masse eines Axion-Teilchens
wird irgendwo zwischen 1 Mikroelektronenvolt und 15 Millielektronenvolt
verortet. Damit liegt das Axion deutlich unter der Masse des leichtesten
bekannten Teilchens, des Neutrinos. Der Theorie nach sollten im frühen Universum
extrem viele Axionen entstanden sein. Daher kann man sie sich anschaulich als
Wellenphänomen des zugrundliegenden Feldes vorstellen – so wie die
Wellenbewegungen auf einer Wasseroberfläche.
Um Axionen nachzuweisen, machen sich die beteiligten Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler eine Eigenheit der Quantenmechanik zunutze: Gewisse Teilchen mit
gleichen Quantenzahlen können sich ineinander verwandeln. Man sagt auch, dass
diese Teilchen untereinander mischen. So kann das Axion auch als eine Mischung
aus Axion und einem sehr geringen Anteil von zwei Lichtteilchen (Photonen)
beschrieben werden. "Das führt dazu, dass sich in einem starken Magnetfeld
Axionen in Photonen verwandeln können. Diese können dann prinzipiell mit
empfindlichen Detektoren in Form von Radiowellen nachgewiesen werden", erklärt
Béla Majorovits, Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Physik und Sprecher
von MADMAX.
An einem solchen Axion-Photon-Umwandler wird derzeit im Rahmen des
internationalen MADMAX-Projekts gearbeitet. An einem Übergang zwischen zwei
Medien, zum Beispiel Luft und Saphir, erzeugt der Photonenanteil der Axionen
Radiowellen. Um dieses äußerst schwache Signal zu messen, müssen viele solcher
Medienübergänge in Resonanz geschaffen werden.
Die MADMAX-Kollaboration wurde 2017 gegründet; derzeit entsteht der erste
Prototyp. Er besteht aus einem Spiegel und aus bis zu 20 Scheiben aus Saphir
oder Lanthanaluminat mit einem Durchmesser von 30 Zentimeter. Als Testmagnet
stellt das CERN der Kollaboration nun einen 1,6 Tesla starken Dipol-Magnet mit
hinreichend großer Öffnung zur Verfügung: Der Morpurgo-Magnet gehört zur
Ausrüstung des H8-Teststrahls am SPS-Ring. Letzterer dient auch als
Vorbeschleuniger des Large Hadron Collider (LHC).
"Die Genehmigung, unseren Aufbau im Morpurgo-Magnet am CERN testen zu können
ist ein sehr wichtiger Schritt für unser Vorhaben: Wir werden unser Konzept und
die verwendeten Technologien auf das Sorgfältigste überprüfen können – eine
wichtige Vorarbeit, um Entscheidungen für das eigentliche Experiment zu treffen.
Außerdem sollten wir auch eine erste Suche nach einem so genannten 'axion-like
particle', einem weiteren mit dem Axion verwandten Anwärter für Dunkle Materie
starten können", sagt Majorovits.
Für das endgültige Experiment wird ein einzigartiger Dipol-Magnet mit etwa 10
Tesla Feldstärke und 1,35 Meter großen Öffnung für den Axionen-Photonen-Wandler
benötigt. Dieser Magnet ist momentan in Planung. Die Forschung und Entwicklung
für dieses Projekt schreiten gut voran. Sollte das Axion, wie von einigen
Theorien vorhergesagt, eine Masse um 100 Mikroelektronenvolt haben, könnte die
Wissenschaft in den nächsten zehn Jahren die besonderen Eigenschaften der
starken Wechselwirkung klären – und damit vielleicht auch das Problem der
Dunklen Materie lösen.
|