Wie Fleckengruppen die Helligkeit beeinflussen
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung astronews.com
23. September 2020
Warum zeigt die Sonne im Vergleich zu anderen Sternen nur
relativ geringe Helligkeitsschwankungen? Diese Frage haben Forschende nun
mithilfe von Computersimulationen zu klären versucht. Eine Erklärung könnten
Sternfleckengruppen sein, die bevorzugt in großen Clustern auftreten. Damit
würde sich unsere Sonne gar nicht so sehr von anderen Sternen unterscheiden wie
gedacht.
Auf der Sonne neigen Gruppen von
Sonnenflecken dazu, in größeren Clustern
aufzutreten, wie in dieser Aufnahme vom 31. Juli
2002.
Bild: SOHO/MDI [Großansicht] |
Im kosmischen Vergleich ist die Sonne ein Langweiler. Während die Helligkeit
einiger anderer Sterne, die ihr ähneln, stark schwankt, sind die Ausschläge bei
der Sonne deutlich moderater. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom
Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen, von der
Türkisch-Deutschen Universität und der Boğaziçi Universität in Istanbul und von
der Kyung Hee Universität in Yongin in Südkorea haben nun untersucht, wie genau
sich Sonnen- beziehungsweise Sternflecken auf dieses Verhalten auswirken. Neben
Anzahl und Größe der Flecken spielt ihre Verteilung eine Rolle. Würden Gruppen
von Sonnenflecken häufiger in Clustern auftreten, könnten die
Helligkeitsschwankungen der Sonne durchaus mit denen ihrer kosmischen Brüder und
Schwestern mithalten.
Sonnenflecke, dunkle Bereiche auf der sichtbaren Oberfläche unseres Sterns,
gehören zu seinen auffälligsten Eigenschaften. Sie können so gewaltige Ausmaße
annehmen, dass sie von der Erde aus ohne Vergrößerung sichtbar sind, und bleiben
in der Regel über mehrere Tage bestehen, bevor sie wieder vergehen. In dieser
Zeit drehen sie sich zusammen mit der Sonnenoberfläche aus unserem Blickfeld.
Auf diese Weise tragen sie zu den Helligkeitsschwankungen der Sonne bei, die
sich auf Zeitskalen von einigen Wochen abspielen.
Solche Helligkeitsschwankungen sind auch von fernen Sternen bekannt.
Allerdings hatte im April dieses Jahres eine Studie von MPS-Wissenschaftlerinnen
und -Wissenschaftlern ergeben, dass die Helligkeitsschwankungen einiger Sterne,
die der Sonne in wichtigen Eigenschaften ähneln, deutlich heftiger ausfallen als
bei unserem Zentralgestirn. Die Forscherinnen und Forscher hatten die
Lichtkurven von mehr als 350 sonnenähnlichen Sternen mit denen der Sonne
verglichen. "Wir haben uns gefragt, was die Flecken dieser Sterne von
Sonnenflecken unterscheidet. Sind es grundlegende physikalische Eigenschaften?
Oder reichen vielleicht schon Kleinigkeiten aus, die Abweichungen zu erklären",
erläutert Dr. Emre Isık den Grundgedanken.
Anders als bei der Sonne lassen sich bei Sternen Strukturen auf der
Oberfläche nicht direkt beobachten. Dafür sind die Forschungsobjekte zu weit
weg. Stattdessen wandten sich die Forscherinnen und Forscher ihren Computern zu
– und erzeugten in Simulationen eine Art Versuchsstern. Dieser Stern entspricht
der Sonne und anderen sonnenähnlichen Sternen in vielen Eigenschaften; Größe,
Anzahl und Verteilung so genannter aktiver Regionen auf der Oberfläche lassen
sich jedoch "künstlich" verändern.
Aktive Regionen sind Gebiete besonders hoher magnetischer Feldstärke, die
häufig mit Sternflecken einhergehen. "Offenbar braucht es nicht viel, einen
sonnenähnlichen Stern auf Touren zu bringen", fasst Dr. Alexander Shapiro, der
am MPS die Forschungsgruppe "Verbindung Solarer und Stellarer Variabilität"
leitet, die Ergebnisse zusammen. "Die Idee, wie dies klappen könnte, stammt von
der Sonne selbst", fügt er hinzu. Die Helligkeitsschwankungen des Versuchssterns
nahmen besonders deutlich zu, wenn seine aktiven Regionen etwas häufiger als bei
der Sonne, vor allem aber bevorzugt in enger Nachbarschaft zueinander
erschienen.
"Es ist üblich, dass Sonnenflecke in Gruppen auftreten. Etwa die Hälfte
dieser Gruppen sind wiederum Teil größerer Cluster", erklärt Isık die
Motivation, speziell an dieser Stellschraube zu drehen. "Zunächst entsteht eine
einzelne Gruppe von Sonnenflecken, weitere folgen in ihrer Nähe", beschreibt er.
Wie die aktuellen Rechnungen nun zeigen, lassen sich deutlich stärkere
Helligkeitsschwankungen erreichen, wenn dieser Hang zur Clusterbildung
ausgeprägter ist.
Auch einem weiteren, sonderbaren Verhalten einiger sonnenähnlicher Sterne
kamen die Forscherinnen und Forscher so auf die Schliche. Während die
Helligkeitsschwankungen einiger dieser Sterne ausgesprochen regelmäßig sind,
verlaufen die der Sonne deutlich unordentlicher. Hier könnte der Ort, an dem die
Gruppen von Sternflecken auftreten, eine Rolle spielen. Häufen sie sich jeweils
an zwei, sich gegenüberliegenden Längengraden, ist ein sehr regelmäßiges
Verhalten zu beobachten.
Ob die Flecke ferner Sterne tatsächlich in Clustern und an bestimmen
Längengraden auftreten, lässt sich nur schwer überprüfen. Weitere Beobachtungen
sind notwendig. "Unsere Rechnungen zeigen aber, dass die Sonne möglicherweise
kein so ausgeprägter Sonderling ist, wie zunächst gedacht", so MPS-Direktor
Prof. Dr. Sami K. Solanki. "Möglicherweise unterscheidet sie sich nur in einigen
Kleinigkeiten von den meisten ihrer Geschwister".
Über die aktuelle Studie berichten die Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler jetzt in der Fachzeitschrift Astrophysical Journal Letters.
|