Planetenfund durch Astrometrie im Radiobereich
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie astronews.com
5. August 2020
Einem internationalen Team von Astronominnen und Astronomen
ist es gelungen, einen saturnähnlichen extrasolaren Planeten in einer Umlaufbahn
um einen massearmen kühlen Stern aufzuspüren. Der Fund gelang dank eines
Netzwerks aus Radioteleskopen, durch das die vom Planeten verursachte
systematische Bewegung des Sterns nachgewiesen werden konnte.
So könnte das jetzt entdeckte System um den
Stern TVLM 513–46546 aussehen.
Bild: Luis A. Curiel Ramirez [Großansicht] |
Mit dem extrem scharfen "Radioblick" des Very Long Baseline Array
(VLBA), dessen Einzelteleskope sich über den gesamten amerikanischen Kontinent
erstrecken, haben Astronomen einen Planeten von Saturngröße entdeckt, der sich
auf einer engen Umlaufbahn um einen massearmen kühlen Stern in 35 Lichtjahre
Entfernung von der Erde bewegt. Es ist die erstmalige astrometrische Entdeckung
eines extrasolaren Planeten mit einem Radioteleskop, wobei eine
Beobachtungstechnik angewandt wird, die extrem präzise Messungen der Position
des Sterns am Himmel erforderlich macht. Es ist auch erst der zweite extrasolare
Planet, der mit dieser astrometrischen Beobachtungstechnik nachgewiesen werden
konnte.
Die astrometrische Beobachtungstechnik an sich ist schon länger bekannt, ist
aber im praktischen Gebrauch sehr schwierig. Sie erfordert die extrem präzise
Verfolgung der tatsächlichen Bewegung des Sterns im Raum, dazu den Nachweis
winzig kleiner Schwankungen in dieser Bewegung, hervorgerufen durch die
Gravitationswirkung des umlaufenden Planeten auf den Stern. Der Stern und der
Planet umkreisen jeweils die Position des gemeinsamen Massezentrums.
Der Planet kann nun indirekt nachgewiesen werden, wenn diese Position, auch
als "Baryzentrum" bezeichnet, weit genug vom Zentrum des Sterns entfernt liegt,
um eine durch Teleskope beobachtbare Wackelbewegung hervorzurufen. Diese
Beobachtungstechnik eignet sich insbesondere zum Nachweis jupitergroßer Planeten
in Umlaufbahnen mit großem Abstand zu ihrem Zentralstern. Das liegt daran, dass
bei massereichen Planeten die Wackelbewegung mit dem Abstand zwischen Planet und
Stern anwächst und für einen bestimmten Abstand der Umlaufbahn das Ausmaß der
Wackelbewegung des Sterns mit der Masse des Planeten anwächst.
Von Juni 2018 an hat das Forscherteam für insgesamt anderthalb Jahre die
Positionen des Sterns TVLM 513–46546 systematisch vermessen. TVLM 513–46546 ist
ein kühler Zwergstern mit weniger als zehn Prozent der Masse unserer Sonne in
Richtung des Sternbilds Bärenhüter am Himmel. Zusätzlich nutzten die Astronomen
noch neun frühere VLBA-Messungen dieses Sterns aus der Zeit zwischen März 2010
und August 2011.
Die umfassende Analyse aller Beobachtungsdaten des Sterns zeigt eine
systematische Schwankung in den gemessenen Positionen des Sterns und ermöglicht
daraus den indirekten Nachweis eines Planeten von Saturnmasse, der seinen Stern
mit einer Periode von 221 Tagen umkreist. Dieser Planet hat einen geringeren
Abstand von seinem Stern als Merkur von der Sonne.
Massearme kühle Sterne wie TVLM 513–46546 gehören zu den häufigsten in
unserer Milchstraße vorkommenden Sternen und bei vielen von ihnen hat man
kleinere Planeten gefunden, von der Masse her vergleichbar mit Erde oder Mars im
Sonnensystem. "Große Planeten wie Jupiter oder Saturn sollten bei massearmen
Sternen wie diesem eigentlich eher selten vorkommen. Die astrometrische
Beobachtungstechnik ist am erfolgreichsten beim Nachweis jupiterähnlicher
Planeten in ausgedehnten Umlaufbahnen. Wir waren daher überrascht, einen
masseärmeren Planeten von Saturngröße in einer relativ nahen Umlaufbahn um den
Stern zu finden, während wir doch eher etwas von der Größe des Jupiter
wesentlich weiter außen erwartet hätten", sagt Salvador Curiel von der
National Autonomous University in Mexiko. "Der Nachweis der Umlaufbewegung
eines masseärmeren Planeten in einer so nahen Umlaufbahn war schon eine
Herausforderung", fügt er hinzu.
Bisher sind über 4300 Planeten in Umlaufbahnen um andere Sterne gefunden
worden, aber der Planet um TVLM 513–46546 ist erst der zweite, der mithilfe der
astrometrischen Beobachtungstechnik nachgewiesen werden konnte. Eine andere sehr
erfolgreiche Methode zum Nachweis extrasolarer Planeten, die sogenannte
Radialgeschwindigkeitstechnik, beruht ebenfalls auf dem gravitativen Einfluss
eines Planeten auf seinen Mutterstern. Diese Technik weist die winzige
Beschleunigung des Sterns in Richtung oder entgegengesetzt zur Richtung der Erde
nach, die durch die Bewegung des Sterns um das gemeinsame Baryzentrum verursacht
wird.
"Unsere Nachweismethode ergänzt die Radialgeschwindigkeitsmethode, die eher
geeignet für Planeten in nahen Umlaufbahnen um den jeweiligen Stern ist, während
die astrometrische Methode besser geeignet ist, um massereiche Planeten in
weiter entfernten Umlaufbahnen um ihre Sterne zu finden", erklärt Gisela
Ortiz-Leon vom Bonner Max-Planck-Institut für Radioastronomie. "Tatsächlich
konnten mit den anderen Methoden nur wenige Planeten gefunden werden, die in
ihren Eigenschaften wie Masse, Größe der Umlaufbahn und Masse des Muttersterns
unserem neugefundenen Planeten gleichen. Wir nehmen an, dass mit dem VLBA oder
allgemein mit der astrometrischen Methode noch eine große Zahl weiterer Planeten
mit ähnlichen Eigenschaften gefunden werden können."
Eine dritte ebenfalls sehr erfolgreiche Methode zur Entdeckung extrasolarer
Planeten weist eine leichte Abdunklung im Licht eines Sterns nach, wenn der
Planet von der Erde aus gesehen vor dem Stern vorbeizieht (ein sogenannter
Transit). Die astrometrische Methode ist erfolgreich im Aufspüren von
nahegelegenen Doppelsternsystemen und wurde bereits im 19. Jahrhundert als eine
mögliche Methode für die Entdeckung extrasolarer Planeten in Erwägung gezogen.
Im Lauf der Jahre wurden wiederholt solche Entdeckungen angekündigt, die jedoch
sorgfältiger Überprüfung nicht standhalten konnten.
Die Schwierigkeit bei dieser Methode liegt darin, dass die vom Planeten
verursachte Wackelbewegung des Sterns von der Erde gesehen so winzig ist, dass
es eine ganz außergewöhnliche Präzision bei der Positionsbestimmung des Sterns
erforderlich macht. "Das VLBA mit seinen Einzelteleskopen in bis zu 8000
Kilometer Abstand ermöglicht ein extrem hohes Auflösungsvermögen und liefert uns
die Genauigkeit, die für diese Entdeckung erforderlich war", sagt Amy
Mioduszewski vom National Radio Astronomy Observatory (NRAO). "Hinzu
kamen Verbesserungen in der Empfindlichkeit des VLBA, die uns die Datenqualität
lieferten, die wir für diese Arbeit benötigten", fügt sie abschließend hinzu.
Über ihre Entdeckung berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Fachzeitschrift Astronomical Journal erschienen ist.
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