Die Erde als Exoplanet
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam astronews.com
4. März 2020
Mondfinsternisse begeistern nicht nur die Öffentlichkeit,
sondern können noch immer wichtige wissenschaftliche Ergebnisse liefern und
eventuell sogar helfen, Leben auf Planeten jenseits des Sonnensystems
nachzuweisen. So wurde während der Mondfinsternis im Januar 2019 durch die
Erdatmosphäre scheinendes Sonnenlicht analysiert. Genauso werden Atmosphären von Exoplaneten untersucht.
Künstlerische Darstellung unserer Sonne und
der Erde, wie
man sie vom Tycho-Krater auf dem Mond aus sehen
würde. Bei einer
Mondfinsternis verschwindet ihre Scheibe vollständig hinter der Erde.
Bild: AIP / Strassmeier / Fohlmeister [Großansicht] |
Zieht ein Exoplanet vor seinem Stern vorüber, scheint ein Teil des
Sternenlichts durch die Atmosphäre des Planeten. Obwohl der Einfluss des
Planeten auf das Sternenlicht nur sehr gering ist, enthält es auch das chemische
und physikalische Signal seiner Atmosphäre. Die Messung der atmosphärischen
Bestandteile wird in der Astrophysik als Transmissionsspektroskopie bezeichnet.
Sie ist eine relativ neue, aber erfolgsversprechende Methode. Bereits eine
Vielzahl von Exoplanet-Transiten ließen sich damit nachweisen.
"Die Untersuchungen finden jedoch bisher nur Anwendung bei übergroßen
Jupiter-ähnlichen Planeten, die ihren Stern sehr nah umkreisen. Noch mehr sind
wir freilich an Transits von erdähnlichen Planeten interessiert und daran, ob
wir komplexere molekulare Signaturen, die möglicherweise sogar auf Leben
hindeuten, nachweisen können", erklärt Klaus Strassmeier, Direktor am
Leibniz-Institut für Astrophysik in Potsdam (AIP). "Eine totale Mondfinsternis,
die sich von unserem eigenen Mond aus gesehen als totale Sonnenfinsternis
darstellt, ist aber nichts anderes als ein Transit unserer eigenen Erde vor der
Sonnenscheibe und indirekt beobachtbar." Das Sonnenlicht, das durch die
Erdatmosphäre dringt, bevor es der Mond zurück zur Erde reflektiert, wird als
Erdschein bezeichnet.
Die biologische Aktivität auf der Erde hat viele Nebenprodukte wie Sauerstoff
und Ozon in Verbindung mit Wasserdampf, Methan und Kohlendioxid. Diese biogenen
Moleküle lassen sich in den Atmosphären anderer Planeten bei optischen und
nahinfraroten Wellenlängen nachweisen. Erdscheinbeobachtungen erlauben, die
Existenz biogener und verwandter chemischer Elemente mit denselben Techniken für
einen bewohnbaren Planeten zu überprüfen, die ansonsten zur Beobachtung von
Sternen mit sehr großen Planeten verwendet werden. Sie sind somit ein idealer
Test für zukünftige Studien entfernter erdähnlicher Planeten mit der neuen
Generation extrem großer Teleskope.
Im Januar 2019 gab es eine totale Mondfinsternis, bei der sich der Mond um
das 20.000-fache verdunkelte. Für die Beobachtungen wurde daher die
Lichtsammelfähigkeit des Large Binocular Teleskops (LBT) in Arizona
benötigt, dessen beide Spiegel kombiniert einem Teleskop mit einem Durchmesser
von 11,8 Meter entsprechen. Darüber hinaus war die hohe spektrale Auflösung des
Instruments PEPSI (Potsdam Echelle Polarimetric and Spectroscopic Instrument)
erforderlich, um den erwarteten Einfluss der Erdatmosphäre vom normalen
Sonnenspektrum zu trennen.
"PEPSI hat bereits bedeutende Beiträge zur Untersuchung von Exoplaneten
geleistet, indem es deren Transit vor ihrer Sonne beobachtet hat," erklärt
Christian Veillet, Direktor des LBT-Observatoriums. "Die Beobachtung der Erde
als Exoplanet dank einer totalen Mondfinsternis vom LBT-Standort in Arizona und
die Ergänzung von Polarimetrie zur exquisiten Auflösung des PEPSI-Spektrographen
führten zum Nachweis von Natrium, Kalzium und Kalium in der Erdatmosphäre."
Über ihre Beobachtungen berichtet das Team in einem Fachartikel, der
in der Zeitschrift Astronomy & Astrophysics erscheinen wird.
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