Staubpartikel älter als die Erde
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der ETH Zürich astronews.com
15. Januar 2020
In einem Meteoriten, der vor 50 Jahren in Australien
niederging, konnten jetzt Staubpartikel nachgewiesen werden, die mindestens 5,5
Milliarden Jahre alt und damit älter als das Sonnensystem sind. Der Fund könnte
Hinweise auf die Geschichte der Sternentstehung in der Milchstraße liefern,
müssen die Staubkörner doch um einen Stern entstanden sein, der vor sieben
Milliarden Jahren geboren wurde.
Staubreiche Auswürfe von entwickelten
Sternen, wie etwa beim hier abgebildeten
Eier-Nebel, sind mögliche Quellen für die großen
präsolaren Siliziumkarbidkörner, die in
Meteoriten gefunden werden.
Bild: ESA/Hubble & NASA / Janaína N. Ávila [Großansicht] |
Sterne durchlaufen Lebenszyklen. Sie entstehen, wenn Gaswolken und Staub im
All aufeinandertreffen, sich aufgrund der Schwerkraft verdichten und aufheizen.
Sterne "brennen" dann über Jahrmillionen oder gar Milliarden Jahre, ehe sie
sterben und dabei Staubpartikel ins All schleudern. Diese tragen wiederum zur
Entstehung neuer Sterne, Planeten, Monde und Meteoriten bei.
In einem solchen Meteorit, der vor 50 Jahren in Australien niederging,
entdeckten Forschende vom Field Museum, der Universität Chicago, der ETH Zürich
und weiteren Hochschulen nun Sternenstaub, der vor fünf bis sieben Milliarden
Jahren entstanden war – der älteste Feststoff, der bisher auf der Erde gefunden
wurde.
Die Materialien, die Philipp Heck vom Field Museum und von der Universität
Chicago und seine Kollegen untersuchten, wurden vor der Geburt unserer Sonne
gebildet und später, nach ihrer Geburt, in Meteoriten eingeschlossen. Auf diese
Weise wurden sie über Milliarden von Jahren konserviert und macht sie zu
Zeitkapseln, die Auskunft über die Zeit vor der Entstehung unseres Sonnensystems
geben.
Die Staubpartikel, welche die Fachleute als präsolare Körner bezeichnen, sind
allerdings nur sehr schwer zu finden. Einerseits sind sie sehr selten: Nur in
jedem 20. Meteoriten, der auf die Erde fällt, sind welche verborgen. Und die
Körner sind höchstens wenige Mikrometer groß. Der sogenannte Murchison-Meteorit,
der 1969 im australischen Bundesstaat Victoria aufschlug, entpuppte sich als
wahre Schatzkiste. Aus ihm konnten Wissenschaftler an der Universität von
Chicago bereits vor 30 Jahren präsolare Körner isolieren. Diese wurde nun
genauer auf ihr Alter und ihre Herkunft untersucht.
Für die Altersbestimmung nutzten die Forscher den Umstand, dass der Meteorit
auf seiner Reise durchs All kosmischer Strahlung ausgesetzt war. Diese
interagiert mit der Materie und bildet neue Elemente, in diesem Fall seltene und
daher gut nachzuweisende Edelgase. Je länger der Meteorit der kosmischen
Strahlung ausgesetzt ist, desto mehr dieser Elemente häufen sich in ihm an.
Anhand dieser Spurenelemente fanden die Forscher heraus, dass einige der
isolierten präsolaren Körner 4,6 bis 4,9 Milliarden Jahre alt sein müssen,
einige sogar älter als 5,5 Milliarden Jahre. Damit sind die Körner älter als
unsere Sonne, die ca. 4,6 Milliarden Jahre alt ist. Die Erde ist "nur" 4,5
Milliarden Jahre alt.
Die Körner geben zudem auch Auskunft über das Leben und Sterben von Sternen.
So folgern die Forscher aus ihren Erkenntnissen, dass sich vor sieben Milliarden
Jahren besonders viele neue Sterne gebildet haben mussten. "Wir zählten mehr
junge Körner als erwartet", erklärt Heck. Er vermutet deshalb, dass die Mehrzahl
der Körner mit einem Alter von 4,6 bis 4,9 Milliarden Jahren von Sternen
stammen, die vor etwa 7 Milliarden Jahren in einer Periode verstärkter
Sterngeburten entstanden und etwa 2 Milliarden Jahre später ihr Lebensende
erreichten. Sterne mit einer solchen Lebensdauer haben etwa doppelt so viel
Masse wie unsere Sonne und produzieren daher besonders viel Staub, wenn sie
sterben. Dieser Staub wurde zum Ende ihres stellaren Lebens ins All ausgestoßen
und dort von der kosmischen Strahlung getroffen.
Damit befeuern die Wissenschaftler eine alte Debatte, ob neue Sterne mit
einer konstanten Rate entstehen oder ob die Zahl neugebildeter Sterne periodisch
schwankt. "Dank der Körner haben wir einen direkten Beweis, dass die Neubildung
von Sternen vor 7 Milliarden Jahren überdurchschnittlich groß war", sagt der
Forscher. "Die Geburtenrate von Sternen scheint also eher zu schwanken als
konstant zu sein."
Ihre Analysen an den präsolaren Körnern führten die amerikanischen
Wissenschaftler zur Hauptsache an der ETH Zürich durch. Das Departement
Erdwissenschaften verfügt über ein weltweit einzigartiges Messgerät, das
Massenspektrometer "Tom Dooley". Es wurde spezifisch für die Messung von
kleinsten Gasmengen konzipiert und ist das einzige Instrument, welches Edelgase
in einzelnen präsolaren Körnern messen kann.
Die Ergebnisse wurden kürzlich in den Proceedings of the National Academy
of Sciences of the United States of America veröffentlicht.
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