Überraschung aus Chondriten
Redaktion
/ Pressemitteilung der Universität Münster astronews.com
28. September 2016
Durch den Vergleich der genauen Zusammensetzung der Elemente
im Gestein der Erde und in Meteoriten lässt sich einiges darüber lernen, aus
welchem Material die Planeten und anderen Objekte des Sonnensystems einst
entstanden sind. Lange ging man davon aus, dass sich das Urmaterial von
Meteoriten und der Erde nicht wesentlich unterschieden hat. Doch dies war
offenbar anders.
Dr. Christoph Burkhardt im Reinraumlabor mit
einem Meteoriten aus dem Asteroidengürtel. Bild:
WWU / Planetologie [Großansicht] |
Alle Objekte in unserem Sonnensystem bestehen aus Material früherer
Sternengenerationen. Wissenschaftler aus Münster, Chicago und Livermore haben
nun mittels hochpräziser Isotopen-Messungen herausgefunden, dass die Erde mehr
Material von Roten-Riesensternen enthält als die primitiven Meteorite, die
sogenannten Chondrite, aus dem Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter.
Diese Meteorite sind seit ihrer Entstehung zu Beginn des Sonnensystems vor mehr
als viereinhalb Milliarden Jahren bis heute unverändert geblieben und gelten als
die Urbausteine der Erde. Die Analyse ihres Gesteins ermöglicht daher
Rückschlüsse auf die Zusammensetzung des Erdinneren und die geologische
Entwicklung der Erde. Die neue Studie, so die beteiligten Forscher, würde
beweisen, dass chondritische Meteorite nicht – wie bisher angenommen –
repräsentativ für die isotopische Zusammensetzung der Erde sind.
"Die Studie zeigt, dass die Staub- und Gasscheibe, aus der die Planeten und
Meteoriten-Mutterkörper entstanden, nicht überall die gleiche Zusammensetzung
hatte", so Dr. Christoph Burkhardt vom Institut für Planetologie der
Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Die Untersuchungen sollen helfen,
besser zu verstehen, wie Materie im frühen Sonnensystem transportiert und
vermischt wurde, und erlauben Rückschlüsse auf die Entstehungsgeschichte
planetarer Körper und die Verwandtschaftsbeziehungen zwischen ihnen.
"Unsere Arbeit hat weitreichende Folgen für unser Verständnis der Entstehung,
Zusammensetzung und geologischen Entwicklung der Erde", erläutert Burkhardt.
Dies zeigt sich vor allem bei der Interpretation eines kleinen Unterschieds in
der isotopischen Zusammensetzung des Elements Neodym in Gesteinen der Erde und
in chondritischen Meteoriten.
Basierend auf der Grundannahme, dass die isotopische Zusammensetzung der Erde
und der Chondriten identisch ist, wird der Unterschied nach geltender
Lehrmeinung durch den radioaktiven Zerfall von 146-Samarium zu 142-Neodym
erklärt. Samarium und Neodym müssten sich somit zu einem sehr frühen Zeitpunkt
in der Entwicklungsgeschichte der Erde – noch vor Entstehung des Mondes – durch
Aufschmelzen des Erdmantels ungleich verteilt haben. Der mit Neodym
angereicherte Teil, eine Art frühe Erdkruste, ist dann entweder seit seiner
Entstehung in der Erde "versteckt" oder wurde durch Meteoriteneinschläge ins
Weltall geschleudert.
Die neue Studie zeigt nun, dass der isotopische Unterschied nicht auf
radioaktiven Zerfall und frühe Schmelzprozesse im Erdmantel zurückzuführen ist,
sondern nur auf den unterschiedlichen Anteil von Material Roter Riesensterne bei
Erde und chondritischen Meteoriten. "Damit werfen wir die in den letzten zehn
Jahren aufgekommenen Erdentstehungs- und Entwicklungsmodelle mitsamt ihren
'versteckten' Reservoiren über den Haufen", unterstreicht Burkhardt.
Über ihre Untersuchungen berichten die Wissenschaftler in einem Fachartikel in
der Zeitschrift Nature.
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