Brücke zwischen Raumzeit und Quantenphysik?
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften astronews.com
7. August 2019
Weltweit suchen Physikerinnen und Physiker nach einer
einheitlichen Theorie, die die bislang noch getrennten Welten von Quantenphysik
und Gravitation in sich vereint. Forscherinnen und Forscher aus Österreich
konnten nun belegen, dass das quantenphysikalische Flächengesetz auch in der von
Einstein beschriebenen Raumzeit gültig ist.
Zwei fiktive Beobachter namens Alice und Bob
bringen Raumzeit und Quantenphysik zusammen.
Bild: Harald Ritsch/ÖAW [Großansicht] |
Lokalität ist das wesentliche Prinzip zwischen allen physikalischen
Interaktionen: Es besagt, dass jedes physikalische System nur mit Systemen in
unmittelbarer Umgebung interagieren kann bzw. dass es bei entfernt liegenden
Systemen ein vermittelndes "Medium" geben muss. Das kennt man etwa vom
Telefonieren mit Mobiltelefonen, bei dem die Daten via elektromagnetischer
Wellen übertragen werden, um den Gesprächspartner hören zu können.
Quantenforscherinnen und -forscher der Österreichischen Akademie der
Wissenschaften (ÖAW) und der Universität Wien fanden nun heraus, dass basierend
auf diesem Prinzip eine Verbindung zwischen der modernen Quantenmechanik und der
Raumzeit gezogen werden kann. Die Raumzeit ist jener von Einstein beschriebene
Raum, der die drei räumlichen Dimensionen mit der vierten Dimension der Zeit
(Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft) vereint.
Um die wissenschaftliche Ausgangssituation erst einmal im dreidimensionalen
Raum, also ohne Berücksichtigung der Zeit, zu verstehen, stelle man sich zwei
fiktive Beobachter Alice und Bob vor. Beide untersuchen die Bestandteile eines
physikalischen Systems, wobei Alice nur jene Teile untersuchen kann, die in
einem begrenzten Bereich ("region of space") liegen. Bob wiederum kann nur die
Teile untersuchen, die außerhalb des begrenzten Bereichs liegen. Das
Flächengesetz der Entropie ("area law"), ein wesentliches Gesetz in der
Quantenphysik, besagt, dass die Korrelation zwischen den Messergebnissen von
Alice und Bob proportional zur Fläche des Grenzbereichs ist – nicht aber zu
dessen Volumen, wie man einfach gedacht im dreidimensionalen Raum ja annehmen
könnte. Die Fläche der Grenze bestimmt also inwieweit die beiden unabhängig
voneinander erstellten Messergebnisse in Zusammenhang zueinander stehen.
Wie ist das, wenn nun eine vierte Dimension, nämlich die der Zeit, dazukommt?
Hierfür kommt die neue Studie ins Spiel, für die die Forscherinnen und Forscher
folgendes Szenario innerhalb der Raumzeit entworfen haben: Alice führt ihre
Messungen in einem abgegrenzten Raumbereich in einem bestimmten Zeitraum durch.
Bob ist außerhalb dieses Bereichs und hat zu jedem Zeitpunkt Zugang zu jedem
anderen Punkt, den es gibt. Das Team von ÖAW und Universität Wien untersuchten
nun, welche Rolle der Grenzbereich in der Raumzeit zwischen Alice und Bob für
die Korrelation der Messergebnisse bedeutet.
Das Ergebnis: Auch in der Raumzeit gilt das Flächengesetz, solange die
Objekte lokal miteinander interagieren (Prinzip der Lokalität). Das bedeutet,
dass auch unter Berücksichtigung der Dimension der Zeit die Korrelation der
Messergebnisse von Alice und Bob direkt proportional mit der Fläche des
Grenzbereichs zunimmt. Das Volumen in der Raumzeit spielt für das Ausmaß der
Korrelation dagegen keine Rolle. "Uns ist es damit gelungen, einen wichtigen
Zusammenhang zwischen Quantenkorrelation und Raumzeit zu finden", sagt Časlav
Brukner, Gruppenleiter am Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der
ÖAW und einer der Studienautoren. "Diese Ergebnisse könnten uns helfen, näher an
eine einheitliche Theorie zu rücken, die Physikerinnen und Physiker weltweit
suchen und die die beiden noch getrennten Welten Quantenphysik und Gravitation
in sich vereint."
Die neue Studie wurde im Juli in "Quantum Information", einem von Nature
herausgegebenen Journal, veröffentlicht.
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