Suche nach Ordnung im magnetischen Chaos
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung astronews.com
17. Januar 2019
Stellare Magnetfelder entstehen aus chaotischen
Plasmaströmen in der äußeren Hülle von Sternen, können aber trotzdem über
längere Zeitskalen stabile und regelmäßige Strukturen zeigen. Warum das so ist,
versuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gerade herauszufinden. In
Göttingen wird eine entsprechende Gruppe jetzt vom Europäischen Forschungsrat
unterstützt.
Computermodell der magnetischen Felder in
einem schnell rotierenden, jungen Stern.
Bild: SOLSTAR@MPS [Großansicht] |
Stellare Magnetfelder offenbaren ein großes Rätsel. Einerseits entstehen sie
aus chaotischen Plasmaströmen in der äußeren Hülle eines Sterns in einem
hydromagnetischen Dynamoprozess. Sie sind deshalb ausgesprochen vielfältig und
zahlreiche Phänomene weder zeitlich noch räumlich stabil. Andererseits zeigen
die Magnetfelder von Sternen über längere Zeitskalen hinweg bemerkenswert
verlässliche Strukturen, die so groß wie der Stern selbst sein können und recht
regelmäßigen zeitlichen Schwankungen unterliegen.
Ein Beispiel ist der elfjährige magnetische Zyklus der Sonne, in dem unser
Stern mal mehr, mal weniger magnetisch aktiv ist. Herauszufinden, wie diese
Ordnung neben dem Chaos bestehen kann und wie die Sterndynamos im Detail
funktionieren, ist das Ziel von Dr. Maarit Käpylä, die am Max-Planck-Institut
für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen und der Aalto Universität in
Finnland forscht. Der Europäische Forschungsrat (ERC) unterstützt ihr Vorhaben,
theoretische und numerische Modelle zu entwickeln, welche die entscheidenden
Prozesse innerhalb der Sonne und anderer Sterne beschreiben, nun mit einem
sogenannten "Consolidator Grant".
Kein Stern ist uns so vertraut wie die Sonne. Seit Jahrhunderten blicken
Menschen mit Teleskopen auf unseren Stern; seit Beginn des Weltraumzeitalters
liefern Raumsonden weitere, präzisere Beobachtungsdaten. Dennoch ist das
komplexe magnetische Wesen der Sonne noch längst nicht vollständig
entschlüsselt. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler suchen nach einer
theoretischen Beschreibung, die erklärt, wie die Sonnenrotation und die heißen,
an die Oberfläche brodelnden Plasmaströme aus dem Innern alle magnetischen
Phänomene erzeugen, die wir kennen.
Zu diesen zählen auch die Sonnenflecken, dunkle Gebiete hoher magnetischer
Feldstärke an der sichtbaren Oberfläche der Sonne, die im Laufe eines
elfjährigen Sonnenzyklus zunehmend in Äquatornähe auftreten. Zwar gibt es
Theorien, die das Verhalten der Sonne recht gut wiedergeben. Aber das allein
reicht nicht. "Wir Menschen nehmen gerne an, dass unsere Sonne ein ganz
besonderer Stern ist. Aber das stimmt nicht", gibt Käpylä zu bedenken.
Heute sind zahlreiche Sterne bekannt, die der Sonne in Bezug auf magnetische
Aktivität und Rotationseigenschaften stark ähneln. Und die stellare Vielfalt
umfasst noch vieles mehr: etwa jüngere Sterne, die schneller rotieren als die
Sonne, deutlich aktiver sind und deren gigantische Sternflecken in Phasen hoher
Aktivität bevorzugt in Polnähe auftreten; oder solche, in denen – anders als bei
der Sonne - die aufsteigenden, brodelnden Plasmaströme das gesamte Innere
ausfüllen. "Nur eine Theorie, die sich an all diesen Sternen bewährt, enthält
die wirklich grundlegenden Mechanismen", so Käpylä.
Mithilfe des nun bewilligten "Consolidator Grants" will die Wissenschaftlerin
zusammen mit ihrem Team in den nächsten fünf Jahren mit Computersimulationen
eine solche Modellierung entwickeln. Eine entscheidende Rolle kommt dabei
chaotischen und turbulenten Vorgängen im Sterneninnern zu, die bisherige
Theorien bisher nur wenig berücksichtigen.
Mit den "Consolidator Grants" unterstützt der Europäische Forschungsrat junge
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die bereits eine eigenständige,
exzellente Forschungsgruppe aufgebaut haben und nun ihre Forschungsarbeit weiter
vorantreiben wollen. Die Förderung von maximal zwei Million Euro wird für bis zu
fünf Jahre gewährt.
Käpylä hat an der der Universität von Oulu in Finnland studiert und im
Fachbereich Astronomie promoviert. Nach Forschungsaufenthalten in Newcastle,
Toulouse und Kopenhagen, wurde sie 2005 Research Fellow der Academy of
Finland an der Universität Helsinki. 2013 wechselt sie in die Abteilung
"Computer Science" der finnischen Aalto Universität. Ihr Team mit dem Namen
DYNAMO war eine von fünf Forschungsgruppen des Konsortiums ReSoLVE, das 2014 die
angesehene Auszeichnung des Finnish Center of Excellence erhielt. Seit
2016 leitet Käpylä die Forschungsgruppe "Solare und Stellare Magnetische
Aktivität" am MPS.
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