Neue Bestätigung dank Galileo-Panne
Redaktion
/ Pressemitteilung des Zentrums für angewandte Raumfahrttechnologie und
Mikrogravitation astronews.com
5. Dezember 2018
Eigentlich war es ein Rückschlag: 2014 erreichten zwei
Satelliten des europäischen Satellitennavigationssystems Galileo wegen
einer Fehlfunktion einer Sojus-Rakete nicht die vorgesehene Umlaufbahn.
Nun haben Wissenschaftler Daten der Satelliten für den bislang präzisesten Test
der von Einstein vorhergesagten gravitativen Rotverschiebung genutzt.
Mithilfe der Satelliten Galileo 5 und 6
konnten Wissenschaftler nun die von Einstein
vorhergesagte gravitative Rotverschiebung mit
hoher Genauigkeit bestätigen.
Bild: ESA-P. Carril/Wikimedia Commons/G.
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Aufgrund einer Fehlfunktion der Sojus-Oberstufe erreichten zwei Galileo-Satelliten
im August 2014 nicht ihre vorgesehene Höhe. Darin sahen Forscher des
sofort einen möglichen Glücksfall für ihre Forschung zu Einsteins
Relativitätstheorie. Die Ergebnisse dieser unverhofften, wissenschaftlichen
Satelliten-Mission wurden nun in der renommierten Zeitschrift „Physical Review
Letters“ veröffentlicht.
Am 22. August 2014 wurden die beiden Satelliten Galileo 5 und 6
mit einer russischen Sojus-Rakete gestartet. Aufgrund einer Fehlfunktion der
Oberstufe dieser Rakete konnten die Satelliten nicht in die vorhergesehene
kreisförmige Umlaufbahn in ca. 23.500 Kilometer Höhe gebracht werden.
Stattdessen fliegen sie auf einer elliptischen Bahn, auf der sie zweimal täglich
ihre Höhe um ca. 8.700 Kilometer ändern.
Da es zunächst danach aussah, dass die Satelliten dadurch nicht für das
Galileo-Positionierungssystem genutzt werden können, wurde sogar deren
Abschaltung in Erwägung gezogen. Gravitationsphysiker des Zentrums für
angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM) der Universität
Bremen schlugen stattdessen vor, die Satelliten zusammen mit den mitgeführten
Atomuhren zu nutzen, um einen verbesserten Test der gravitativen Rotverschiebung
durchzuführen.
Dieser Effekt ist eine der zentralen Vorhersagen der von Albert Einstein vor
100 Jahren aufgestellten Allgemeinen Relativitätstheorie. Sie besagt, dass
Gravitation – in diesem Fall die Erdanziehungskraft – die Zeit beeinflusst.
Genauer gesagt: Uhren laufen mit zunehmender Entfernung von der Erde, also z.B.
im Weltraum, schneller als identische Uhren auf der Erde. Zusammen mit Partnern
der TU München ist es dem ZARM-Team nun gelungen, die gravitative
Rotverschiebung um den Faktor vier genauer als bisher zu bestätigen - die erste
Verbesserung dieses Tests der Relativitätstheorie seit mehr als 40 Jahren. Eine
parallele Analyse eines französischen Teams kam zu einem ähnlichen Ergebnis.
Die Rotverschiebung hat große praktische Bedeutung in der Positionierung, der
Navigation, bei der Definition der Internationalen Atomzeit sowie in der
Erdvermessung und Geophysik. Die Bremer Initiative zur wissenschaftlichen
Verwendung der Galileo-Satelliten wurde sowohl vom Deutschen Zentrum für Luft-
und Raumfahrt und der europäischen Raumfahrtagentur ESA unterstützt.
So wurden etwa die Daten zu Orbit und Uhrengang über drei Jahre vom
Navigation Support Office am europäischen Raumfahrtkontrollzentrum ESOC in
Darmstadt aufbereitet und dem Team am ZARM sowie einer weiteren Gruppe am
Pariser Observatorium für eine parallele unabhängige Analyse zur Verfügung
gestellt. Zusätzlich zu den hochgenauen Uhren- und Orbitdaten wurden hierfür
auch lasergestütze Positionsmessungen zu den Satelliten hinzugezogen.
Die Resultate beider Gruppen wurden jetzt in der Fachzeitschrift Physical
Review Letters veröffentlicht.
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