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GRAVITY
Blick ins Zentrum eines Quasars
Redaktion / Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik
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29. November 2018

Genaue Beobachtungen des Quasars 3C 273 mit dem GRAVITY-Instrument des Very Large Telescope der europäischen Südsternwarte ESO zeigen erstmals die Struktur des um das zentrale supermassereiche Schwarze Loch wirbelnden Gases. Auf diese Weise konnte die Masse des Schwarzen Lochs mit beispielloser Präzision gemessen werden.

3C 273

Optisches Bild des Quasars 3C 273, aufgenommen mit dem Hubble-Weltraumteleskop. Der Quasar befindet sich in einer riesigen elliptischen Galaxie im Sternbild Jungfrau in einer Entfernung von etwa 2,5 Milliarden Lichtjahren. Es war der erste Quasar, der jemals identifiziert wurde. Bild: ESA / Hubble & NASA   [Großansicht]

 Vor mehr als 50 Jahren identifizierte der Astronom Maarten Schmidt das erste "quasi-stellare Objekt" oder Quasar, genannt 3C 273, als extrem hellen, aber weit entfernten Himmelskörper. Die Energie, die von einem solchen Quasar abgegeben wird, ist viel größer als in einer normalen Galaxie wie unserer Milchstraße und kann nicht durch reguläre Fusionsprozesse in Sternen erzeugt werden. Stattdessen gehen die Astronomen davon aus, dass hierbei Gravitationsenergie in Hitze umgewandelt wird, wenn Materie von einem extrem massereichen Schwarzen Loch verschluckt wird.

Ein internationales Team von Astronomen hat nun mit dem Instrument GRAVITY tief in das Herz dieses Quasars geblickt und konnte direkt die Struktur des sich schnell bewegenden Gases um das zentrale Schwarze Loch beobachten. Bisher waren solche Beobachtungen aufgrund der geringen Winkelgröße dieser inneren Region nicht möglich, da diese nur etwa die Größe unseres Sonnensystems hat, sich aber in einem Abstand von etwa 2,5 Milliarden Lichtjahren befindet.

Das GRAVITY-Instrument kombiniert alle vier VLT-Teleskope der ESO mit einer Technik namens Interferometrie. Dies ermöglicht einen sehr viel bessere Winkelauflösung, entsprechend einem Teleskop mit 130 Metern Durchmesser. So können die Astronomen Strukturen bei gerade einmal zehn Mikrobogensekunden unterscheiden; in der Entfernung des Quasars entspricht dies etwa 0,1 Lichtjahren (oder der Größe einer 1-Euro-Münze auf dem Mond).

"Mit GRAVITY konnten wir zum ersten Mal die sogenannte "Broad Line Region" auflösen und die Bewegung einzelner Gaswolken um das zentrale Schwarze Loch beobachten", erklärt Eckhard Sturm vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE). "Unsere Beobachtungen zeigen, dass die Gaswolken tatsächlich um das zentrale Schwarze Loch herumwirbeln."

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Die breiten Emissionslinien von Atomen sind ein charakteristisches Kennzeichen von Quasaren und ein eindeutiger Hinweis auf den extragalaktischen Ursprung der Strahlung. Die Größe des dazu gehörenden Bereichs konnte bisher aber nur mit der Methode des sogenannten "Reverberation Mapping" (wörtlich: Echo-Kartierung) bestimmt werden: Helligkeitsschwankungen im Zentrum des Quasars verursachen ein Lichtecho, wenn die Strahlung weiter außen auf Materie trifft – je größer das System desto später das Echo. Im besten Fall kann zudem die Bewegung des Gases ermittelt werden, was oft auf eine rotierende Scheibe hindeutet. Dieses aus einer Laufzeitinformation abgeleitete Ergebnis kann nun mit räumlich aufgelösten Beobachtungen mit GRAVITY überprüft werden.

"Unsere Ergebnisse unterstützen die grundlegenden Annahmen der 'Reverberation Mapping'-Methode", bestätigt Jason Dexter vom MPE. "Informationen über die Bewegung und Größe der Region unmittelbar um das Schwarze Loch sind entscheidend für die Messung seiner Masse", fügt er hinzu. Erstmals wurde das herkömmlich Verfahren nun experimentell erfolgreich getestet und bestätigte bisherige Massenschätzungen von rund 300 Millionen Sonnenmassen für das Schwarze Loch.

Somit liefert GRAVITY nicht nur eine Bestätigung der bisher hauptsächlich eingesetzten Methode zur Bestimmung der Masse von Schwarzen Löchern in Quasaren, sondern auch eine neue und hochgenaue, unabhängige Methode zur Messung dieser Massen. Ein verlässlicher Maßstab für die Messung der Masse von Schwarzen Löchern in Tausenden steht damit in Aussicht.

Quasare spielen eine wichtige Rolle in der Geschichte des Universums, da ihre Entwicklung eng mit dem Wachstum von Galaxien verknüpft ist. Astronomen gehen inzwischen davon aus, dass grundsätzlich alle großen Galaxien in ihrem Zentrum ein supermassereiches Schwarzes Loch aufweisen; bisher konnten aber nur bei dem Schwarzen Loch in unserer Milchstraße Detailstudien durchgeführt werden.

"Dies ist das erste Mal, dass wir die unmittelbare Umgebung eines riesigen Schwarzen Lochs außerhalb unserer Heimatgalaxie, der Milchstraße, räumlich aufgelöst untersuchen können", betont Reinhard Genzel, Leiter der Infrarot-Forschungsgruppe am MPE. "Schwarze Löcher sind faszinierende Objekte, die es uns ermöglichen, die Physik unter extremen Bedingungen zu erforschen – und mit GRAVITY können wir sie jetzt sowohl nah als auch fern untersuchen."

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Ganz nahe am Schwarzen Loch. Diskutieren Sie mit anderen Lesern im astronews.com Forum.
siehe auch
Gravity: Ganz nahe am Schwarzen Loch - 2. November 2018
Links im WWW
Preprint des Fachartikels bei arXiv.org
Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik
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