Hormone helfen bei Pflanzenanbau im All
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Zürich astronews.com
6. November 2018
Die Bedingungen für den Anbau von Pflanzen zur Versorgung
von Astronauten auf ihren Missionen sind alles andere als günstig:
Weltraum-Landwirte haben mit Schwerelosigkeit oder nährstoffarmen
Böden zu kämpfen. Wissenschaftler könnten nun einen Weg gefunden haben, wie sich
trotzdem Pflanzen anbauen lassen: Sie setzen auf die Symbiose von Pilzen und Pflanzenwurzeln und ein
spezielles Hormon.
Aufnahme der Mondoberfläche und der Erde,
aufgenommen von Apollo 8 am 24. Dezember 1968.
Bild: NASA [Großansicht] |
Nährstoffarme Böden und eine nahezu schwerelose Umgebung: Wie lassen sich auf
dem Mond oder auf anderen Planeten trotzdem Kartoffeln anpflanzen? Indem man das
Pflanzenhormon Strigolacton nutzt, zeigen Pflanzenbiologen der Universität
Zürich auf. Dieses fördert die Symbiose zwischen Pilzen und feinen Wurzeln und
unterstützt so das Pflanzenwachstum – selbst unter den erschwerten Bedingungen
im All.
Nicht nur die NASA, auch Unternehmer wie Jeff Bezos oder Elon Musk spielen
seit einiger Zeit mit dem Gedanken, in nicht allzu ferner Zukunft Kolonien auf
dem Mond oder auf anderen Planeten aufzubauen. Diese Visionen sowie zukünftige
Langzeit-Missionen in der bemannten Raumfahrt werfen die Frage auf, wie sich
Weltraum-Teams nachhaltig mit Lebensmitteln versorgen können.
Ein möglicher Ansatz besteht darin, Ackerbau vor Ort zu betreiben. Allerdings
sind die Böden auf dem Mond sowie auf anderen Planeten klar nährstoffärmer als
das Ackerland bei uns. Die Alternative – nährstoffreiche Erde sowie Dünger in
den Weltraum zu transportieren – ist ökologisch wie auch wirtschaftlich sehr
fragwürdig.
Auf der Suche nach einem möglichen Ausweg konzentrierte sich eine
Forschungsgruppe um Lorenzo Borghi von der Universität Zürich und Marcel Egli
von der Hochschule Luzern auf die sogenannte Mykorrhiza, eine Symbiose zwischen
Pilzen und feinen Pflanzenwurzeln. In dieser Lebensgemeinschaft versorgen
Pilzfäden die Pflanzenwurzeln mit zusätzlichem Wasser, Stickstoff, Phosphaten
sowie Spurenelementen aus dem Boden. Umgekehrt erhalten sie Zugang zu Zucker und
Fetten, die von der Pflanze gebildet werden.
Angeregt wird diese Symbiose durch Hormone der Strigolacton-Familie, welche
die meisten Pflanzen rund um den Wurzelbereich in den Boden ausscheiden. Die
Mykorrhizierung kann das Pflanzenwachstum massiv steigern und den Ernteertrag
damit substanziell verbessern – speziell in nährstoffarmen Böden. Im Weltall
müssen Kulturpflanzen jedoch nicht bloß mit nährstoffarmen Böden, sondern auch
mit Mikrogravität zurechtkommen, das heißt mit nahezu fehlender Schwerkraft. Um
den Einfluss einer solchen Umgebung auf das Pflanzenwachstum zu untersuchen,
haben die Wissenschaftler Petunien und Mykorrhiza-Pilze unter simulierter
Schwerelosigkeit kultiviert.
Petunien gelten als Modellorganismus für Nachtschattengewächse, zu denen zum
Beispiel auch Tomaten, Kartoffeln und Auberginen gehören. Die Experimente
zeigten, dass Mikrogravität die Mykorrhizierung behindert und so die
Nährstoffaufnahme der Petunien aus dem Boden reduziert. Das Pflanzenhormon
Strigolacton wirkt diesem negativen Effekt allerdings entgegen. Pflanzen mit
einer ausgeprägten Strigolacton-Ausschüttung und Pilze, welche die Forschenden
mit einem künstlichen Strigolacton-Hormon behandelten, konnten in nährstoffarmen
Böden trotz Mikrogravität gut gedeihen.
"Um Kulturpflanzen wie Tomaten und Kartoffeln trotz den schwierigen
Bedingungen im Weltall zum Wachsen zu bringen, müssen wir die Mykorrhiza-Bildung
fördern", fasst Forschungsleiter Borghi zusammen. "Über Strigolacton-Hormone
scheint dies zu gelingen. Unsere Erkenntnisse liefern so einen
vielversprechenden Ansatz, um mit Pflanzen, die wir auf der Erde kultivieren,
auch ertragreichen Ackerbau im Weltraum zu betreiben."
Die Ergebnisse werden in einem Fachartikel
in der Zeitschrift Nature Microgravity beschrieben.
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