Das ferne Glimmen des Universums
Redaktion
/ Pressemitteilung des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam astronews.com
2. Oktober 2018
Das ferne Universum glimmt im Licht des Wasserstoffs: Mit
dem MUSE-Spektrographen am Very Large Telescope der ESO wurden jetzt
riesige kosmische Reservoirs von atomarem Wasserstoff entdeckt, die ferne
Galaxien umgeben. Erstmals konnte man beobachteten, wie weit sich die
leuchtenden Wasserstoffwolken ins All erstrecken.
Beobachtungen mit dem MUSE-Spektrographen am
Very Large Telescope der ESO zeigen riesige
kosmische Reservoirs von atomarem Wasserstoff,
die ferne Galaxien umgeben.
Bild: ESA / Hubble & NASA, ESO / Lutz
Wisotzki et al. [Großansicht] |
Licht bewegt sich sehr schnell, aber mit einer endlichen
Geschwindigkeit. Licht, das von extrem weit entfernten Galaxien auf die Erde
trifft, stammt also aus der fernen Vergangenheit, als das Universum viele
Milliarden Jahre jünger war. Entsprechend lichtschwach sind die Signale von
diesen Galaxien und nur die weltweit größten Teleskope mit den besten Sensoren
können sie empfangen.
MUSE, das Beobachtungsinstrument der nun vorgestellten Beobachtungen, ist ein
hochmoderner Integralfeldspektrograph am Paranal-Observatorium der Europäischen Südsternwarte (ESO) in Chile und wurde durch das Leibniz-Institut
für Astrophysik Potsdam (AIP) mit entwickelt und gebaut. Wenn MUSE den Himmel
beobachtet, sieht es die Verteilung der Wellenlängen im Licht, die auf jedes
Pixel in seinem Detektoren treffen. Betrachtet man das gesamte Spektrum des
Lichts einer Vielzahl astronomischer Objekte, erhält man so tiefe Einblicke in
die astrophysikalischen Vorgänge im Universum.
Von besonderem Interesse für die Astrophysikerinnen und Astrophysiker ist das
von kosmischem Wasserstoff erzeugte Licht, die sogenannte
Lyman-Alpha-Spektrallinie. Anhand der Beobachtungen der Lyman-Alpha-Strahlung
ferner Galaxien mit MUSE konnte das Forscherteam nachweisen, dass der
Wasserstoff nicht nur wie erwartet innerhalb der Galaxien zu finden ist, sondern
dass diese auch von sehr weit ausgedehnten Wasserstoffhüllen umgeben sind.
Zwar ist die nachgewiesene Strahlung äußerst lichtschwach, aber dafür so weit
verteilt, dass praktisch in jeder Richtung am Himmel zumindest die Außenbereiche
der Wasserstoffhüllen sichtbar sind. "Zu erkennen, dass der ganze Himmel bei der
Beobachtung der Lyman-Alpha-Strahlung aus fernen Wasserstoffwolken optisch
leuchtet, war eine buchstäblich augenöffnende Überraschung", erklärt
AIP-Wissenschaftler und Teammitglied Dr. Kasper Borello Schmidt.
Die beobachtete Region ist ein ansonsten unauffälliges Gebiet im Sternbild
Chemischer Ofen (Fornax). Im Jahr 2004 wurde sie erstmals vom Hubble-Weltraumteleskop
durchmustert. Die damaligen Beobachtungen enthüllten Tausende von Galaxien, die
über einen dunklen Himmel verstreut sind und eine beeindruckende Sicht auf die
Weite des Universums geben. Dank MUSE war nun ein noch genauerer Blick in diese
Region möglich.
Die neue Untersuchung zeigt zum ersten Mal wie dieses "kosmische Glimmen" aus
den Gashüllen der frühesten Galaxien im Licht der Lyman-Alpha-Strahlung verteilt
ist. "Mit den MUSE-Beobachtungen erhalten wir eine völlig neue Sichtweise auf
die diffusen Gaskokons, die Galaxien im frühen Universum umgeben", kommentiert
Prof. Dr. Philipp Richter von der Universität Potsdam. Die spektakuläre
Entdeckung der Astronominnen und Astronomen zeigt, dass es solche
Wasserstoffwolken gibt und dass sie – wenn auch ungeheuer schwach – leuchten.
Die genauen physikalischen Prozesse, die zu der Emission dieser Strahlung
führen, sind aber nach wie vor nicht vollständig verstanden. Da sie jedoch, wie
das Team nun zeigen konnte, am Nachthimmel allgegenwärtig ist, werden zukünftige
Forschungen diese Mechanismen – im wahrsten Sinne des Wortes – erhellen. "Wir
planen in Zukunft die Durchführung erheblich empfindlicherer Messungen", so
Teamleiter Lutz Wisotzki vom AIP. "Wir wollen herausfinden, welche Rolle die
riesigen kosmischen Reservoirs atomaren Wasserstoffs im Weltraum für die
Entstehung und Entwicklung von Galaxien, auch unserer eigenen Milchstraße,
spielen."
Über ihre Untersuchung berichten die Astronomen in einem Fachartikel in der Zeitschrift
Nature.
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