Wo die Nachbarn der Sonne geboren wurden
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Leibniz-Instituts für Astrophysik astronews.com
13. September 2018
Wissenschaftlern ist es gelungen, die Geburtsorte von
Sternen in der Umgebung unserer Sonne zu ermitteln und damit eine entscheidende
Frage in Hinblick auf die Entstehungsgeschichte der Milchstraße zu beantworten.
Die Astronomen nutzten Daten des Spektrographen HARPS, der auch für die
Entdeckung von extrasolaren Planeten eingesetzt wird.
Mithilfe von präzisen Alters- und
Eisengehaltsmessungen können die Geburtsorte der
Sterne in der Umgebung der Sonne ermittelt
werden. Je heller die Punkte, desto älter die
Sterne.
Bild: I. Minchev (AIP)[Großansicht] |
Es ist seit langem bekannt, dass sich Sterne in Galaxienscheiben aufgrund
eines Phänomens, das als "radiale Wanderung" bekannt ist, von ihren Geburtsorten
entfernen. Die Bewegung wird von zahlreichen Faktoren beeinflusst; zum Beispiel
die Größe und Geschwindigkeit des galaktischen Balkens, die Anzahl und Form der
Spiralarme in der Galaxie und die Häufigkeit mit der kleinere Galaxien während
der letzten zehn Milliarden Jahre mit der Milchstraße kollidiert sind.
Die Astrophysikerinnen und Astrophysiker um Ivan Minchev vom Leibniz-Institut
für Astrophysik Potsdam (AIP) haben nun einen Weg entwickelt, die Herkunft der
Sterne in der Milchstraße unter Nutzung ihres Alters und der chemischen
Zusammensetzung als "archäologische Artefakte" zu rekonstruieren. Dabei
berücksichtigten sie, dass die Entstehung von Sternen in der Scheibengalaxie
allmählich nach außen fortschreitet.
Sterne, die an einer bestimmten Position zu einer bestimmten Zeit geboren
wurden, weisen eine ausgeprägte chemische Zusammensetzung auf. Wenn also das
Alter und die chemische Zusammensetzung (z. B. der Eisengehalt) eines Sterns
sehr genau gemessen werden kann, ist es möglich, direkt auf seinen Geburtsort in
der Galaxie zu schließen. Das Team verwendete eine Stichprobe von etwa 600
sonnennahen Sternen, die mit dem hochauflösenden Spektrographen HARPS am
3,6-m-Teleskop des ESO-La-Silla-Observatoriums in Chile beobachtet wurden.
Dank der sehr genauen Messungen ihres Alters und Eisengehalts stellten die
Wissenschaftler fest, dass diese Sterne verteilt über die gesamte galaktische
Scheibe geboren wurden, wobei die älteren mehr aus den zentralen Teilen stammen.
Die Methode lässt sich nun auf andere Sterne übertragen – beispielsweise unsere
Sonne. Angesichts ihres Alters von 4,6 Milliarden Jahren und ihres Eisengehalts,
geht Minchev davon aus, dass die Sonne bei ihrer Entstehung etwa 2.000
Lichtjahre näher am galaktischen Zentrum geboren wurde.
"Bereits die Kenntnis der Herkunftsorte dieser relativ kleinen Anzahl von
Sternen mit genauen Messungen enthüllt unschätzbare Informationen über die
Vergangenheit unserer Milchstraße", so Minchev. Mitarbeiter Friedrich Anders
ergänzt: "In naher Zukunft wird die Anwendung dieser Methode auf die extrem
hochwertigen Daten der Gaia-Mission und bodengestützte spektroskopische
Untersuchungen wesentlich genauere Messungen der Migrationshistorie und damit
der Geschichte der Milchstraße ermöglichen."
Über ihre Untersuchung berichten die Astronomen in einem Fachartikel, der
in der Zeitschrift Monthly Notices of the Royal Astronmical Society erscheinen
wird.
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