Riesige Wirbel auf der Sonne entdeckt
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung astronews.com
8. Mai 2018
Wissenschaftlern ist es gelungen, sogenannte Rossby-Wellen
auf der Sonne nachzuweisen, über deren Existenz vierzig Jahre lang spekuliert
worden war. Sie ähneln den Wellen, die man auch aus der Atmosphäre der Erde und
den Ozeanen kennt. Die Entdeckung gelang durch Auswertung von hochpräzisen
Beobachtungen, die sich über sechs Jahre erstreckten.
Entdeckung von Rossby-Wellen auf der Sonne.
Dies sind wirbelförmige Wellen, die sich
entgegengesetzt zur Rotationsrichtung der Sonne
bewegen. Ihre Amplitude ist in Äquatornähe am
größten.
Bild: MPS / NASA / HormesDesign [Großansicht] |
Ein Team von Wissenschaftlern unter Leitung des Max-Planck-Instituts für
Sonnensystemforschung (MPS) und der Georg-August-Universität Göttingen hat neue,
wirbelförmige Wellen auf der Sonne entdeckt. Wie die Forscher jetzt berichten,
breiten sich diese Rossby-Wellen entgegengesetzt zur Rotationsrichtung der Sonne
aus, haben Lebensdauern von mehreren Monaten und maximale Amplituden am Äquator
der Sonne. Vierzig Jahre lang hatten Wissenschaftler über die Existenz solcher
Wellen auf der Sonne spekuliert, die in jedem rotierenden, fluiden System
vorhanden sein sollten. Jetzt wurden sie erstmals eindeutig identifiziert und
charakterisiert. Die solaren Rossby-Wellen sind nahe Verwandte der Rossby-Wellen,
die auf der Erde in der Atmosphäre und den Ozeanen auftreten.
In fast jeder Wetterkarte der nördlichen Erdhemisphäre finden sich sogenannte
atmosphärische Rossby-Wellen als herausstechendes Merkmal. Sie erscheinen als
Mäander im Jetstream, der kalte Polarluft im Norden von wärmerer subtropischer
Luft weiter südlich trennt. Manchmal erreichen diese Wellen die äquatorialen
Regionen und können sogar das Wetter in Australien beeinflussen.
Im Prinzip entstehen Wellen dieser Art (oft als planetare Wellen bezeichnet)
auf jeder rotierenden Kugel aufgrund der Coriolis-Kraft. Das Saturn-Sechseck,
ein stabiles Wolkenmuster am Nordpol des Planeten, ist möglicherweise ebenfalls
Ausdruck dieses Wellenphänomens. Dass Rossby-Wellen auch auf Sternen auftreten,
wurde bereits vor etwa vierzig Jahren vorhergesagt. "Solare Rossby-Wellen haben
sehr kleine Amplituden und Perioden von mehreren Monaten, sodass sie extrem
schwer zu erkennen sind", erklärt Prof. Dr. Laurent Gizon, Leiter des
Forscherteams, dem die Entdeckung jetzt gelungen ist, und Geschäftsführender
Direktor des MPS. Die Studie erforderte deshalb mehrjährige, hochpräzise
Beobachtungen der Sonne.
Die Wissenschaftler vom MPS analysierten einen Datensatz des Instrumentes
Heliospheric and Magnetic Imager der NASA-Sonde Solar Dynamics
Observatory, der sechs Jahre überspannt. "Die HMI-Aufnahmen haben eine
ausreichend hohe räumliche Auflösung, um die Bewegung der Granulen auf der
sichtbaren Oberfläche der Sonne verfolgen zu können", sagt Dr. Björn Löptien vom
MPS. Bei den Granulen handelt es sich um vergleichsweise kleine
Konvektionszellen, die auf der Sonnenoberfläche etwa 1500 Kilometer groß sind.
In ihrer neuen Studie verwendeten die Forscher die Granulen als passive
Tracer: Ihre Bewegung zeigt die zugrunde liegenden, viel größeren
Wirbelströmungen auf, die mit den Rossby-Wellen verbunden sind. Zusätzlich
verwendeten die Forscher Methoden der Helioseismologie, um die Entdeckung zu
bestätigen und die Rossby-Wellen im Sonneninneren in Tiefen bis zu 20.000
Kilometern zu untersuchen. "Insgesamt finden wir auf der Sonne große
wirbelförmige Wellen, die sich entgegen der Rotation bewegen. Dass diese Wellen
nur in den äquatorialen Regionen zu sehen sind, ist völlig unerwartet", erklärt
Gizon.
Die Wellenmuster sind über mehrere Monate stabil. Die Forscher konnten
erstmals den Zusammenhang zwischen Frequenz und Wellenlänge der Wellen bestimmen
und sie so eindeutig als Rossby-Wellen identifizieren. "Solare Rossby-Wellen
sind gigantisch, ihre Wellenlängen vergleichbar mit dem Sonnenradius", erläutert
Gizon. Sie sind ein wesentlicher Bestandteil der inneren Dynamik der Sonne, da
sie zur Hälfte der kinetischen Energie der Sonne beitragen.
Über ihre Beobachtungen berichten die Astronomen in einem Fachartikel, der in
der Zeitschrift Nature Astronomy erschienen ist.
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