Tornados in der Magnetopause
Redaktion
/ Pressemitteilung des Instituts für Weltraumforschung der ÖAW astronews.com
20. November 2017
Wie kann es Partikeln des Sonnenwinds gelingen, durch die
magnetische Schutzhülle der Erde zu schlüpfen? Unter anderem dieser Frage geht
die Mission Magnetospheric MultiScale der NASA nach. Von besonderem
Interesse ist dabei die Grenzregion der Magnetosphäre. Daten und Simulationen
zeigen nun, dass hier Wellen und Tornados entstehen, die den Sonnenwind in die
Magnetosphäre lenken.
Mithilfe von Daten der MMS-Sonden und von
Simulationen konnten Forscher zeigen, wie Wellen
in der Magnetopause dafür sorgen, dass Elektronen
des Sonnenwinds in die irdische Magnetosphäre
gelangen.
Bild: IWF/ÖAW [Großansicht] |
Der interplanetare Raum in unserem Sonnensystem ist ein gefährlicher Ort. Energiereiche geladene Teilchen, die ständig umherschwirren, können Satelliten beschädigen und Astronauten gefährden. Die Erde ist zum Glück von einer schützenden magnetischen Blase umgeben. Diese sogenannte Magnetosphäre lenkt den Großteil der schädlichen Teilchen ab. Trotzdem schlüpfen manche durch diese Schutzhülle hindurch.
Die NASA-Mission Magnetospheric MultiScale (MMS) besteht aus vier identischen Satelliten, die in der Formation einer Pyramide fliegen, um die magnetische Umgebung unserer Erde dreidimensional abzubilden. Erforscht wurden die Ursachen und Folgen der sogenannten
"magnetischen Rekonnexion". "Wir wollten dieses explosive Ereignis, bei dem sich Magnetfeldlinien kreuzen und Elektronen aus dem Sonnenwind in die Magnetosphäre geschleudert werden, besser verstehen", schildert Takuma Nakamura
vom Grazer Instituts für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der
Wissenschaften.
Zwischen der Magnetosphäre und dem Sonnenwind befindet sich eine Grenzschicht. Wenn sich das Plasma innerhalb und außerhalb dieser sogenannten Magnetopause unterschiedlich schnell bewegt, entstehen entlang der zuvor ebenmäßigen Grenzschicht riesige Wirbel, die brechenden Ozeanwellen gleichen. Darüber hinaus wird die verwirbelte Grenzschicht zusammengequetscht und durch magnetische Rekonnexion bilden sich kleine Tornados, die den Elektronen den Weg vom Sonnenwind in die Magnetosphäre öffnen.
Das Team hat die MMS-Daten mit neuartigen Computersimulationen kombiniert, um diese Mikrophysik erstmals zu untersuchen.
"Wir konnten zeigen, dass diese Tornados, die über 200 Kilometer lang und
100-150 Kilometer breit waren, sehr erfolgreich Elektronen einschleusen", erklärt Nakamura.
"Unsere Ergebnisse tragen entscheidend dazu bei, besser zu verstehen, wie der
Sonnenwind in die Erdmagnetosphäre eindringen und die Satellitenkommunikation
stören kann. Sie sind auch wichtig, um die Magnetosphären anderer Planeten und
die magnetische Umgebung unserer Sonne zu erforschen."
Über ihre Ergebnisse berichten die Forscher in einem Fachartikel, der in
der Zeitschrift Nature Communications erschienen ist.
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