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Die deutschsprachigen Astronomen treffen sich in dieser Woche in Göttingen zu ihrer jährlichen Herbsttagung. Die renommierte Karl-Schwarzschild-Medaille wurde zu Beginn der Tagung an den Radioastronomen Prof. Dr. Richard Wielebinski verliehen. Am Nachtmittag stellten die Astronomen dann ihre Vision für die Astronomie in Deutschland in den Jahren 2017 bis 2030 vor.
Über 400 Astronomen aus dem In- und Ausland treffen sich in dieser Woche in Göttingen zur 90. Jahrestagung der Astronomischen Gesellschaft (AG). Das jeweilige Motto dieser kurz als "AG-Tagung" bezeichneten Treffen ist in der Regel so gewählt, dass sich damit praktisch alle relevanten astronomischen Forschungsbereiche irgendwie unterbringen lassen und es gleichzeitig auch die Forschungsschwerpunkte des gastgebenden Instituts widerspiegelt. In diesem Jahr lautet es "The many Scales of the Universe: Galaxies, their Suns, and their Planets". Ausrichter sind das Astronomie-Institut der Universität Göttingen und das Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung. Traditionell beginnen die Tagungen der AG mit der Verleihung der höchsten Auszeichnung, die die Astronomie im deutschsprachigen Raum zu vergeben hat: die Karl-Schwarzschild-Medaille. Der Preisträger in diesem Jahr ist Prof. Dr. Richard Wielebinski vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) in Bonn. Er gilt als einer der Pioniere der Radioastronomie in Deutschland. "Mit seinen Forschungsarbeiten über Pulsare, das Radiokontinuum und vor allem im Bereich galaktischer und intergalaktischer Magnetfelder leistete Prof. Dr. Wielebinski hervorragende Beiträge, die wesentlich zu unserem Verständnis der physikalischen Eigenschaften verschiedenster Objekte und Strukturen im Universum beigetragen haben", so der Präsident der Astronomischen Gesellschaft, Prof. Dr. Matthias Steinmetz. "Man darf nicht vergessen, dass die Radioastronomie noch in den ersten Jahren seiner aktiven wissenschaftlichen Karriere das einzige weitere Beobachtungsfenster ins All neben der klassischen optischen Astronomie war. Von der heutigen Multifrequenzastronomie war man damals noch weit entfernt", so Steinmetz weiter.
Ein Schwerpunkt der Tagungen der Astronomischen Gesellschaft ist traditionell die Förderung der jungen Astronomengeneration, so dass am Dienstagmorgen auch mehrere Preise an junge Wissenschaftler verliehen wurden. Der Ludwig-Biermann-Förderpreis für herausragende Nachwuchsforscher ging an Dr. Diederik Kruijssen vom Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg (ZAH). Der Preisträger überzeugte die Gutachter durch seine fundamentalen und herausragenden Arbeiten zur Entstehung von Sternen und Sternhaufen, die insbesondere in Forschungen zur Galaxienentwicklung breite Anwendung finden. Mit dem Doktorandenpreis für die beste Promotion wurde Dr. Philipp Grete ausgezeichnet, der inzwischen an der Michigan State University arbeitet. Der Sonderpreis für den besten astronomischen Beitrag des Wettbewerbs "Jugend forscht" ging an Maximilian Marienhagen, Toni Ringling und Aaron Wild aus Erfurt. Sie waren zudem Jugend-forscht-Bundessieger in Geo- und Raumwissenschaften und hatten sich mit einem sehr modernen Thema befasst: der Gravitationswellenforschung. Weiterhin ehrte die AG den langjährigen Direktor des Stuttgarter Planetariums, Prof. Dr. Hans-Ulrich Keller, mit dem Bruno-H.-Bürgel Preis für sein hervorragendes Engagement im Bereich der astronomischen Öffentlichkeitsarbeit. Michael Winkhaus vom Carl-Fuhlrott-Gymnasium in Wuppertal wurde für sein Engagement, Schülerinnen und Schüler für Wissenschaft zu begeistern, mit dem Hanno und Ruth Roelin-Preis für Wissenschaftspublizistik geehrt. Eine Besonderheit am Nachmittag des ersten Konferenztages war die Vorstellung der Denkschrift 2017 "Perspektiven der Astrophysik in Deutschland 2017-2030 – Von den Anfängen des Kosmos bis zu Lebensspuren auf extrasolaren Planeten". Der Rat Deutscher Sternwarten als Vertretung der wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen in der AG präsentiert darin den Stand der astrophysikalischen Forschung in Deutschland und gibt Handlungsempfehlungen für das kommende Jahrzehnt. Mit konkreten Forderungen halten sich die Astronomen dabei zurück, geben aber Empfehlungen für die Zukunft. So halten sie eine Beteiligung der deutschen Astronomie an den wesentlichen internationalen Infrastrukturen, dem Extremely Large Telescope und den weiteren Einrichtungen der europäischen Südsternwarte ESO in Chile und dem European Solar Telescope auf Teneriffa für erforderlich und sprechen sich zudem für ein starkes Engagement Deutschlands in der Weltraumforschung aus. Besondere Erwähnung findet dabei das Square Kilometre Array in Südafrika und Australien, dessen Beteiligung Deutschlands zum Entsetzen der Radioastronomen vom Forschungsministerium gekündigt worden war. Inzwischen besteht Hoffnung, zumindest eine assoziierte Mitgliedschaft erreichen zu können. Bei der Vorstellung der Denkschrift wurde zudem auf die Unterfinanzierung des deutschen Raumfahrtprogramms hingewiesen: So würde Deutschland zwar einen beträchtlichen Beitrag zum ESA-Haushalt leisten und damit zahlreiche europäische Raumfahrtmissionen finanzieren, die Instrumente der ESA-Sonden müssten aber aus nationalen Mitteln zusätzlich finanziert werden und hier würde immer wieder das Geld fehlen. Eine Erhöhung der Mittel des nationalen Programms um 10 bis 20 Prozent wurde als dringend notwendig angesehen, wird aber so konkret in der Denkschrift dann doch nicht gefordert. Außerdem wurde auf die Situation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Astronomie eingegangen: Gerade bei langfristigen Raumfahrtprojekten wäre oft nur der Abschluss von Zeitverträgen möglich, die aber nicht beliebig verlängert werden können. Manchmal würde Expertise verlorengehen, da der betreffende Mitarbeiter oder die betreffende Mitarbeiterin nicht mehr länger beschäftigt werden darf. Auch im akademischen Mittelbau würde häufig eine berufliche Perspektive fehlen. Nach dem ersten Tag mit den Preisverleihungen und der Vorstellung der Denkschrift sind die kommenden Tage geprägt von Vorträgen zu aktuellen Themen. Natürlich gibt es auch in Göttingen wieder die sogenannten Splinter-Treffen. Sie bieten den Rahmen für Vorträge zu spezielleren Themen. Sie sind vielfach auch ein Forum für junge Astronomen, die mit ihren Diplom- und Doktorarbeiten zum ersten Mal vor ein größeres Fachpublikum treten und so Erfahrungen im Präsentieren von wissenschaftlichen Ergebnissen sammeln können. Die Astronomische Gesellschaft wurde 1863 in Heidelberg gegründet und war bis nach dem Ersten Weltkrieg die einzige größere internationale astronomische Vereinigung. Diese Rolle übernahm später die Internationale Astronomische Union (IAU). Heute ist die AG ein Zusammenschluss von Astronomen aus den deutschsprachigen Ländern und setzt sich verstärkt für die Förderung jüngerer Wissenschaftler, für die Vernetzung von Astronomen, die Ausbildung von Lehrern und die Öffentlichkeitsarbeit ein. Von der AG-Tagung berichten astronews.com und andere Teilnehmer auch wieder bei Twitter. Der Hashtag ist #ag2017geo. astronews.com kann man bei Twitter unter @astronews folgen. Die Astronomische Gesellschaft selbst als @GermanAstroSoc bei Twitter aktiv.
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