Australien ist neuer ESO-Partner
von Stefan Deiters astronews.com
12. Juli 2017
Die europäische Südsternwarte ESO hat einen neuen Partner:
Gestern wurde in Canberra eine entsprechende Vereinbarung unterzeichnet, nach
der sich Australien für zehn Jahre finanziell an den Programmen der ESO
beteiligt und dafür Zugang zu den Teleskopen der Organisation in Chile erhält.
Die Partnerschaft könnte anschließend in eine Mitgliedschaft übergehen.

Das nächste Großprojekt der ESO: der Bau des
Extremely Large Telescope mit einem
Spiegeldurchmesser von 39 Metern.
Bild: ESO/L. Calçada/ACe Consortium [Großansicht] |
Die "Europäischen Organisation für astronomische Forschung in der
südlichen Hemisphäre" war nie ein wirklich rein europäisches Unternehmen -
genauso wenig, wie alle europäischen Länder auch Mitglieder der ESO waren und
sind. Mit
dem südamerikanischen Land Chile besteht von Beginn an eine sehr enge
Zusammenarbeit, die chilenischen Wissenschaftlern Zugang zu den Einrichtungen
der ESO gewährt - schließlich befinden sich in diesem Land auch die Observatorien der
"Südsternwarte". Brasilien zählt inzwischen zu den ESO-Mitgliedsstaaten,
obwohl der Ratifizierungsprozess hier noch nicht abgeschlossen ist.
Im Mai 2017 hat die australische Regierung angekündigt, mit der ESO über
einen besseren Zugang für australische Wissenschaftler zu den Observatorien der
ESO verhandeln zu wollen. Gestern wurde in Canberra eine entsprechende
Partnerschafts-Vereinbarung unterzeichnet, die Australien verpflichtet, in den
kommenden zehn Jahren finanzielle Beiträge zum ESO-Haushalt zu leisten. Als
Gegenleistung erhalten australische Astronomen Zugang zu ESO-Teleskopen und
australische Unternehmen werden bei Ausschreibungen praktisch wie Unternehmen
eines ESO-Mitgliedslandes behandelt. Nach zehn Jahren soll es für Australien
dann die Möglichkeit geben, Mitglied der ESO zu werden.
"Wir unterzeichnen heute eine strategische Vereinbarung, die australischen
Astronomen - sowie technischen Instituten und bestimmten Industriezweigen -
Zugang zum La Silla-Paranal-Observatorium gewähren wird", betonte
ESO-Generaldirektor Tim de Zeeuw in Canberra. "Eine Partnerschaft zwischen
Australien und der ESO war für mich seit mehr als 20 Jahren ein Ziel, und ich
bin hocherfreut, dass sie jetzt Realität wird."
Besonders interessant für die ESO dürften dabei die Kenntnisse Australiens im
Bereich des Instrumentenbaus, der Glasfasertechnologie und der adaptiven Optik
sein. "Australiens Beiträge im Rahmen dieser Partnerschaft werden ein Gewinn für
die ESO sein", so de Zeeuw. "Der Zugang zu ESO-Einrichtungen wird für
australische Astronomen die Grundlage für zahlreiche Entdeckungen und die
Entwicklung der nächsten Generation an Hightech-Instrumenten bilden, die der
Wissenschaft und Technologie auf der ganzen Welt zugutekommen wird. Ich glaube,
das ist auch ein wichtiger Schritt zu einer Vollmitgliedschaft in der ESO zu
gegebener Zeit."
Die ESO ist seit Mitte der 1960er Jahre in Chile aktiv: Das erste
Teleskop hatte einen Spiegeldurchmesser von einem Meter und machte 1966 auf dem
Berg Cinchado Nord die ersten Beobachtungen. In den folgenden Jahren wurden hier
noch weitere Teleskope gebaut und der Standort unter dem Namen "La Silla"
weltbekannt. Auf einem anderen chilenischen Berggipfel, dem Paranal, entstanden
dann in den 1990er Jahren die Teleskope des Very Large Telecope (VLT).
Außer dem VLT und den VLT-Hilfsteleskopen beherbergt der Berggipfel inzwischen
mit VISTA und dem VST auch zwei Teleskope, die speziell für großflächige
Himmelsdurchmusterungen ausgelegt sind.
Zusammen mit Partnern aus Nordamerika und Asien ist die ESO zudem noch an
einem dritten Standort aktiv: In der Atacama-Wüste entstand der
Radioteleskopverbund ALMA, das Atacama Millimeter/submillimeter Array. Auf dem Cerro Armazones schließlich,
ganz in der Nähe des Paranal-Observatoriums, entsteht gerade das Extremly Large Telescope -
ein gewaltiges Instrument mit einem Spiegeldurchmesser von rund 39 Metern. Es wird einmal das größte optische Teleskop der Welt sein und soll zu
Beginn des nächsten Jahrzehnts erste Beobachtungen machen.
Die ESO hat momentan 16 Mitgliedsstaaten: Belgien, Brasilien, Dänemark,
Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Italien, die Niederlande,
Österreich, Polen, Portugal, Spanien, Schweden, die Schweiz und die Tschechische
Republik.
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