Weltraumtaugliche Laser für Umweltsatelliten
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Fraunhofer-Institut für Lasertechnik astronews.com
4. Mai 2017
Die Rolle von Methan als Treibhausgas ist nicht zu
unterschätzen: Im Rahmen der deutsch-französischen Mission MERLIN soll ein
Satellit ab 2021 das Methan in der Erdatmosphäre erfassen. Kernstück dabei ist
ein Lasersystem, das auch bei Nacht Messungen durchführen kann. Es basiert auf
einer neu entwickelten Plattform, die auch auf anderen Satelliten zum Einsatz
kommen kann.

Künstlerische Darstellung des Satelliten
MERLIN.
Bild: CNES/David Ducros [Großansicht] |
2021 soll der deutsch-französische Satellit MERLIN zur Erforschung von
Methan-Emissionen auf der Erde gestartet werden. Mit an Bord ist ein
Lasersystem, das auch unter extremen Bedingungen präzise arbeitet. Die
Technologie dafür wird am Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT in Aachen
entwickelt und im Juni auch auf der Messe LASER World of Photonics 2017 in
München vorgestellt.
Methan wird als Klimagas noch nicht so viel diskutiert wie Kohlendioxid, bei
der Erderwärmung ist es aber pro Molekül 25-mal wirksamer. Kohlendioxid kommt
jedoch in der Atmosphäre etwa 200-mal häufiger vor und ist damit absolut
wirksamer. Seit 2007 steigt die Methankonzentration in der Atmosphäre schnell
an, ohne dass die Ursachen für das Phänomen wirklich klar wären.
Vor diesem Hintergrund wurde 2010 das deutsch-französische MERLIN-Projekt
beschlossen (astronews.com berichtete). Der Kleinsatellit MERLIN (Methane Remote
Sensing LIDAR-Mission) soll 2021 starten und das Methan in der Erdatmosphäre
kartieren. Die Wissenschaftler wollen so verstehen, in welchen Regionen Methan
in die Atmosphäre eingebracht wird und wo es abgebaut wird.
Kernstück des Satelliten ist ein Licht-Radar (LIDAR), das Lichtpulse in die
Atmosphäre schickt und aus dem vom Erdboden zurückgestreuten Licht die
Methankonzentration bestimmt. Bislang wurde für Methanmessungen mittels
optischen Spektrometern die Sonnenstrahlung benötigt. Mit dem MERLIN-LIDAR
können die Werte aber auch auf der Nachtseite der Erde gemessen werden. Außerdem
sind nun auch Messungen in kleinräumigen Wolkenlücken möglich.
Die Anforderungen an den Laser für die MERLIN-Mission sind extrem: Das System
muss Schocks sowie Vibrationen genauso aushalten wie thermische Wechsellasten
von -30 Grad bis +50 Grad Celsius. Außerdem sollen organische Materialien wie
Klebstoffe möglichst vollständig vermieden werden, um nicht die Umgebungsluft
und damit die hochreinen Spiegelflächen zu verunreinigen. Und alles muss nach
dem Start für die Missionsdauer von drei Jahren störungsfrei funktionieren.
Für Partner wie DLR und ESA entwickelt das Fraunhofer ILT seit Jahren
Technologien für solche weltraumtauglichen Laser. Einzelne Systeme sind schon
geflogen, aber jetzt haben die Experten mit FULAS (für Future Laser System),
eine neue Technologieplattform für Lasersysteme geschaffen. Diese lässt sich auf
unterschiedliche Laserstrahleigenschaften und Missionen anpassen. Die
FULAS-High-Power-Sektion wurde 2016 fertiggestellt. Das System hat erste
Thermalvakuumtests unter realistischen MERLIN-Bedingungen bereits bestanden.
Für die FULAS-Plattform entwickeln die Experten nicht nur raumfahrttaugliche
Komponenten, sondern auch eine ganz eigene Aufbautechnologie: Bei den opto-mechanischen
Komponenten werden alle wesentlichen Justierschritte mit manuell geführten
Robotern mit Hilfe des sogenannten "Pick & Align-Verfahrens" durchgeführt. Damit
ist das Verfahren grundsätzlich automatisierbar und somit auch für andere
Branchen interessant.
Auch der LIDAR-Laser für MERLIN baut auf der FULAS-Plattform auf. Auf und
unter einer speziellen optischen Bank sind Laser-Oszillator, -Verstärker und
Frequenzkonverter befestigt. Mit dem Pick & Align-Verfahren sind die optischen
Komponenten justiert und verlötet. Die Parameter im Detail sind eine
Herausforderung: Für den LIDAR-Betrieb soll das Lasersystem 9 mJ-Doppelpulse bei
zwei Wellenlängen um 1645 nm im Einzelfrequenz-Betrieb liefern, wobei einer der
Pulse spektral stets exakt auf eine charakteristische Methanabsorptionslinie
eingestellt wird. Genutzt wird dafür ein maßgeschneiderter Aufbau aus einem
Oszillator mit aktiver Längenregelung sowie dem mehrfach preisgekrönten InnoSlab-Verstärker
bei einer Wellenlänge von 1064 nm und einem längengeregelten Frequenzkonverter
mit zwei KTP-Kristallen.
Als MERLIN-Vorläufer ist das LIDAR-System der CHARM-F-Mission schon 2015 mit
dem Forschungsflugzeug HALO geflogen. Damals hatte noch das DLR-Institut für
Physik der Atmosphäre die Frequenzkonvertierung für das LIDAR integriert. Für
MERLIN wurden ausgehend von der Technologieplattform FULAS Halterungs- und
Justagekonzepte für einen optimierten Frequenzkonverter entwickelt und bereits
erfolgreich umgesetzt. Die Robustheit des kompletten Frequenzkonverter-Aufbaus
konnte in MERLIN-Temperaturtests nachgewiesen werden.
Nachdem im vergangenen Jahr der PDR-Status (Preliminary Design Review)
erreicht wurde, wird aktuell der CDR-Status (Critical Design Status) erarbeitet
und der Bau eines EQM (Engineering Qualification Model) vorbereitet. Dieses
Modell soll später umfangreichen Tests unterzogen werden und somit die
Tauglichkeit für den Einsatz im Weltraum nachweisen. Mit den daraus gewonnenen
Erkenntnissen wird dann das endgültige Flugmodell gebaut.
Die grundsätzlichen Laserparameter wurden jedoch bereits an einem Labormodell
nachgewiesen, das auf Standardkomponenten basiert. Der Betrieb des
MERLIN-Systems im All ist in etwa 3 Jahren geplant, die Fertigungstechnologien
und die Testprozeduren sind schon jetzt etabliert und können für weitere
flugtaugliche Systeme genutzt werden.
Und wie so oft in der Raumfahrt ergeben sich interessante Synergien für
andere Anwendungen: Eine automatisierte Justierung optischer Komponenten zum
Beispiel ist für die Fertigung von Laserquellen an der Tagesordnung.
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