Neues Jahr beginnt mit Zusatzsekunde
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt astronews.com
29. Dezember 2016
Das Jahr 2017 beginnt in Mitteleuropa mit einer zusätzlichen
Sekunde, in anderen Zeitzonen wird das von vielen so geliebte Jahr 2016 noch
eine Sekunde länger. Grund für diese Schaltsekunde ist die unregelmäßige Drehung
der Erde. Zuletzt wurde vor eineinhalb Jahren eine Sekunde in die koordinierte
Weltzeit eingefügt. Es ist die 27. Schaltsekunde seit 1972.
36 Sekunden Zeitunterschied: links (TAI) ohne
Schaltsekunden und rechts (UTC) mit
Berücksichtigung der Schaltsekunden.
Foto: PTB [Großansicht] |
Nur eineinhalb Jahre nach der letzten Schaltsekunde ist es wieder soweit: In
der Nacht zum 1. Januar 2017 wird es eine Extra-Sekunde geben. Diese wird in die
koordinierte Weltzeit UTC und unsere gesetzliche Zeit eingefügt. Die
Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) folgt der Vorgabe des
Internationalen Erd-Rotations-Service (IERS) in Paris und fügt die Schaltsekunde
in die Signale ihrer Zeitdienste ein: in die DCF77-Zeitaussendung für Funkuhren,
den Telefonzeitdienst und den Internetzeitdienst über NTP. Nötig ist diese
Maßnahme, weil die Atomuhren gleichmäßiger "ticken", als sich die Erde dreht.
Solange Menschen Uhren bauen, suchen sie nach möglichst stabilen,
periodischen Vorgängen als Taktgeber: Schwingungen von Pendeln, in
Quarzkristallen und schließlich in Atomen. Seit 1967 ist die Dauer einer Sekunde
definiert über exakt 9.192.631.770 Schwingungen eines Mikrowellensignals,
welches Cäsiumatome in einer Atomuhr anregt. Hinter der Festlegung dieses
Zahlenwerts steckt immer noch die Dauer des mittleren Sonnentages, also die
Rotationsperiode der Erde, des klassischen Taktgebers unseres Lebens.
Aus astronomischen Beobachtungen weiß man schon seit Langem, dass die Erde
leicht ungleichmäßig rotiert und ganz allmählich langsamer wird. Die Reibung der
Gezeiten sorgt für ein stetiges Abbremsen der Erde. Die Lage der Rotationsachse
im Erdkörper verändert sich – und zusätzlich können Erdbeben, das Schmelzen der
Gletscher und die Massenverteilung in der Atmosphäre im Lauf der Jahreszeiten
die Drehgeschwindigkeit der Erde verändern. Atomuhren dagegen laufen mit hoher
Präzision gleichförmig, und eine reine Atomzeitskala würde im Lauf der Zeit
immer mehr von einer aus der Erdrotation abgeleiteten Zeitskala abweichen.
Bereits im Jahr 1972 hinkte die aus der Drehung der Erde abgeleitete Weltzeit
der Atomzeit aus den Cäsium-Uhren um 10 Sekunden hinterher. Bis dahin hatte man
Anpassungen in kleinen Schritten und zudem nicht weltweit auf die gleiche Weise
vorgenommen. Dann entschloss man sich, fortan eine Atomzeitskala mit
Schaltsekunden als weltweite Referenzzeit zu verwenden. Die Uhrzeit wird so
näherungsweise im Einklang mit der Erdrotation, also der Weltzeit, gehalten,
immer innerhalb von 0,9 Sekunden. Seitdem machen Schaltsekunden aus der Atomzeit
die "koordinierte Weltzeit" UTC.
Wie unregelmäßig schnell sich die Erde dreht, sieht man daran, dass z. B.
zwischen 1999 und 2006 sieben Jahre vergingen, bevor eine zusätzliche
Schaltsekunde nötig wurde. Aktuell sind es nur eineinhalb Jahre. Die aktuelle
Tageslänge wird aus der Winkelstellung der Erde im Raum ermittelt: mit Bezug auf
Quasare mithilfe von Radioteleskopen und mit Bezug auf die Satelliten des
GPS-Navigationssystems.
Nun hat der Internationale Erd-Rotations-Service (IERS), der diese Messungen
sammelt und auswertet, die 27. Schaltsekunde seit dem 1. Januar 1972 angeordnet. Sie
wird weltweit zum selben Zeitpunkt eingefügt: am 31. Dezember 2016 nach 23:59:59
koordinierter Weltzeit, in unserer gesetzlichen Zeit also am 1. Januar 2017 nach
00:59:59. Uhren, die in Übereinstimmung mit der gesetzlichen Zeit gehalten
werden sollen, müssen dann um eine Sekunde angehalten werden.
Besitzer von Funkuhren brauchen sich um nichts zu kümmern. Das Programm des
Langwellensenders DCF77 in Mainflingen, über den die PTB die Zeitsignale
aussendet, wurde bereits für die Einführung der Schaltsekunde vorbereitet. Für
den normalen Alltag erscheint die Schaltsekunde nicht wirklich relevant. Anders
ist das in der Astronomie oder bei der Satellitennavigation, wo die Ausrichtung
der Erde im Raum in Abhängigkeit von der Atomzeit bekannt sein muss.
Aus anderen Bereichen ist es dokumentiert, dass die Einfügung der
Schaltsekunde auch Probleme bereitet hat: in Betriebssystemen von Computern und
speziell bei der Erzeugung von eindeutigen Zeitstempeln in Netzwerken. Wollte
man die Wahrscheinlichkeit für solche Fehler verringern, so fordern Kritiker,
müsse die Schaltsekunde eigentlich abgeschafft werden. Seit Jahren wird nun
schon das Für und Wider von Schaltsekunden diskutiert. Das Jahr 2017 beginnt
jedenfalls mit einer zusätzlichen Sekunde - zum Feiern oder zum Fassen guter
Vorsätze.
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