Die letzten Tage der Kometensonde
Redaktion
/ Pressemitteilung des DLR astronews.com
27. September 2016
Das Ende der europäischen Kometen-Mission Rosetta
steht bevor: Am Freitag soll die Sonde, die während der vergangenen zweieinhalb
Jahre Menschen auf der ganzen Welt fasziniert hat, möglichst sanft auf der
Oberfläche des Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko aufschlagen. Das Team will
versuchen, bis zum Schluss Daten zu sammeln.
Rosetta soll Freitag möglichst sanft auf dem
Kometen 67P aufsetzen.
Bild: ESA/ATG medialab [Großansicht] |
Seit seiner erfolgreichen Landung am 12. November 2014 steht Lander
Philae auf der Oberfläche des Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko. Nicht an
der gemütlichen Stelle, die für seine Landung ausgewählt worden war, sondern
nach drei Hüpfern dort, wo es rauh und schattig ist. Nun erhält der Lander auf
dem Kometen allerdings Gesellschaft: Die Raumsonde Rosetta, die bisher
um den Kometen kreiste, wird am 30. September 2016 ebenfalls auf
Churyumov-Gerasimenko abgesetzt.
Auch wenn die vierte Landung keine Landung im wörtlichen Sinne, sondern
vielmehr ein sanfter Impakt ist - Orbiter und Lander werden dann wieder vereint
auf dem Kometen um die Sonne reisen. "Natürlich ist es in gewisser Weise ein
sentimentaler Anlass, wenn eine Mission, an der man über zwei Jahrzehnte
gearbeitet hat, mit so einem Impakt endgültig zu Ende geht", sagt Philae-Projektleiter
Dr. Stephan Ulamec vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).
"Andererseits haben wir so viele Daten gewonnen, dass man auch nicht traurig
sein sollte."
Der letzte Kontakt zu Philae fand am 9. Juli 2015 statt, für
Rosetta wird die Kommunikation mit dem Aufschlagen auf dem Kometen enden.
Doch zuvor wollen die Wissenschaftler möglichst langsam in Richtung
Kometenoberfläche absinken, um währenddessen die letzten Messungen durchzuführen
und die letzten Fotos aufzunehmen. Rosetta soll in der Ma’at-Region -
ebenfalls auf dem Kopf des "entenförmigen" Kometen - ihre Reise beenden. "Ein
besonders aktives Gebiet, mit Löchern, aus denen Gas und Staub ins All
geschleudert wird", erläutert DLR-Wissenschaftler Stephan Ulamec.
Vor über zwei Jahren, als Philae sich zur ersten Kometen-Landung
überhaupt von der Rosetta-Sonde trennte, wäre exakt so ein Gebiet nicht
erwünscht gewesen. "Wir wollten ja möglichst zielgenau an einem recht sicheren
Ort landen". Dass es dann doch anders kam, weil die Harpunen des Landers diesen
beim ersten Bodenkontakt nicht verankerten, war nicht geplant. Dennoch arbeitete
das Team des DLR-Kontrollzentrums mit Philae - und konnten so 55
Stunden lang an dem unvorhergesehenen Standort wissenschaftliche Daten gewinnen.
Erstmals wurde direkt auf einer Kometenoberfläche geschnüffelt, gehämmert,
gebohrt und fotografiert.
"Bei Rosetta ist aber vielmehr der Weg das Ziel", beschreibt der
Philae-Projektleiter. Mehrere Instrumente sind nämlich während seines
Abstiegs eingeschaltet - die Kunst ist es jedoch, rechtzeitig die letzten
gewonnenen Daten vor dem Aufprall zur Erde hinunterzuladen. Noch rund 15
Sekunden vor dem Aufschlag - und damit dem Verlust der Kommunikation - soll das
letzte Foto aufgenommen und zur Erde gesendet werden.
Philae hatte im November 2014 seine Daten bis zur letzten
Lebenssekunde seiner aufgeladenen Batterie gesendet und war dann bis zum
Wiederaufladen mit Sonnenenergie in Winterschlaf gefallen. Bei seinen späteren
Kontakten zum Bodenteam konnten nur wenige Daten empfangen werden.
Wahrscheinlich wurden Philaes Sender durch die niedrigen Temperaturen
in Mitleidenschaft gezogen, dies könnte die Ursache für die unregelmäßigen
Kontakte und das anschließende Schweigen sein. Bei Rosetta hoffen alle,
dass der Kontakt nicht frühzeitig abbricht und so wertvolle Daten nicht mehr
gesendet werden könnten.
Allein die Analyse der bisher gewonnenen Daten der ESA-Mission Rosetta
wird die Wissenschaftler noch viele Jahre beschäftigen. "Die Resultate werden
unser Bild von Kometen über viele Jahre prägen und unser Verständnis zur
Entstehung des Sonnensystems und zu den Ursprüngen des Lebens vertiefen", ist
sich Ulamec sicher.
Der Abschied von Rosetta wird ein langsamer sein: Seit dem 26.
September 2016 sind die letzten dichten Überflüge beendet, und die Sonde wird
auf ihren Abstieg vorbereitet. Fast 720 Millionen Kilometer wird Komet
Churyumov-Gerasimenko von der Erde entfernt sein, wenn Rosetta gemächlich in
Schrittgeschwindigkeit auf die Kometenoberfläche zufliegt. Gegen 13.20 Uhr MESZ
(mit einer Toleranz von plus/minus 20 Minuten) wird auf der Erde das Signal von
Rosetta ausbleiben. Der Aufprall auf dem Kometen ist dann bereits
Geschichte, denn das letzte Signal der Sonde hat eine Laufzeit von rund 40
Minuten.
Mit Rosettas Aufprall am 30. September 2016 findet eine Mission ihr
Ende, die am 2. März 2004 ins All startete, deren Idee und Entwicklungszeit aber
noch viel weiter zurückreichen. "Es ist wichtig, nun mehr über die kleinen
Körper im Sonnensystem - also über Kometen und Asteroiden - zu lernen", sagt
Ulamec. "Ohne Nachfolgemissionen würde die weltweit einzigartige Kompetenz zum
Bau und Betrieb von Sonden wie Rosetta oder Lander wie Philae
wieder verloren gehen."
Zurzeit fliegt Lander Mascot an Bord der japanischen Hayabusa-2-Sonde
zum Asteroiden Ryugu und soll dort im Sommer 2018 ankommen. Mascot wird
dann vom DLR-Kontrollraum in Köln aus auf dem Asteroiden landen. Mit der Mission
AIM (Asteroid Impact Mission) und dem Lander Mascot 2 ist zudem eine
weitere Mission zu einem Asteroiden als möglicher Kandidat für eine zukünftige
Mission im Rennen.
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