Safe-Mode fünf Kilometer über dem Kometen
von Stefan Deiters astronews.com
31. Mai 2016 / Update 2. Juni 2016
Die europäische Raumsonde Rosetta hat sich am Wochenende
überraschend in einen Safe-Mode versetzt. Dies geschah, als die Sonde nur rund
fünf Kilometer von der Oberfläche des Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko entfernt
war. Fast 24 Stunden lang hatte das Team keinen Kontakt zu Rosetta. Inzwischen ist
die Sonde aber wieder unter Kontrolle.
Rosettas Blick auf die Oberfläche von 67P am
15. Mai 2016. Die Sonde war zum Zeitpunkt der
Aufnahme 9,88 Kilometer vom Kometenkern entfernt.
Bild: ESA Rosetta / NavCam [Großansicht] |
Das Team der europäischen Kometensonde Rosetta hat ein dramatisches Wochenende
hinter sich: Die Sonde versetzte sich in einer Entfernung von nur fünf Kilometern
von der Oberfläche des Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko in einen sogenannten
Safe-Mode. Dabei ging auch der Kontakt zu Rosetta verloren. Dieser konnte aber
nach knapp einem Tag wiederhergestellt werden.
"Wir haben am Sonnabendabend für fast 24 Stunden den Kontakt zu Rosetta
verloren", berichtet Patrick Martin, der Missionsmanager von Rosetta bei der
europäischen Weltraumagentur ESA, im Rosetta-Blog der ESA. "Erste Analysen des
Flugdynamik-Teams haben ergeben, dass der Star Tracker einen falschen Stern
anvisiert hat - der viele Kometenstaub in der Nähe des Kometen hat ihn offenbar
durcheinandergebracht. Das ist auch zuvor schon passiert."
Die Situation wurden noch dadurch verschlimmert, dass sich die Sonde nicht nur
in einen Safe-Mode versetzt hat, sondern der Star Tracker offenbar auch so
"durcheinander" war, dass nur ein Eingreifen von der Erde die Sonde wieder unter
Kontrolle bringen konnte. "Es war schon ein sehr dramatisches Wochenende",
bestätigt Sylvain Lodiot, der für den Betrieb von Rosetta zuständig ist.
"Nachdem wir den Kontakt verloren hatten, haben wir auf Verdacht Befehle zu
Rosetta gesandt, mit denen es gelungen ist, das Problem mit dem Star Tracker
zu
lösen und die Sonde zu stabilisieren."
Auch der Kontakt zu Rosetta konnte wieder hergestellt werden, allerdings war dem
Team bis gestern noch unklar, wo genau sich
Rosetta eigentlich inzwischen befindet. Die ersten Bilder zur Navigation seit Sonnabend kamen
erst Montagmorgen wieder im Kontrollzentrum an.
Der Star Tracker an Bord von Rosetta soll helfen, die Ausrichtung der
Sonde zu steuern. Dazu orientiert sich das Instrument an Sternkonstellationen, die mit
abgespeicherten Mustern verglichen werden. Mit den Daten kann die Sonde ihre Position in
Bezug auf Erde und Sonne feststellen und so auch die Hauptantenne Richtung Erde
ausrichten. Funktioniert der Star Tracker nicht, kann es zu Problemen bei der
Antennenausrichtung kommen und der Kontakt zur Erde abbrechen.
In geringem Abstand zum Kometen gibt es sehr viel Staub. Da kann es passieren,
dass der Star Tracker Staubkörner mit Sternen verwechselt und es dadurch
zu
Fehlern kommt. Während eines Safe-Mode werden alle wissenschaftlichen
Instrumente automatisch abgeschaltet. Die ursprünglichen Planungen sahen vor,
dass sich Rosetta morgen auf einen etwa 30 Kilometer vom Kometen entfernten
Orbit begibt. Ob
diese Pläne nun umgesetzt werden können, ist noch nicht klar.
Im Spätsommer steht dann das Finale der Mission bevor. Die Sonde soll sich,
bevor sie am 30. September 2016 in der Region Agilkia des Kometen aufsetzt,
wiederholt äußerst dicht
der Kometenoberfläche nähern. "Die letzten sechs Wochen der Mission werden noch
deutlich anspruchsvoller als das Absetzen von Philae", so Lodiot. "Da ist es
immer möglich, dass wir einen weiteren Safe-Mode in geringem Abstand zum Kometen
bekommen."
In den letzten Stunden von Rosetta wird dem Team der Star Tracker
aber nicht in
die Quere kommen: Es ist geplant, das Instrument ganz zum Schluss für die
entsprechenden Kontrollsysteme zu deaktivieren.
Update (2. Juni 2016): Rosetta hat gestern mit dem
Transfer zu einem 30-km-Orbit um 67P begonnen. Auch die wissenschaftlichen
Instrumente wurden wieder aktiviert. Der geplante Orbit soll Sonnabendmorgen
erreicht sein.
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Rosetta, die
astronews.com-Berichterstattung über die Rosetta-Mission |
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