Neue Daten für alte Marssonde
von Stefan Deiters astronews.com
3. November 2015
Das Team der NASA-Sonde Mars Reconnaissance Orbiter
plant ein umfangreiches Update der an Bord der Marssonde gespeicherten
Positionsdaten von Erde und Sonne. Mit der Prozedur, die
für beide unabhängigen Computersysteme an Bord durchgeführt werden muss, wurde in dieser
Woche begonnen. Sie ist nicht ohne Risiko.
Die Sonde Mars Reconnaissance Orbiter.
Bild: NASA / JPL-Caltech [Großansicht] |
Jeder Computerbenutzer kennt das: Irgendwann kommt es zu einem Fehler und einem
unerwarteten Neustart des Systems. Was am Arbeitsplatz oder zu Hause nur ärgerlich
ist, könnte für eine Marssonde das Ende bedeuten, nämlich dann, wenn die Sonde
nach einem Neustart des Bordcomputers nicht mehr weiß, wo sie sich eigentlich
befindet.
Genau für diesen Zweck verfügt die NASA-Marssonde Mars Reconnaissance Orbiter
über eine umfangreiche Datenbank, in der die Sonde nach einem
Computerneustart nachschlagen kann, wo sich genau die Erde und die Sonne zum
jeweiligen Zeitpunkt befinden. Dadurch kann die Sonde dann ihre Solarzellen
Richtung Sonne ausrichten und die Antenne Richtung Erde. Die Informationen sind
im Flash-Speicher der Sonde gespeichert, der auch dann erhalten bleibt, wenn der
Speicher nicht mit Strom versorgt wird.
Die Positionstabellen wurde bereits vor dem Start der Sonde am 12. August 2005
aufgespielt und enthalten die entsprechenden Informationen bis zum 12. Juli
2016. Die Mission befindet sich bereits in ihrer vierten Verlängerungsphase, spielt
aber noch immer eine wichtige Rolle im Rahmen des Mars-Programms der
amerikanischen Raumfahrtbehörde - etwa als Kommunikationsrelay für die Rover auf der
Marsoberfläche.
Um die Funktionsfähigkeit der Sonde also auch weiterhin zu
gewährleisten, müssen die entsprechenden Daten aktualisiert werden. In den
letzten zehn Jahren war es insgesamt 16 Mal zu ungeplanten Neustarts gekommen,
nach denen die Sonde dann auf die Informationen aus den Tabellen zurückgegriffen
hatte.
"Die Aktualisierung der Daten im Speicher ist entscheidend für die Sicherheit
der Sonde und für die Fortsetzung der Mission", so Dan Johnston vom NASA
Jet
Propulsion Laboratory, der Projektmanager für den Mars Reconnaissance Orbiter.
Mit der Prozedur wurde bereits in dieser Woche begonnen. Dazu ist ein
einwöchiger Stopp des wissenschaftlichen Betriebs und auch der
Kommunikationsaufgaben der Sonde sowie ein Neustart des Bordcomputers
erforderlich.
Bei der Aktualisierung wird der gesamte Inhalt des ständigen Speichers des
Bordcomputers neu geschrieben. Wenn dies abgeschlossen ist, muss die Prozedur
auch noch für den zweiten Computer an Bord durchgeführt werden. An Bord der
Sonde befinden sich nämlich zwei komplett unabhängige Computersysteme, die nicht auf
die jeweils anderen Daten zugreifen können. Sie werden als "A-Seite" und
"B-Seite" bezeichnet. Der Computer der B-Seite ist seit einem ungeplanten
Computerwechsel im April 2015 im Einsatz. Die
Datenaktualisierung für den Computer der A-Seite ist für Anfang 2016 vorgesehen.
Die Aktualisierung ist nicht ohne Risiko, da in dem jeweils 256 Megabyte großen
Speicher auch Sicherungsdaten und das gesamte Betriebssystem des Bordcomputers
gespeichert ist. "Es handelt sich dabei praktisch um das grundlegende
Betriebssystem der Sonde", so Johnston. "Das macht die Sache riskanter. Genau
wie beim eigenen Heimcomputer sollte man keine Unordnung in die Daten des
Betriebssystems bringen, ansonsten funktioniert der Computer nicht mehr."
Eine solche Aktualisierung wurde erst ein Mal im Jahr 2009 durchgeführt. Das
Vorgehen ist nun ähnlich, soll allerdings in zwei Schritten erfolgen. Nach
Einspielen eines Teils der neuen Daten wird ein Neustart durchgeführt und
überprüft, ob die neuen Daten auch lesbar sind. Sollte das nicht der Fall sein,
sind noch immer ausreichend Sicherungsdaten aus dem Jahr 2009 für einen erfolgreichen Neustart
verfügbar. Wenn alles lesbar ist, wird auch der noch fehlende Teil der
neuen Daten eingespielt.
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