Video zeigt echten Weg des Marsianers
Redaktion
/ Pressemitteilung des DLR astronews.com
6. Oktober 2015
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt verfügt dank
der Daten des hochauflösenden Kamerasystems HRSC an Bord der ESA-Sonde Mars
Express über die wohl besten topographischen Daten vom Mars. Jetzt hat das
HRSC-Team aus diesen Daten einen Überflug über den Roten Planeten errechnet, der
den Weg des "Marsianer" aus dem gleichnamigen Film zeigt.
Überflug über die Region Arabia Terra, durch
die Mark Watneys Odyssee führte. Die
Übergangszone vom Mars-Tiefland in das Hochland
ist geprägt von Erosions- und
Verwitterungsprozessen, die eine stark
zerklüftete Landschaft hinterließen.
Bild: ESA/DLR/FU Berlin (CC BY-SA 3.0
IGO) [Großansicht] |
"Noch Fragen, Neil Armstrong?" - Als NASA-Astronaut Mark Watney diese Worte
ausspricht, ahnt er zum ersten Mal, dass er vielleicht doch eine ganz kleine
Chance auf Rettung hat. Mark Watney ist "Der Marsianer" im gleichnamigen Film,
der am Donnerstag in den deutschen Kinos startet. Der Astronaut versucht darin
in einer nicht allzu fernen Zukunft sein Leben auf dem Roten Planeten zu retten.
Eine wesentliche Rolle spielen dabei topographische und geographische Karten,
die ihm die Orientierung ermöglichen, den monatelangen Weg zum Krater
Schiaparelli zu finden, in dem die rettende Rakete Ares 4 steht.
Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) - "im Hier
und Jetzt" auf die hochpräzise topographische Kartierung des Mars spezialisiert
- rekonstruierten die Route mit Stereobilddaten ihrer Marskamera HRSC und
berechneten ein Video, das die spektakuläre Landschaft so zeigt, wie sie Mark
Watney "in der Zukunft" sehen würde.
In der eingangs beschriebenen Szene ist es Mark Watney gerade gelungen, mit
einem Funkgerät der 1997 auf dem Mars gelandeten Sonde Pathfinder mit
der Bodenstation auf der Erde zu kommunizieren. Möglich war ihm das Auffinden
der gerade einmal schuhkartongroßen Sonde mithilfe von präzisen geographischen
Koordinaten. Diese bilden seit jeher Grundlage allen wissenschaftlichen
Arbeitens zum Thema Mars.
Das DLR-Institut für Planetenforschung berechnet seit bald zwölf Jahren aus
Bilddaten des Kamerasystems HRSC auf der ESA-Raumsonde Mars Express
digitale Geländemodelle der Marsoberfläche. Auf dem Gebiet der
Planetenvermessung und -kartierung ist das Berliner DLR-Institut weltweit
führend.
Die Geschichte des Marsianers beginnt in einer Tiefebene am nördlichen
Wendekreis des Planeten, führt zunächst einige hundert Kilometer an die
südöstliche Grenze von Chryse Planitia und schließlich durch ein enges
Ausflusstal ins Marshochland Richtung Südosten durch das Gebiet Arabia Terra.
Dort versucht Watney mit seinen begrenzten Ressourcen in einem Wettlauf gegen
die Zeit die von der NASA im Krater Schiaparelli "geparkte" Ares 4-Rakete
zu erreichen, um mit ihr den Mars zu verlassen.
Ein großer Teil des geschilderten Gebiets, etwa zweieinhalb Millionen
hochpräzise topographisch kartierte Quadratkilometer, wurde von den
DLR-Wissenschaftlern erst vor kurzem als Teil eines globalen Mars-Kartierprojekts
vorgestellt. Aus diesem Datensatz erstellte das DLR eine Überflugsequenz zum
Film "Der Marsianer". Diese wurde aus rund 7300 Stereobildern erzeugt. Aufgrund
der detaillierten Geländedaten und der enormen Ausdehnung des dargestellten
Gebiets betrug die durchschnittliche Rechenzeit pro Bild dabei etwa eine halbe
Stunde, so dass insgesamt fast fünf Monate reine Rechenzeit erforderlich waren.
Durch Verteilen der Rechenlast auf mehrere Computer konnte diese Zeit
beträchtlich reduziert werden.
Insgesamt nahm die Produktion des circa fünfminütigen Videos, das unter
anderem bei Youtube zu sehen ist, inklusive Datenaufbereitung, Schnitt und
Vertonung zweieinhalb Monate in Anspruch. Dabei wurde die Musik eigens für
diesen Film komponiert und in 5.1-Surround-Sound abgemischt. Das gesamte
Datenaufkommen betrug etwa zwei Terabyte.
Für Prof. Ralf Jaumann vom DLR-Institut für Planetenforschung, der "Principal
Investigator" des Kameraexperiments HRSC, ist die Produktion des Überflugvideos
alles andere als eine fachfremde Spielerei für ein nicht-wissenschaftliches
Filmprojekt: "Der Mars fasziniert, er macht uns immer neugieriger! Ganz viele
Menschen interessieren sich für unsere Forschung, und vor allem junge Menschen
wollen wissen, wie es da oben wirklich aussieht, und wie realistisch es ist,
dass wir Menschen dort oben einmal unsere Spuren hinterlassen könnten. Die Daten
unserer Kamera zeigen den Mars in einer Anschaulichkeit und Detailtreue von
oben, wie kaum ein anderes Experiment, nur die Bilder von der Oberfläche, von
Rovern wie Curiosity, sind noch näher an der Realität dran - aber die
zeigen wiederum nur einen kleinen Ausschnitt".
"Auch uns sind durch diese Animation wieder ein paar Details aufgefallen, die
wir vorher im räumlichen Kontext noch nicht gesehen hatten", so Jaumann weiter.
"Deshalb haben wir diesen Film berechnet: Damit kann sich jeder ein Bild machen,
wie es wäre, wenn Mark Watney wirklich durch diese Gebiete fahren müsste -
lediglich bei den Wolken waren wir etwas kreativ, denn die sind - zum Glück - in
den HRSC-Daten nicht enthalten."
Die Originalvorlage bedient sich an allen Stellen der Watneyschen Odyssee am
Wissen der bisher real stattgefundenen Wissenschaftsmissionen über den Mars:
Einen sicheren Landesplatz in der Chryse-Ebene hatte die NASA schon 1976 für die
Sonde Viking 1 ausgesucht; Mars Pathfinders Landeplatz wurde
wegen der nahe gelegenen Mündungen der Täler Ares und Tiu als Ziel gewählt. Und
der beste Weg zur rettenden Ares 4-Rakete im Krater Schiaparelli führte
zwar unendlich mühsam, aber vollkommen logisch, durch das Mawrth-Tal.
Dieses Tal steht wegen seiner wasserhaltigen Tonminerale an seinen Rändern
besonders im Fokus der aktuellen Marsforschung. Sandstürme treten auf dem Mars
häufig auf und sind in "Der Marsianer" sehr realistisch dargestellt. Und den Weg
in den Krater Schiaparelli, würde er nur über eine Rampe im Nordwestrand des
Kraters schaffen - das wusste Mark Watney anhand seiner 3D-Modelle im
Bordcomputer seines improvisierten Mars-Fahrzeugs.
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