Heiße Lavaströme auf der Venus?
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung astronews.com
19. Juni 2015
Wissenschaftler glauben in den Daten der europäischen
Venussonde Venus Express den bislang besten Hinweis auf aktiven Vulkanismus auf
unserem Nachbarplaneten gefunden zu haben. Die Forscher identifizierten vier
Regionen auf der Planetenoberfläche, deren Temperatur im Laufe weniger Tage
dramatisch angestiegen war. Es könnte sich um Lavaströme handeln.

Gibt es aktive Vulkane auf der Venus, wie sie
sich hier ein Künstler vorstellt? Jetzt
ausgewertete Daten der Sonde Venus Express
sprechen zumindest dafür.
Bild:
ESA/AOES Medialab [Großansicht] |
Die Venus gilt als Schwester der Erde: Beide Planeten sind fast gleich groß
und im Innern ähnlich aufgebaut. Forscher halten es deshalb für wahrscheinlich,
dass unser Nachbarplanet im Kern eine Wärmequelle besitzt, wie beispielsweise
zerfallende radioaktive Elemente. Die entstehende Wärme muss irgendwie
entweichen. Eine Möglichkeit dafür bieten Vulkanausbrüche.
Einige Modelle der Planetenentwicklung deuten sogar daraufhin, dass vor etwa
500 Millionen Jahren eine gewaltige Lavaflut die Oberfläche des Planeten
komplett umgestaltet hat. Die Frage, ob Venus noch immer vulkanisch aktiv ist,
gehört deshalb zu den meist diskutierten der Planetenforschung.
Das bisher stichhaltigste Anzeichen von Aktivität hat jetzt ein Forscherteam
in Daten der Venus Monitoring Kamera (VMC) gefunden, die sich an Bord
der ESA-Raumsonde Venus Express befand. In Infrarotaufnahmen, die nur wenige
Tage auseinander lagen, entdeckten die Wissenschaftler stark lokalisierte
Veränderungen der Oberflächenhelligkeit.
"Wir haben Stellen auf der Oberfläche gefunden, die rasch sehr heiß werden
und sich dann wieder abkühlen", erläutert Eugene Shalygin vom Göttinger
Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung. Die vier "Hotspots" liegen in
einem Gebiet, das aus Radaruntersuchungen als tektonische Riftzone bekannt ist.
"Dies ist der bisher spannendste Hinweis auf aktiven Vulkanismus auf der Venus",
so Shalygin. Die heißen Stellen finden sich in der Atla-Region entlang der
Ganiki-Riftzone, einem Grabenbruch in der Nähe der Vulkane Ozza Mons und Maat
Mons.
Bereits 2010 hatten Wissenschaftler Auffälligkeiten in der Infrarotstrahlung
bei drei vulkanischen Regionen auf der Venus entdeckt. Die Strahlung unterschied
sich von der aus anderen Gebieten. Dort könnten sich erstarrte, aber
vergleichsweise junge Lavaströme befinden, die noch nicht stark verwittert sind.
Sie müssten weniger als 2,5 Millionen Jahre alt sein.
Einen weiteren Hinweis gab es 2012. Forscher fanden, dass die Konzentration
von Schwefeldioxid in der oberen Venusatmosphäre in den Jahren 2006 bis 2007
dramatisch angestiegen war. Danach folgte ein fünfjähriger langsamer Abfall.
Ursächlich könnten zwar auch Veränderungen der Windbewegungen sein; doch auch
Vulkane können die Atmosphäre mit großen Mengen an Schwefeldioxid anreichern.
Die neuen Ergebnisse setzen die Reihe dieser Entdeckungen fort. "Unsere
Beobachtungen bewegen sich am Rande dessen, was Venus Express leisten kann. Es
war ausgesprochen schwierig, diese Helligkeitsveränderungen durch die dicke
Wolkendecke hindurch zu detektieren", so Max-Planck-Forscher Wojciech Markiewicz.
Da der Blick der Kamera durch die dichten Venuswolken verschmiert wird,
scheint es zunächst so, als erstreckten sich die Stellen erhöhter
Infrarotabstrahlung über mehr als 100 Kilometer. Die wirklichen "Hotspots" sind
jedoch wahrscheinlich viel kleiner. Für den kleinsten berechnete das Team eine
Größe von etwa einem Quadratkilometer und eine Temperatur von 830 Grad Celsius.
Die globale Durchschnittstemperatur auf der Venus beträgt 480 Grad Celsius.
Die Ganiki-Chasma-Region galt bereits bisher als Gebiet mit der jüngsten
geologischen Vergangenheit. Die neue Studie legt nun nahe, dass sie noch immer
aktiv ist. "Es sieht so aus, als könnten wir Venus endlich in die kleine Gruppe
von Körpern im Sonnensystem aufnehmen, die vulkanisch aktiv sind", sagt Håkan
Svedhem von der europäischen Raumfahrtagentur ESA, der Venus-Express-Projektwissenschaftler.
"Die Untersuchungen zeigen, dass unser nächster Nachbar sich bis zum heutigen
Tag noch immer verändert." Dies sei ein wichtiger Schritt, um die
unterschiedlichen Entwicklungen, die sich auf Erde und Venus vollzogen haben, zu
verstehen.
Die Sonde Venus Express hatte mehrere Jahre lang die Venus umrundet.
Die Mission endete im Dezember des vergangenen Jahres. Über ihre Ergebnisse berichten die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift
Geophysical Research Letters.
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