Auch in realistischer Umgebung keine Haare
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der ZARM Fallturm-Betriebsgesellschaft mbH astronews.com
23. März 2015
Schwarze Löcher haben keine Haare: Mit diesem Satz
beschreiben theoretische Astrophysiker die Erkenntnis, dass sich diese
eigentümlichen Objekte nur durch Masse, Rotation und elektrische Ladung
charakterisieren lassen. Nun konnte gezeigt werden, dass die Aussage nicht nur im
idealisierten Fall, sondern auch unter realistischen astrophysikalischen
Bedingungen gilt.
Ein Schwarzes Loch als Teil eines
Doppelsternsystems. Auch in solchen Fällen gilt
offenbar: Schwarze Löcher haben keine Haare. Bild:
ESO / L. Calçada / M.Kornmesser [Großansicht] |
Schwarze Löcher sind erstaunlich einfache Himmelskörper, welche nur durch
ihre Masse, ihre Rotation und ihre elektrische Ladung charakterisiert werden.
Norman Gürlebeck, Wissenschaftler am Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie
und Mikrogravitation (ZARM) der Universität Bremen, ist es gelungen diese
erstaunliche Einfachheit Schwarzer Löcher auch in komplexen astrophysikalischen
Situationen zu beweisen. Die Erwartungen an diese Entdeckung sind hoch: Sie
könnten den direkten Nachweis der Existenz Schwarzer Löcher mit Hilfe von
Gravitationswellen sowie Tests der Grundlagen der Gravitationstheorie erlauben.
Schwarze Löcher sind ein mögliches Endstadium in der Entwicklung von Sternen,
die deutlich massereicher sind, als unsere Sonne. Sie können beispielsweise nach
einer Supernova-Explosion zurückbleiben. In Schwarzen Löchern ist die Materie
ungeheuer verdichtet - etwa so, als würde man die gesamte Masse der Erde auf die
Größe einer Haselnuss komprimieren.
Die starke Anziehungskraft der extrem verdichteten Masse des Schwarzen Lochs
führt dazu, dass weder Materie noch Licht einem solchen Objekt entkommen können
- eine Tatsache, der das Schwarze Loch seinen Namen verdankt. Dennoch kann ein
Schwarzes Loch von außen durch nur drei Parameter vollständig charakterisiert
werden: die Masse, die Rotation und die elektrische Ladung. Aufgrund fehlender
weiterer Eigenschaften prägte John Archibald Wheeler die Aussage: "Schwarze
Löcher haben keine Haare".
Diese Eigenschaft war bisher jedoch nur unter idealisierten Bedingungen
bewiesen worden, in denen das Schwarze Loch allein im Universum existiert und
keine weiteren Sterne vorhanden sind. Diese Annahme gilt folglich nicht für
Schwarze Löcher, die sich in Systemen mit mehreren Objekten befinden, wie etwa
in Binärsystemen, die generell aus einem Schwarzen Loch und einem Stern, zwei
Schwarzen Löchern oder zwei Sternen bestehen.
Das Gravitationsfeld des Begleiters eines Schwarzen Lochs in einem
Binärsystem führt nun dazu, dass sich das Schwarze Loch verformt. Dieses
Phänomen ähnelt den Gezeiten auf der Erde, welche durch die Anziehung des Mondes
verursacht werden. Bedeutet eine solche Verformung, dass das Schwarze Loch durch
mehr Parameter beschrieben werden muss, es also Haare bekommen hat?
Mehrere internationale Forschungsteams gingen dieser Frage nach und fanden
erste Indizien dafür, dass dies nicht so ist. Gürlebeck konnte nun beweisen,
dass trotz der Verformung der Schwarzen Löcher keine weiteren Parameter zur
Charakterisierung erforderlich sind.
Die neue Erkenntnis ist für Gravitationsphysiker eine wichtige Grundlage zur
Interpretation von Gravitationswellen, die vorrangig in Binärsystemen entstehen.
Über die Analyse dieser Gravitationswellen können Schwarze Löcher in
Binärsystemen direkt nachgewiesen werden. Darüber hinaus liefert die sogenannte
"No-hair"-Eigenschaft Schwarzer Löcher die Möglichkeit, Gravitationstheorien für
sehr starke Gravitationsfelder zu testen.
Über seine Resultate berichtet Gürlebeck im April in der Fachzeitschrift
Physical Review Letters.
|