Blick zum prächtigen Wildentenhaufen
von Stefan Deiters astronews.com
1. Oktober 2014
Die europäische Südsternwarte ESO hat heute eine neue
Aufnahme des offenen Sternhaufens Messier 11 veröffentlicht, der auch als
Wildentenhaufen bekannt ist. Er zählt zu den sternreichsten bislang bekannten
offenen Sternhaufen und liegt etwa 6.000 Lichtjahre entfernt im Sternbild
Schild. Doch auch Messier 11 wird sich irgendwann auflösen.
Der offene Sternhaufen Messier 11.
Bild: ESO [Großansicht] |
Der Sternhaufen Messier 11, der auch unter der Bezeichnung NGC 6705 oder
Wildentenhaufen bekannt ist, liegt rund 6.000 Lichtjahre von der Erde entfernt
im Sternbild Schild. Trotz seines Namens wurde der offene Sternhaufen nicht etwa
vom französischen Astronomen Charles Messier entdeckt, sondern im Jahr 1681 vom
deutschen Astronomen Gottfried Kirch von der Berliner Sternwarte. In dessen
Teleskop erschien der Haufen allerdings lediglich als ein verschwommener
Lichtfleck.
Erst 1733 erkannte dann der englische Geistliche und Naturphilosoph William
Derham, dass dieser Lichtfleck aus verschiedenen Sternen bestand. Charles
Messier nahm das Objekt im Jahr 1764 in seinen berühmten Katalog auf. Messiers Interesse galt dabei eigentlich gar nicht Sternhaufen oder Nebeln. Er
war auf der Suche nach Kometen. Sternhaufen, Galaxien und Nebel sahen Kometen
jedoch in den damaligen Teleskopen auf den ersten Blick recht ähnlich, so dass
der Katalog den Kometenjäger vor Fehlentdeckungen bewahren sollte.
Offene Sternhaufen findet man in der Regel in Sternentstehungsgebieten und
diese gewöhnlich in den Armen von Spiralgalaxien oder dichteren Regionen von
irregulären Galaxien. Messier 11 zählt zu den sternreichsten und kompaktesten
bislang bekannten Sternhaufen: Der Haufen hat einen Durchmesser von nur rund 20
Lichtjahren und enthält fast 3.000 Sterne. Zum Vergleich: Der unserer Sonne am
nächsten gelegene Stern ist schon mehr als vier Lichtjahre entfernt.
Im Gegensatz zu Kugelsternhaufen, die noch deutlich mehr Sterne auf kleinem
Raum vereinen, sind offene Sternhaufen meist relativ junge Gebilde. In
Kugelsternhaufen sind die Sterne durch ihre gegenseitige Anziehungskraft stark
an den Haufen gebunden und die Objekte haben ein Alter, das fast dem Alter
unserer Milchstraße entspricht. Offene Sternhaufen lösen sich meist nach
spätestens einigen Hundert Millionen Jahren wieder auf. Man geht beispielsweise
davon aus, dass die meisten Sterne in solchen Sternhaufen entstanden sind, auch unsere Sonne.
Die Beobachtung von offenen Sternhaufen liefert Astronomen wichtige Daten zur
Entstehung und Entwicklung von Sternen. Alle Sterne eines Haufens dürften
nämlich aus derselben Wolke aus Gas und Staub entstanden sein, haben also das
gleiche Alter und die gleiche chemische Zusammensetzung. Auch die Entfernung von
der Erde ist bei allen Sternen gleich, so dass sich beispielsweise vergleichende
Beobachtungen über die Entwicklungswege von Sternen mit unterschiedlicher Masse
durchführen lassen. Massereiche Sterne entwickeln sich deutlich schneller als
massearme Exemplare. Die massereichsten Sonnen haben ihr stellares Leben oft
schon wieder hinter sich, wenn ihre masseärmsten Brüder erst gerade richtig zu
leuchten begonnen haben.
Der Name Wildentennebel stammt noch aus dem 19. Jahrhundert. Durch ein
einfaches Teleskop betrachtet, scheinen die hellsten Sterne des Haufens ein
offenes Dreieck zu bilden - ganz ähnlich dem Formationsflug von Wildenten.
Messier 11 ist mindestens 250 Millionen Jahre alt. Es ist daher wahrscheinlich,
dass sich Haufen bald auflösen und mit den Sternen der Umgebung vermischen wird.
Die heute von der Europäischen Südsternwarte ESO veröffentlichte Aufnahme
basiert auf Daten, die mit dem Wide Field Imager aufgenommen wurden,
der am MPG/ESO-2,2-Meter-Teleskop im chilenischen La Silla montiert ist.
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