Ein Superhaufen namens Laniakea
von Stefan Deiters astronews.com
9. September 2014
Bislang nahmen Astronomen an, dass die Milchstraße und die
anderen Galaxien der Lokalen Gruppe zu einer Struktur gehören, die als lokaler
Superhaufen bekannt ist. Eine neue Studie ergab jetzt, dass auch dieser
Superhaufen nur Teil einer deutlich größeren Ansammlung von rund 100.000
Galaxien ist: Die Milchstraße gehört zum galaktischen Superhaufen Laniakea.
Karte des
Laniakea-Superhaufens. Die Linie zeigt die Grenze
des Haufens.
Bild: SDvision interactive visualization
software by DP at CEA/Saclay, France [Großansicht] |
"Wir konnten nun endlich die Grenze des Bereichs beschreiben, die den
Superhaufen aus Galaxien definiert, den wir unser Zuhause nennen können",
erläutert R. Brent Tully von der University of Hawaii in Manoa. "Das ist etwa
vergleichbar mit der Entdeckung, dass die eigene Heimatstadt zu einem deutlich
größeren Land gehört, das an andere Länder grenzt."
Diese "anderen Länder" wären in diesem Fall andere, benachbarte
Supergalaxienhaufen. Solche Ansammlungen von Galaxiengruppen und -haufen zählen
zu den größten Strukturen im bekannten Universum. Die einzelnen Mitglieder sind
durch ihre gravitative Anziehungskraft aneinander gebunden, beeinflussen sich
also gegenseitig in ihrer Bewegung. Eine wirklich sichtbare Verbindung zwischen
den einzelnen Bestandteilen eines galaktischen Superhaufens gibt es allerdings
nicht, so dass es sehr schwierig ist, die tatsächliche Grenze dieser Strukturen zu
bestimmen.
So vermuteten die Astronomen lange Zeit, dass die Lokale Gruppe, die von der
Milchstraße und der Andromedagalaxie dominiert wird, Teil einer Struktur ist,
die sie als lokalen Superhaufen bezeichneten. Dieser lokale Superhaufen wird
dominiert vom Virgo-Galaxienhaufen, weshalb er manchmal auch Virgo-Superhaufen
genannt wird. Die neue Studie ergab jetzt allerdings, dass auch dieser
Superhaufen nur Teil einer deutlich größeren Struktur ist.
Um die Grenzen der großräumigen Galaxienstrukturen besser festlegen zu
können, betrachteten die Astronomen den Einfluss, den die Zugehörigkeit zu einem
Supergalaxienhaufen auf die Bewegung der Galaxien hat. Mithilfe des Green Bank Telescope und anderer Instrumente bestimmten sie die Geschwindigkeiten von
Galaxien im lokalen Universum und konnten so die Einflussbereiche der
verschiedenen Supergalaxienhaufen abstecken.
Unsere Milchstraße befindet sich danach am Rande eines gewaltigen
Superhaufens, den die Astronomen Laniakea getauft haben. Der Name bedeutet
in der Sprache der polynesischen Ureinwohner auf Hawaii "immenser Himmel". Die
benachbarten galaktischen Superhaufen sind danach der Shapley-Superhaufen, der
Herkules-Superhaufen, der Coma-Superhaufen und der Perseus-Pisces-Superhaufen.
Insgesamt hat Laniakea einen Durchmesser von 500 Millionen Lichtjahren und
umfasst rund 100.000 Galaxien.
Mit ihrer Studie konnten die Astronomen auch die Bedeutung des sogenannten
"Großen Attraktors" klären, der die Bewegung
der Galaxienhaufen in einem weiten Umkreis zu beeinflussen scheint. Innerhalb
der Grenzen des Laniakea-Superhaufens bewegen sich die Galaxien - aufgrund der
gewaltigen hier versammelten Massen - ins Innere. Wenn
man ihre Bewegung mit Wasser vergleicht, das einen Hang
hinunterfließt, stellt der Große Attraktor ein langes flaches Tal
dar. Der Einflussbereich dieses "gravitativen" Tals erstreckt sich über den
gesamten Superhaufen.
Über ihre Untersuchungen berichteten die Astronomen in der vergangenen Woche
in der Wissenschaftszeitschrift Nature.
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