Merkur schrumpfte stärker als gedacht
von Stefan Deiters astronews.com
24. März 2014
Der innerste Planet Merkur ist im Laufe seiner Entwicklung
stärker geschrumpft als gedacht. Dies ergab die sorgfältige Auswertung von
Oberflächenstrukturen, die auf den Bildern der Sonde MESSENGER zu erkennen sind.
Der jetzt gefundene Wert stimmt auch besser mit theoretischen Modellen über das
Abkühlverhalten des Gesteinsplaneten überein.

Auch kleine
Strukturen wie dieser Steilhang (Pfeile) verraten
etwas über die Entwicklung des Merkur.
Bild: NASA / Johns Hopkins University
Applied Physics Laboratory / Carnegie Institution
of Washington |
Genaueres über wesentliche Teile der Oberfläche des innersten und kleinsten
Planeten des Sonnensystems wissen Planetenforscher erst, seit die NASA-Sonde
MErcury Surface, Space ENvironment, GEochemistry, and Ranging
(MESSENGER) den Merkur aus einer Umlaufbahn erfasst. Zuvor gab es nämlich nur
von rund der Hälfte der Merkuroberfläche detailliertere Bilder.
Im Gegensatz zur Erde verfügt der Planet nicht über tektonische Platten. Die
oberste Schicht des Merkur besteht also aus einer einzelnen Gesteinsplatte. Nach
seiner Entstehung ist der Merkur langsam abgekühlt und geschrumpft. Die feste
Oberfläche hat sich dadurch verändert, es entstanden Risse, Spalten und
Kliffkanten.
Eine Analyse solcher Landschaftsstrukturen auf Grundlage alter Merkuraufnahmen
hatte zu der Annahme geführt, dass der Planet um etwa 0,8 bis drei Kilometer
geschrumpft sein muss. Das war deutlich weniger, als es Modelle über die
thermische Entwicklung des Planeten erwarten ließen. Danach hätte sich der
Planet in den letzten rund 3,8 Milliarden Jahren um etwa fünf bis zehn Kilometer
zusammenziehen müssen.
Eine neue Analyse auf Grundlage der besseren und vollständigen Erfassung der
Merkuroberfläche durch MESSENGER hat nun ergeben, dass Merkur in der fraglichen
Zeit um etwa sieben Kilometer geschrumpft ist. Dies ist deutlich mehr als der
frühere Wert und stimmt hervorragend mit den thermischen Modellen überein. Der
gegenwärtige Radius des Planeten beträgt 2.440 Kilometer.
"Diese neuen Ergebnisse lösen ein Jahrzehnte langes Paradox zwischen Modellen
zur thermischen Geschichte und Schätzungen über die Kontraktion von Merkur",
freut sich Paul Byrne von der Carnegie Institution of Washington.
"Jetzt ist die Geschichte von Wärmeerzeugung und -verlust konsistent mit der der
globalen Kontraktion." Byrne und seine Kollegen hatten für ihre Analyse
insgesamt 5.934 Grate und Steilhänge untersucht, die sie mit der Kontraktion des
Planeten in Verbindung brachten.
Für die Auswertung nutzten die Forscher zwei unterschiedliche Verfahren. Sie
kamen dabei auf zwei verschiedene Ergebnisse, die sich um 1 bis 1,6 Kilometer
unterschieden. Beide lieferten aber für die Kontraktion von Merkur einen
deutlich größeren Wert als frühere Abschätzungen.
MESSENGER hatte die Reise zum Merkur Anfang August 2004 angetreten. Den
sonnennächsten Planeten erreicht die Sonde vor rund drei Jahren erst nach
zahlreichen Runden durch das innere Sonnensystem, bei denen MESSENGER an der
Erde, zwei Mal an der Venus und drei Mal am Merkur selbst vorübergeflogen ist.
Die MESSENGER-Mission hat den Wissenschaftlern erstmals einen vollständigen
Blick auf Merkur ermöglicht. Bei den Besuchen von Mariner 10 vor über
30 Jahren war nämlich nur knapp die Hälfte der Planetenoberfläche fotografisch
erfasst worden.
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Mysteriöser Merkur - die
astronews.com-Berichterstattung über die Erforschung des
sonnennächsten
Planeten |
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