Extrem helle Galaxien im jungen Universum
von Stefan Deiters astronews.com
15. Januar 2014
Mithilfe der Weltraumteleskope Hubble und
Spitzer haben Wissenschaftler vier ungewöhnlich helle Galaxien aufgespürt
und näher untersucht, die wir zu einem Zeitpunkt sehen, als das Universum gerade
einmal 500 Millionen Jahre alt war. Zwar hatte Hubble schon zuvor
Galaxien in dieser Entfernung entdeckt, doch scheinen die neuen Systeme zehn-
bis 20-mal leuchtkräftiger zu sein als frühere Funde.
Der
Himmelsbereich, in dem die vier jungen Galaxien
(rechts vergrößert) entdeckt wurden.
Bild: NASA, ESA, G. Illingworth
(University of California, Santa Cruz), P. Oesch
(University of California, Santa Cruz; Yale
University), R. Bouwens und I. Labbé (Leiden
University) und das Science Team [Gesamtansicht] |
"Diese Objekte fielen uns sofort ins Auge, weil sie weitaus heller waren, als
wir das erwartet hatten", erinnert sich Garth Illingworth von der University
of California in Santa Cruz. "Plötzlich sehen wir hier helle, massereiche
Galaxien, die sich schon in so früher Zeit gebildet haben. Das war vollkommen
überraschend."
Grund für die ungewöhnliche Helligkeit der Galaxien ist offenbar eine extrem
hohe Sternentstehungsaktivität in den Systemen. Die hellste der neu entdeckten
Galaxien scheint neue Sterne mit einer Rate zu bilden, die rund 50-mal höher ist
als die Sternentstehungsrate in der Milchstraße. Und obwohl diese entfernten
Galaxien nur etwa ein Zwanzigstel der Größe unserer Heimatgalaxie haben, dürften
sie bereits rund eine Milliarde Sterne enthalten.
Die Galaxien fanden sich in einem von zwei Bereichen am Himmel, die von
den Astronomen für sehr lange und damit tiefe Beobachtungen mit Hubble
und anderen Weltraumteleskopen ausgewählt worden waren, nämlich im Bereich des
Great Observatories Origins Deep Survey North (GOODS-N). "Es war schon
faszinierend, in einem Bereich des frühen Universums gleich vier so helle
Galaxien zu entdecken", meint auch Rychard Bouwens von der Sternwarte im
niederländischen Leiden. "Die müssen außerordentlich schnell gewachsen sein."
Aufgespürt wurden die vier Galaxien zunächst mit dem Weltraumteleskop
Hubble, dessen detaillierte Beobachtungen entscheidend dazu beigetragen
haben, die Größe und die Sternentstehungsrate in den Systemen abzuschätzen.
Mithilfe des Infrarot-Weltraumteleskops Spitzer haben die Astronomen
dann die gesamte stellare Helligkeit der Galaxien bestimmt, um daraus auf die
Masse schließen zu können.
"Es ist das erste Mal, dass Wissenschaftler die Masse eines so weit entfernten
Objekts bestimmen konnten", unterstreicht Pascal Oesch von der University of
California in Santa Cruz. "Es ist schon ein wunderbares Beispiel, welche
Synergieeffekte gemeinsame Beobachtungen von Hubble und Spitzer
haben können." Und Ivo Labbé von der Sternwarte in Leiden ergänzt: "Gleichzeitig
sind diese extremen Massen und hohen Sternentstehungsraten außerordentlich
mysteriös und wir können es kaum erwarten, unseren Fund mit zukünftigen
Beobachtungen mit leistungsfähigen Teleskopen zu bestätigen."
Die jetzt beobachteten hellen jungen Galaxien sind, so die Theorie der
Astronomen, durch Kollisionen und Verschmelzungen noch kleinerer Galaxien
entstanden, die sich noch früher gebildet haben müssen. Die Systeme sind so weit
von uns entfernt, dass ihr Licht über 13 Milliarden Jahre benötigt hat, um uns
zu erreichen. Inzwischen dürften sie sich deutlich weiterentwickelt und durch
weitere Verschmelzungen eine ähnliche Größe erreicht haben, wie die größten
Galaxien in unserer galaktischen Umgebung. Die Sterne in den fernen Systemen
könnten sich heute somit in den Zentren gewaltiger elliptischer Riesengalaxien
befinden, die noch deutlich größer sind als unsere Milchstraße.
Galaxien, wie sie jetzt von Hubble und Spitzer entdeckt
wurden, sollten mit dem Hubble-Nachfolger, dem James Webb Space
Telescope, vergleichsweise leicht aufzuspüren und zu untersuchen sein. Die
Astronomen hoffen also, dass sie nach dem Start von James Webb, der
gegenwärtig für 2018 geplant ist, ganz neue Einblicke in diese frühe Phase des
Universums erhalten werden.
Über ihre Beobachtungen berichten die Astronomen in einem Fachartikel in der
Zeitschrift The Astrophysical Journal.
|