Einst Seen und Flüsse im Gale-Krater?
von Stefan Deiters astronews.com
10. Dezember 2013
Auf der Herbsttagung der American Geophysical Union haben
Wissenschaftler jetzt eine ganze Reihe neuer Ergebnisse vorgestellt, die auf
Daten des Marsrovers Curiosity beruhen. So wurde erstmals das Alter von
Marsgestein mit einem neuen Verfahren bestimmt. In Yellowknife Bay
könnten für viele Millionen Jahre lebensfreundliche Bedingungen geherrscht
haben.
So groß könnte
der See gewesen sein, der eventuell einmal im
Gale-Krater existierte.
Bild: NASA / JPL-Caltech/MSSS
[Großansicht] |
Auf der gegenwärtig in San Francisco stattfindenden Herbsttagung der American Geophysical Union haben Wissenschaftler gestern eine ganze Reihe neuer
Ergebnisse vorgestellt, die auf Daten des Marsrovers Curiosity basieren.
Curiosity war im August des vergangenen Jahres im Gale-Krater des Mars gelandet
und befindet sich, nach Untersuchungen in einem Yellowknife Bay getauften
Bereich, inzwischen auf dem Weg zu einer Stelle am Fuß des Zentralbergs des
Kraters, von der aus Hänge mit geschichteten Ablagerungen gut erreicht werden
können.
Eines der jetzt vorgestellten Ergebnisse betraf eine genaue Altersbestimmung des Steins
"Cumberland". Es handelt sich dabei um den zweiten Gesteinsbrocken, den Curiosity
angebohrt und anschließend das so gewonnene pulverisierte Material in seinem Bordlaboratorium
untersucht hatte. Das Alter des Steins beläuft sich danach auf 3,86 bis 4,56
Milliarden Jahre. Dies stimmt gut mit den Schätzungen über das Alter der
Strukturen im Gale-Krater überein.
"Das Alter ist nicht überraschend", meint dann auch Kenneth Farley vom
California Institute of Technology, einer der beteiligten Wissenschaftler.
"Überraschend ist aber, dass die Methode, mit der das Alter bestimmt wurde, mit
den Messungen auf dem Mars funktioniert hat. Wenn man ein neues Verfahren
ausprobiert, möchte man als erstes Ergebnis nicht gleich etwas Unerwartetes
haben. Unser Verständnis über das Alter der Marsoberfläche scheint also richtig
zu sein."
Niemand hatte zunächst geglaubt, dass die Methode, die die Forscher zur
Altersbestimmung anwandten, auch mit den Messungen funktionieren würde, die Curiosity auf der Oberfläche des Mars durchführt. Farley und seine Kollegen
wandten nämlich ein 60 Jahre altes Verfahren an, mit dem bislang nur das
Alter von irdischem Gestein auf Grundlage des Zerfalls eines Kalium-Isotops zu
Argon bestimmt wurde. Dieses Argon wird frei, wenn das Gestein geschmolzen wird.
Das Alter wird dann aus der Menge an Argon bestimmt, die sich angesammelt hat,
wenn das Gestein wieder aushärtet.
Bislang konnte das Alter von Oberflächenstrukturen auf dem Mars nur indirekt
bestimmt werden: Dazu wurde die Anzahl von Einschlagkratern in verschiedenen
Regionen des Planeten gezählt. Diese Werte konnte man dann mit entsprechenden Zählungen auf dem Mond
vergleichen. Beim Erdtrabanten kennt man das Alter
der Oberfläche durch Analysen von Gestein, das während der Apollo-Mondmissionen
zur Erde mitgebracht wurde.
Durch weitere Untersuchungen konnten die Forscher auch ermitteln, wie lange sich "Cumberland"
schon auf der Marsoberfläche oder direkt darunter befunden hat, also in einem
Bereich, wo der Brocken der kosmischen Strahlung ausgesetzt war. Dies ist
offenbar erst 60 bis 100 Millionen Jahre lang der Fall gewesen. Relativ dicke
Schichten aus Material müssen also relativ schnell durch starke Winderosion
abgetragen worden sein.
Auch bei der Suche nach organischen Substanzen, die als Grundbausteine des
Lebens gelten, gibt es Fortschritte. Allerdings bedeutet das Vorhandensein
solcher Verbindungen noch nicht, dass es tatsächlich einmal Leben auf dem Mars
gegeben hat, da diese auch auf anderem Weg entstehen können. "Wir haben
organische Verbindungen entdeckt", so Doug Ming vom Johnson Space Center der
NASA in Houston. "Wir können allerdings nicht ausschließen, dass sie von der
Erde mitgebracht wurden."
Es würde allerdings überzeugende Hinweise dafür geben, dass die in "Cumberland"
gefundenen organischen Verbindungen tatsächlich vom Mars stammen: In "Cumberland"
wurden nämlich deutlich größere Mengen davon entdeckt als bei Testanalysen mit
anderen Bodenproben oder einer Leerprobe. Je mehr Gesteinspulver man zudem
analysierte, desto höher wurde auch die Menge an organischen Stoffen.
Schon vor einigen Monaten war festgestellt worden, dass es in der Region Yellowknife Bay offenbar einmal Umweltbedingungen gegeben hat, die relativ
lebensfreundlich waren (astronews.com berichtete). Neue Untersuchungen deuten nun darauf hin, dass diese
Zeit nicht ganz so lange zurückliegt, wie man bislang vermutet hatte, nämlich
weniger als vier Milliarden Jahre.
"Diese lebensfreundlichen Umweltbedingungen gab es später als viele für möglich
gehalten hätten", so John Grotzinger vom California Institute of Technology.
"Und dies hat Auswirkungen für das Studium des ganzen Planeten." Damit
hätte es nämlich auf dem Mars lebensfreundliche Bedingungen noch in einer Zeit
gegeben, in der auch viele Spuren von Oberflächenwasser entstanden sein müssen,
die man an unterschiedlichsten Stellen entdeckt hat. Diese waren aber bislang
für zu jung oder kurzlebig gehalten worden, um sie bei der Suche nach
lebensfreundlichen Regionen in die engere Wahl zu nehmen. Dies dürfte sich nun
ändern.
In Yellowknife Bay könnten für einige Millionen Jahre oder gar für
einige zehn Millionen Jahre lebensfreundliche Bedingungen geherrscht haben. Die
Wissenschaftler vermuten, dass in dieser Zeit Flüsse und Seen immer wieder
entstanden und verschwunden sind, der Untergrund aber immer feucht war. Dafür
spräche zumindest die Dicke von bestimmten Gesteinsschichten, die in Yellowknife
Bay untersucht wurden.
|