Schärfster Blick ins All
von Stefan Deiters astronews.com
26. August 2013
Mithilfe einer neue adaptiven Optik am Magellan-Teleskop in
Chile ist Astronomen nun der bislang detailreichste Blick ins All im sichtbaren
Bereich des Lichts gelungen. Von dem neuen Verfahren versprechen sich die
Wissenschaftler Aufnahmen, die mindestens die doppelte Schärfe von Beobachtungen
erreichen, die mit dem Weltraumteleskop Hubble möglich sind.
Die Leistungsfähigkeit der neuen adaptiven
Optik im sichtbaren Bereich des Lichts: Oben der
Stern Theta 1 Ori C ohne adaptive Optik, unten
links mit eingeschaltetem System. Unten rechts
eine Vergrößerung. Erstmals ist deutlich zu
erkennen, dass es sich um ein Doppelsternsystem
handelt.
Bild: Laird Close/UA |
Weltraumteleskope bieten Astronomen einen entscheidenden Vorteil: Zwischen
ihnen und dem astronomischen Objekt, das sie ins Visier nehmen, befindet sich
keine störende Erdatmosphäre, die die Bilder unscharf erscheinen lässt. An allen
großen Teleskopen auf der Erdoberfläche bemüht man sich daher darum, mit
ausgeklügelten Verfahren, die störende Unruhe in der Luft zu kompensieren. Man
bezeichnet solche Techniken als "adaptive Optiken". Meist wird dabei durch einen
verformbaren Sekundärspiegel versucht, die Luftunruhe in Echtzeit auszugleichen.
Die neue adaptive Optik, die jetzt erstmals am 6,5-Meter-Magellan-Teleskop in
Chile ausprobiert wurde, haben Astronomen der University of Arizona,
des Osservatorio Astrofisico di Arcetri bei Florenz und des
Carnegie Observatory entwickelt. Das Team beschäftigt sich seit mehr als 20
Jahren mit der Entwickelung solcher Verfahren.
"Es war schon begeisternd zu sehen, wie diese neue Kamera den Nachthimmel
deutlich schärfer aussehen ließ als jemals zuvor", so Laird Close von der
University of Arizona, der verantwortliche Wissenschaftler des Projekts.
"Wir können jetzt erstmals lang belichtete Aufnahmen mit einer Auflösung von nur
0,02 Bogensekunden machen."
Die Aufnahmen, die im sichtbaren Bereich des Lichts gelangen, sind mindestens
doppelt so scharf wie Bilder des Weltraumteleskops Hubble, was an dem
deutlich größeren Spiegel des Magellan-Teleskops liegt. Bislang waren von der
Erde aus im sichtbaren Bereich des Lichts auch trotz adaptiver Optik, nur
vergleichsweise verschwommene Bilder möglich.
Um die Turbulenzen in der Atmosphäre auszugleichen, setzte das Team auf einen
dünnen Sekundärspiegel, der sich etwas mehr als neun Meter über dem Hauptspiegel
des Magellan-Teleskops befindet. Die Form der gekrümmten Spiegeloberfläche kann
an insgesamt 585 Punkten bis zu 1.000 Mal in der Sekunde verändert werden, so
dass die störenden Effekte der Erdatmosphäre ausgeglichen werden. "Dadurch
können wir den Nachthimmel im sichtbaren Bereich des Lichts klarer sehen als
jemals zuvor", so Close. "Es ist fast so, als hätte man ein Teleskop mit einem
6,5-Meter-Spiegel im All."
Die Wissenschaftler haben ihre neues, MagAO - für Magellan Adaptive
Optics - genanntes Verfahren auch schon für die ersten wissenschaftlichen
Beobachtungen genutzt, über die sie in mehreren Fachartikeln in der Zeitschrift
Astrophysical Journal berichteten. So visierten sie während des "First
Light" den Stern Theta 1 Ori C an, einen massereichen Stern im Orionnebel, bei
dem es sich eigentlich um ein Doppelsternsystem handelt. Die beiden Komponenten
sind sich allerdings so nahe, dass sie bei direkten Beobachtungen bislang nicht
zu trennen waren.
"Ich beobachte Theta 1 Ori C schon über 20 Jahre lang und konnte nie direkt
erkennen, dass es sich in Wirklichkeit um zwei Sterne handelt", so Close. "Aber
sobald wir das MagAO-System anschalteten, war ganz wunderbar zu sehen, dass es
sich um zwei Sterne handelt." Die Astronomen verwendeten das neue System auch,
um mehr über die Auswirkungen der intensiven Strahlung und der heftigen
stellaren Winde von Theta 1 Ori C auf die Scheiben aus Staub und Gas um junge
Sterne in der Umgebung zu lernen. In solchen Scheiben könnten sich einmal
Planeten bilden.
Weitere Beobachtungen lieferten neue Erkenntnisse über die Verteilung von Gas
und Staub in jungen planetaren Systemen. "Es ist wichtig zu verstehen, wie der
Staub in diesen Objekten verteilt ist, denn die Natur nutzt Staub und Gas zur
Bildung von Planeten", so Close. Mit der fortschrittlichen adaptiven Optik
dürften bald noch weitere faszinierende Einblicke in stellare Kinderstuben wie
dem Orionnebel und viele andere astronomische Phänomene möglich werden.
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