Zwei Zwillinge der Milchstraße
von Stefan Deiters astronews.com
27. August 2012
Astronomen haben zwei Galaxiensysteme entdeckt, die unserer
Milchstraße mitsamt der Magellanschen Wolken verblüffend ähnlich sind. Häufig
sind solche Systeme allerdings nicht: Nur drei Prozent der
Milchstraßen-ähnlichen Galaxien in einem umfangreichen Survey verfügten über so
große Satellitengalaxien.

Die Galaxie GAMA202627 gleicht unserer
Milchstraße. Auch sie verfügt über zwei große
Begleitgalaxien.
Bild: Dr Aaron Robotham, ICRAR/St Andrews
mit GAMA-Daten |
Eigentlich, so hört man immer wieder, ist unsere Heimatgalaxie, die
Milchstraße, eine sehr gewöhnliche Galaxie, von der es noch unzählige andere im
Weltraum gibt. Das stimmt auch, wenn man ausschließlich die Galaxie selbst
betrachtet. Schaut man sich allerdings die Milchstraße zusammen mit ihren
Satellitengalaxien - und hier insbesondere die beiden Magellanschen Wolken - an,
wird unsere kosmische Heimat schon etwas ganz Besonderes. Bislang war es
Astronomen daher auch nicht gelungen, ein System aufzuspüren, das in dieser
Hinsicht der Milchstraße ähnelt. In den Daten einer umfangreichen Durchmusterung
des lokalen Universums wurden jetzt aber gleich zwei Systeme entdeckt, die der
Milchstraße verblüffend ähnlich sind.
Dr. Aaron Robotham vom International Centre for Radio Astronomy Research
der University of Western Australia und von der University of St.
Andrews in Schottland hat in der Galaxy and Mass Assembly
(GAMA)-Himmelsdurchmusterung nach Systemen gesucht, die der Milchstraße und
ihren beiden Begleitern gleichen. Bei GAMA handelt es sich um die bislang
detaillierteste Karte unseres lokalen Universums.
"Wir haben bisher nie ein anderes Galaxiensystem wie die Milchstraße
gefunden, was auch nicht sonderlich überraschend ist, da sie nur sehr schwer
aufzuspüren sind", erläutert Robotham. "Erst in jüngster Zeit war es möglich,
Untersuchungen anzustellen, die die Entdeckung solcher Systeme ermöglichen.
Alles musste dabei zusammenkommen: Wir brauchten ausreichend leistungsstarke
Teleskope, die nicht nur Galaxien, sondern auch ihre leuchtschwachen Begleiter
entdecken können, wir mussten möglichst große Bereiche am Himmel absuchen können
und wir mussten zudem sicherstellen, dass wir bei dieser Durchmusterung keine
Galaxien übersehen."
Schon Computersimulationen über die Entstehung von Galaxien deuteten
darauf hin, dass Systeme wie die Milchstraße äußerst selten sind. Doch wie
selten tatsächlich, davon vermitteln die jetzt vorgestellten Ergebnisse einen
Eindruck: Unter den Hunderttausenden von Galaxien in der Durchmusterung fanden
sich nur zwei Systeme, die unserer Milchstraße mitsamt Begleitern sehr ähnlich
sind. "Unsere Analyse ergab, dass etwa drei Prozent der Galaxien, die der
Milchstraße ähnlich sind, auch über Begleiter wie die Magellanschen Wolken
verfügen. Und das ist schon wirklich selten", fasst Robotham die Resultate
zusammen. "Insgesamt haben wir 14 Galaxien entdeckt, die unserem System ähnlich
sind und zwei davon sehen praktisch genauso aus wie das Milchstraßensystem."
Unsere Milchstraße wird nicht nur von einer Reihe kleinerer Zwerggalaxien
umkreist, sondern ist gravitativ auch mit den beiden Magellanschen Wolken
verbunden, die von der Südhalbkugel der Erde schon mit bloßem Auge am
Nachthimmel zu erkennen sind. Viele andere Galaxien verfügen zwar auch über
kleinere Begleitgalaxien, Systeme mit Satellitengalaxien vom Ausmaß der
Magellanschen Wolken allerdings sind selten.
"Die Galaxie, in der wir leben, ist wirklich ganz normal, nur die nahen
Magellanschen Wolken sind eine seltene und vielleicht auch nur kurzlebige
Begebenheit", so Robotham. "Wir sollten uns an ihrem Anblick erfreuen, so lange
sie noch da sind. Sie könnten schon in einigen Milliarden Jahren verschwunden
sein." Robotham und seine Kollegen planen, die beiden Zwillinge der Milchstraße
bei weiteren Beobachtungen nun gründlicher zu untersuchen.
Die Entdeckung wurde in der vergangenen Woche auf der Generalversammlung der
Internationalen Astronomischen Union in Peking vorgestellt und wird zudem in
einem Fachartikel beschrieben, der in der Zeitschrift Monthly Notices of the
Royal Astronomical Society erschienen ist.
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