Dunkelwolke im Schlangenträger
von Stefan Deiters astronews.com
24. August 2012
Die europäische Südsternwarte ESO hat in der vergangenen
Woche eine faszinierende Aufnahme der Dunkelwolke Barnard 59 veröffentlicht. Sie
ist Teil des Pfeifennebels im Sternbild Schlangenträger und zwischen 600 und 700
Lichtjahre von der Erde entfernt. Dunkelwolken sind Geburtsstätten neuer
Generationen von Sternen.
Der sogenannte Pfeifennebel besteht gleich aus mehreren Dunkelwolken und gilt
als Paradebeispiel für einen dunklen Nebel. Ursprünglich hatten Astronomen
angenommen, dass es sich bei diesen Objekten ganz einfach um Bereiche im
Weltraum handelt, in denen es keine Sterne gibt. Dann stellte man jedoch fest,
dass diese Gebilde in Wirklichkeit dichte Wolken aus interstellarem Staub sind,
die sämtliches Licht dahinterliegender Sterne verschlucken. Der Pfeifennebel ist
besonders auffällig, weil er sich deutlich gegen die Vielzahl von Sternen in der
Nähe des Milchstraßenzentrums abhebt.
Die in der vergangenen Woche von der Europäischen Südsternwarte ESO
veröffentlichte Aufnahme zeigt mit Barnard 59 einen Teil dieses Pfeifennebels.
Das Bild entstand mit Hilfe des Wide Field Imager am MPG/ESO
2,2-Meter-Teleskop im chilenischen La Silla. Die Dunkelwolke liegt im Sternbild
Schlangenträger und ist zwischen 600 und 700 Lichtjahre von der Erde entfernt.
Seinen Namen hat Barnard 59 vom amerikanischen Astronomen Edward Emerson
Barnard, der mit Hilfe langbelichteter Aufnahmen als erster die Dunkelnebel am
Nachthimmel systematisch erfasste und einen Katalog von insgesamt 370 Objekten
dieser Art zusammenstellte.
Beim Betrachten des Bildes dürfte der Blick zunächst in der Mitte der
Aufnahme hängenbleiben, wo die dunklen, ineinander verwundenen Gaswolken ein
wenig an die Beine einer riesigen Spinne erinnern. Wer jedoch genauer hinschaut,
erkennt bald mehr Details, wie etwa neblig wirkende Regionen in der Dunkelheit,
die von Sternen beschienen werden, die sich hier gerade bilden.
Sternentstehung findet man häufig in Bereichen mit dichten Molekülwolken.
Hier können Staub und Gas unter dem Einfluss ihrer eigenen Schwerkraft
verklumpen, immer mehr Material anziehen und schließlich zu einem Objekt
heranwachsen, das massereich genug ist, um die nuklearen Fusionsprozesse in
seinem Inneren zu zünden und damit einen neuen Stern entstehen zu lassen. Im
Vergleich zu anderen Sternentstehungsgebieten gibt es in Barnard 59 allerdings
nur eine vergleichsweise geringe Sternentstehungsaktivität.
Wer genau hinschaut, kann auf dem Bild auch mehr als ein Dutzend kleine
blaue, grüne und rote Streifen erkennen, die über die ganze Aufnahme verteilt
sind. Dabei handelt es sich um die Spuren von Asteroiden des Sonnensystems, die
während der Aufnahme durch das Sichtfeld gewandert sind. Der gesamte gezeigte
Bildausschnitt, der einen Durchmesser von mehr als sechs Lichtjahren hat,
erscheint am irdischen Himmel nicht größer als ein Daumen an einem
ausgestreckten Arm.
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