Entfernte Galaxie mit rasantem Wachstum
von Stefan Deiters astronews.com
3. Januar 2012
Astronomen haben mithilfe des Subaru- und
Keck-II-Teleskops eine der am weitesten entfernten Galaxien aufgespürt. Das
Licht des Systems, in dem gerade mit einer ungeheuer hohen Rate neue Sterne entstehen,
war
12,9 Milliarden Jahre unterwegs, bevor es die Erde erreichte. Es handelt sich um die bislang
hellste bekannte Galaxie in dieser Entfernung.
Die Galaxie GN-108036 in einer Aufnahme von
Spitzer (rechts oben) und Hubble (rechts unten)
sowie ihre Lage im Feld des Great Observatories
Origins Deep Survey (GOODS, links).
Bild: NASA / JPL-Caltech / STScI-ESA / Y.
Ono (Univ. of Tokyo) & B. Weiner (Univ. of
Arizona) [Großansicht] |
Die Galaxie GN-108036, die auf Aufnahmen nur als kleiner rötlicher Fleck zu
erkennen ist, wurde zunächst mit dem Subaru-Teleskop aufgespürt und
ihre Entfernung dann mit Hilfe des Instrumentes DEIMOS (Deep Extragalactic
Multi-Object Spectrograph) am Keck-II-Teleskop bestätigt. Beide
Observatorien befinden sich auf dem Gipfel des Mauna Kea auf Hawaii. Die
Weltraumteleskope Hubble und Spitzer halfen schließlich dabei,
die Sternentstehungsrate der Galaxie zu bestimmen. Sie liegt bei etwa 100
Sonnenmassen pro Jahr. Zum Vergleich: In unserer Milchstraße entstehen neue
Sterne mit rund 30-mal geringerer Geschwindigkeit, obwohl unsere Heimatgalaxie
rund fünfmal größer ist und die 100-fache Masse von GN-108036 hat.
"Wir waren wirklich überrascht, als wir herausfanden, dass GN-108036 im
Ultravioletten recht hell ist und es in der Galaxie zudem heftige
Sternentstehung gibt", so Yoshiaki Ono von der Universität in Tokio. "Wir haben
zuvor noch nie eine Galaxie in vergleichbarer Entfernung gesehen, in der es zu
so gewaltiger Sternentstehung kommt." Ono ist Erstautor eines Fachartikels über
die Beobachtung in der Fachzeitschrift The Astrophysical Journal.
"Die Entdeckung ist deswegen überraschend, weil bei anderen Durchmusterungen
keine so hellen Galaxien in dieser frühen Phase des Universums gefunden wurden",
unterstreicht auch Mark Dickinson vom National Optical Astronomy Observatory
in Tucson die Bedeutung des Fundes. "Eventuell waren diese Durchmusterungen
einfach zu klein, um Galaxien wie GN-108036 zu finden. Es könnte sich auch um
ein sehr spezielles und seltenes Objekt handeln, das wir gerade zufällig bei
einem extremen Sternentstehungsausbruch erwischt haben."
GN-108036 ist so weit von der Erde entfernt, dass das Licht 12,9 Milliarden
Jahre gebraucht hat, um uns zu erreichen. Wir sehen die Galaxie somit nur etwa
750 Millionen Jahre nach der Entstehung des Universums. Astronomen beschreiben
so weit entfernte Objekte gerne mit Hilfe ihrer Rotverschiebung. Diese gibt an,
wie weit das Licht der Galaxie durch die Expansion des Universums in den roten
Wellenlängenbereich gestreckt wurde. Je höher die Rotverschiebung, desto weiter
entfernt ist die Galaxie. Es gibt nur eine Handvoll Galaxien mit einer
Rotverschiebung von mehr als 7. GN-108036 hat eine Rotverschiebung von 7,2.
Etwa zu der Zeit, in der wir GN-108036 beobachten, ging gerade eine Epoche in
der Entwicklung des Universums zu Ende, die Astronomen das "dunkle Zeitalter"
nennen. Damals war das Universum nämlich von einem dichten Nebel aus
Wasserstoffgas erfüllt. Diese dunkle Phase endete, als sich die ersten Sterne
und Galaxien bildeten und durch ihre Strahlung das Gas ionisierten und dadurch
durchsichtig machten. Galaxien wie GN-108036 könnten dabei eine wichtige Rolle
gespielt haben. Allerdings weiß man nicht, wie viele solcher Galaxien es
eigentlich damals gegeben hat.
"Die hohe Sternentstehungsrate von GN-108036 deutet darauf hin, dass die
Galaxie 750 Millionen Jahre nach dem Urknall sehr schnell ihre Masse aufgebaut
hat", so Bahram Mobasher von der University of California in Riverside,
der auch zum Team gehörte. "Es könnte sich also um einen Vorfahren der extrem
massereichen und entwickelten Galaxien handeln, die wir heute beobachten."
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