Hohe Erwartungen an neues Röntgenteleskop
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik astronews.com
24. Oktober 2011
Über 150 Astronomen aus der ganzen Welt besuchten in der
vergangenen Woche eine Konferenz in Garmisch-Partenkirchen, die ausschließlich
dem neuen Röntgenobservatorium eROSITA gewidmet war. Dabei wurden nicht
nur künftige Beobachtungskampagnen diskutiert, sondern auch wichtige
Entscheidungen über die Verteilung der Daten getroffen. eROSITA soll
2013 starten.
Jedes der sieben Telekopmodule für eROSITA
besteht aus jeweils 54 ineinander geschachtelten
Spezialspiegeln.
Foto: MPE |
Das eROSITA-Röntgenteleskop, das derzeit von einem internationalen
Konsortium unter Leitung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik
(MPE) gebaut wird, wird die erste vollständige Himmelsdurchmusterung im
mittleren Röntgenbereich bis hin zu einer Energie von 10 keV liefern. Es wird
dazu Bilder mit bisher unerreichter räumlicher sowie spektraler Auflösung
aufnehmen. Anhand dieser Daten können die Astronomen dann nicht nur etwa 500.000
aktive Sterne, sondern auch um die 100.000 Galaxiengruppen und -haufen
nachweisen und vermessen sowie bis zu drei Millionen neue, entfernte, extrem
massereiche Schwarze Löcher in aktiven galaktischen Kernen finden.
Die Vereinbarung zwischen dem deutschen MPE und dem
Weltraumforschungsinstitut der Russischen Akademie der Wissenschaften IKI, den
beiden wichtigsten Partnern des eROSITA-Projekts, sieht vor, dass
deutsche Wissenschaftler an allen beteiligten Institutionen Daten erhalten, die
20.000 Quadratgrad des Himmels überdecken - eine Fläche, die mehrere hundert Mal
größer ist als die größte Fläche, die mit dem Röntgenobservatorium
XMM-Newton beobachtet wurde. Während dieses Teleskop und sein Pendant, das
Chandra-Röntgenteleskop, für tiefe Beobachtungen kleinster Bereiche
ausgelegt sind, wurde eROSITA speziell für großräumige Beobachtungen
entwickelt.
"Mit eROSITA werden wir das Universum systematisch bis zu großen
Entfernungen sondieren können; wir können damit zu einer Epoche zurückblicken,
als das Universum nur halb so alt war wie heute", erklärt Peter Predehl, der das
eROSITA-Projektteam leitet. "Die letzte vollständige
Himmelsdurchmusterung von ROSAT beschäftigte sich hauptsächlich mit dem
nahen Universum; eROSITA ermöglicht es uns nun, die großräumigen
Strukturen im Universum zu kartographieren."
Indem die Wissenschaftler die Entwicklung der großräumigen Strukturen
untersuchen, so wie sie sich durch das heiße, im Röntgenlicht strahlende Gas
darstellen, hoffen die Forscher, auch neue Informationen über die geheimnisvolle
Dunkle Energie zu erhalten, die dafür sorgt, dass sich das Universum immer
schneller ausdehnt. Auch wenn die Entdeckung dieses Effekts dieses Jahr durch
den Physiknobelpreis geehrt wurde, bleibt die Frage nach dem Wesen der Dunklen
Energie weiterhin offen.
Wie die Teilnahme vieler Astronomen aus den unterschiedlichsten Bereichen an
dieser ersten, allein der eROSITA-Mission gewidmeten Konferenz beweist,
geht das Interesse an dem Projekt aber weit über die Frage nach der Dunklen
Energie hinaus. So hoffen die Wissenschaftler auf neue Daten über
Galaxienhaufen, entfernte aktive Galaxienkerne, Schwarze Löcher und
Neutronensterne in unserer Galaxie oder auch über Röntgendoppelsternen und
anderen kompakten Objekten. Einige Kollaborationen mit bodengebundenen
Teleskopen, die große Himmelsbereiche bei anderen Wellenlängen beobachten,
wurden vorgeschlagen und liefern schon jetzt ergänzende Daten zu der
Himmelsdurchmusterung, die eROSITA einmal bereitstellen soll.
"Das Projekt ist jetzt so weit ausgereift, dass wir es unseren
internationalen Kollegen vorstellen und im Gegenzug ihre Ideen zu den
wissenschaftlichen Möglichkeiten mit eROSITA diskutieren können. Ein
derart großes Interesse hat aber sogar unsere Erwartungen übertroffen," freute
sich Andrea Merloni, der leitende Wissenschaftler des Projekts. Die Herstellung
der einzelnen Teile für eROSITA ist im vollen Gang: die vollständige
Teleskopstruktur ist inzwischen am MPE eingetroffen und bei den sieben
Spiegelmodulen (sowie einem Reservemodul) wird täglich einer der 54 ineinander
geschachtelten Spiegel eingebaut. Tests zeigen, dass alle Spiegel eine
exzellente Qualität aufweisen.
Die Montage aller Einzelteile inklusive des neuen Röntgendetektorsystems, das
am MPE entwickelt wurde, soll Ende 2012 beendet sein und dann wird eROSITA
im Frühjahr 2013 von Baikonur aus gestartet. Es wird das Hauptinstrument auf dem
russischen "Spectrum-Roentgen-Gamma"-Satelliten (SRG) sein und in einen L2-Orbit
gebracht werden. Während der ersten vier Jahre wird eROSITA eine
vollständige Himmelsdurchmusterung durchführen, danach steht es drei Jahre lang
Wissenschaftlern aus der ganzen Welt für Beobachtungen auf Antrag zur Verfügung.
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