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Einer der derzeit spannendsten Bereiche der Astronomie ist die Suche nach Planeten um andere Sonnen. Mit ganz unterschiedlichen Verfahren fahnden Wissenschaftler nach diesen Exoplaneten - immer in der Hoffnung, auf diese Weise irgendwann eine zweite Erde zu entdecken. Ein neues Buch versucht, auch Laien einen Überblick über dieses komplexe Thema zu vermitteln.
Gute populärwissenschaftliche Bücher zu schreiben ist schwierig. Der Autor muss komplexe Zusammenhänge einem Publikum vorstellen, das außer einem großen Interesse möglicherweise nichts mitbringt, also keinerlei Hintergrundwissen hat. Dabei sollte er bei aller Vereinfachung präzise bleiben - und erst noch gut schreiben können! Man könnte deshalb vielleicht sogar behaupten, dass die Populärwissenschaft die Königsdisziplin der Fachliteratur ist. Noch viel schwieriger ist es, ein gutes populärwissenschaftliches Buch über ein so breites und dynamisches Forschungsfeld wie die Exoplanetenforschung zu schreiben. Man muss dabei nicht nur die neusten Entwicklungen im Auge behalten, sondern auch die wichtigsten Akteure, Techniken und Theorien in dem Gebiet kennen. Die darunter liegende Naturwissenschaft muss nicht nur verstanden, sondern auch erfolgreich auf ein allgemein verständliches Niveau heruntergebrochen werden. Bei der Lektüre von Sven Pipers Buch "Exoplaneten - Die Suche nach einer zweiten Erde" wird bald klar, dass sich der Autor mit dieser Herkules-Aufgabe übernommen hat. Dabei ist der Aufbau des Buchs durchaus solide und nachvollziehbar: Von der Geschichte der Astronomie geht es direkt zur Entdeckung der ersten extrasolaren Planeten, den Techniken zu ihrer Entdeckung und einer Rundumschau der interessantesten Exoplaneten, die Astronomen in den letzten 15 Jahren gefunden haben. In den letzten zwei Kapiteln kommt er vom eigentlichen Thema "Exoplaneten" ab und berichtet über Astrobiologie und SETI. Man steigt in das Buch ein und merkt schnell: Der Autor weiß viel und hat das Forschungsfeld in den letzten Jahren aufmerksam verfolgt. Gut ist, dass er aufrichtig versucht, dem Leser eine lockere und unterhaltsame Einführung in die komplexe Thematik zu bieten, und das zu einem fairen Preis. Die Mehrheit der Dinge, die er uns dabei erzählt, ist korrekt wiedergegeben und vernünftig vereinfacht. Die Geschichte der Astronomie ist grundsätzlich gut gelungen, die Ausführungen zu den geplanten künftigen Missionen und Instrumenten der Exoplanetenforschung sind ausführlich und interessant.
Der Autor hat sich auch die Mühe gemacht, eine Reihe von Experten auf dem Gebiet für sein Buch zu befragen. Es ist ihm sogar gelungen, Geoffrey Marcy, eine der Koryphäen auf dem Gebiet der Exoplanetenforschung, für ein Vorwort zu gewinnen. Jedoch ist der Autor selbst kein Exoplanetenforscher, kein Wissenschaftler, für den das Verfassen von wissenschaftlich wasserdichten und gleichzeitig präzisen Texten zum Alltag gehört, sondern ein äußerst aktiver, interessierter Exoplaneten-Enthusiast. Das ist grundsätzlich natürlich kein Problem, denn es gibt zahlreiche gute populärwissenschaftliche Bücher, die nicht von Wissenschaftlern (sondern beispielsweise von Journalisten) geschrieben wurden. Es fällt aber auf, dass der Autor kaum von den aktiven Forschungsfeldern und den verschiedenen, konkurrierenden Ideen, die Wissenschaftler zur Zeit anhand von Exoplaneten-Entdeckungen diskutieren, berichtet: So liest man nirgends von den zwei konkurrierenden Ideen zur Entstehung von Gasriesen (Akkretion in der Scheibe oder direkter Kollaps aus der Wolke), die in den letzten Jahren durch die Entdeckung von Gasriesen auf sehr weiten Bahnen (zum Beispiel um die Sterne HR 8799 oder Fomalhaut) wieder neue Dringlichkeit erhalten hat. Kein Wort auch über das Phänomen der unerklärlich großen Hot Jupiter, die man bei einigen Sternen entdeckt hat. Die Gasriesen-Migration, oder die Zeitentwicklung resonanter Planetensysteme wird nur flüchtig angesprochen. Gerade im fachlichen Teil des Buches sind zudem die Referenzen (die sonst über zahlreiche Fußnoten organsiert sind) etwas gar dünn gesät, ein Verzeichnis von weiterführenden Büchern und Webseiten am Ende des Buches vermisst man genauso wie ein Glossar der Fachbegriffe. Der fehlende wissenschaftliche Hintergrund des Autors wird aber dann zum Problem, wenn sich im Text regelmäßig kleinere und größere sachliche Fehler und Ungenauigkeiten einschleichen. Einiges hätte man besser recherchieren oder präziser formulieren müssen. So ist das Hauptproblem bei der Mikrolinsen-Methode eben nicht, dass die Linsen "zufällig" auftreten (das tun sie, doch dank systematischen Suchprogrammen hat man das im Griff), sondern dass es sich dabei um eine äußerst seltene Anordnung von zwei Sternen handelt, die sich nie mehr wiederholt: man entdeckt zwar den Planeten, doch es ist praktisch unmöglich, den Planeten durch spätere, unabhängige Messungen zu bestätigen (Seite 59). Man schließt bei Exoplaneten, die mit der Transit-Methode entdeckt wurden, auch nicht von Masse und Dichte auf den Durchmesser, sondern aus Durchmesser und Masse auf die Dichte (Seite 74). Die IAU (Internationale Astronomische Union) erkennt zurzeit "offiziell" keinerlei extrasolare Planeten an (Seite 97). Bei Gliese 581 g (sofern der Planet wirklich existiert, was zur Zeit keineswegs gesichert ist, wovon der Autor aber auszugehen scheint) ist nicht der Radius ("1,2 bis 1,4 Erdradien") bekannt, sondern die Masse - auf den Radius wurde nur indirekt aus Modellen möglicher Zusammensetzungen geschlossen (Seite 110). Eisriesen bestehen durchaus zum größten Teil aus Wasser bzw. Wassereis (Seite 113) und schließlich gibt es ganz grundsätzlich keine Planeten, deren Bahn eine Exzentrizität von 1 oder grösser als 1 aufweist - in diesem Fall wären sie nämlich nicht gravitativ an ihren Stern gebunden und somit keine Planeten (Seite 119). Und dies sind nur einige Beispiele aus einer langen Liste. Solche Fehler sind ärgerlich. Es ist schade, dass sich der Verlag offenbar nicht die Zeit genommen hat, das Buch von Experten in der erforderlichen Gründlichkeit gegenlesen zu lassen. Gerade wenn man beschließt, mit einem nicht-professionellen Experten für ein solches Buchprojekt zusammenzuarbeiten, sollte eigentlich die Sicherstellung der wissenschaftlichen Qualität eine hohe Priorität genießen. Der Schreibstil des Autors ist manchmal etwas umständlich, zuweilen werden die Sätze zu lang und zu verschachtelt. Eine Reihe von englischen Ausdrücken wurde etwas gar unbedarft - oder gar nicht - ins Deutsche übersetzt (etwa: "Stellar Interferometrie", "Hydrogenzyanid", "Adenine", das Sternbild "Serpent"). Der Autor neigt in gewissen Kapiteln leider auch dazu, über alles zu reden und zu spekulieren, was sich gerade am Wegrand seiner langen Reise zum eigentlichen Thema des Kapitels findet. Eine gewisse Straffung hätte dem Text hier sicher gut getan. Auch die wiederholten Querverweise auf "Star Trek" sind mit der Zeit eher lästig und vermitteln den (vermutlich falschen) Eindruck, dass hier ein Trekkie nur allzu gerne auf sein Steckenpferdchen verweist. Aber auch hier gilt: Niemand ist perfekt. Es hätte zu den Aufgaben eines Verlags (und eines Lektors) gehört, den Autor vor solchen kleinen Ausrutschern zu schützen. Dies ist leider offenbar nicht geschehen. Am Ende bleibt der Eindruck eines gut gemeinten und mit viel Herzblut geschriebenen, aber letztlich doch unfertigen Buches. Ein guter erster Entwurf vielleicht, der einen Einblick in ein breites Forschungsfeld bietet, dem aber zum wirklich guten populärwissenschaftlichen Buch über Exoplaneten leider die wissenschaftliche Präzision und der stilistische Feinschliff fehlt. Matthias Meier hat an der ETH Zürich Erdwissenschaften studiert und promoviert dort derzeit auf dem Gebiet der Planetologie. Er betreibt die Webseiten final-frontier.ch und Planeten.ch.
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