Neue Details über Hanny's Voorwerp
von Stefan Deiters astronews.com
13. Januar 2011
Das Weltraumteleskop Hubble hat jetzt eines der
wohl ungewöhnlichsten Objekte im All genauer untersucht - einen mysteriösen,
grünlich leuchtenden Gasklumpen, der sich in der Nähe der Spiralgalaxie IC 2497
befindet. Das Objekt war 2007 im Rahmen des Projekts GalaxyZoo von
einer niederländischen Lehrerin entdeckt worden und wird seitdem Hanny's
Voorwerp genannt.

Hubbles Blick auf Hanny's Voorwerp (im
Vordergrund) und die Galaxie IC 2497.
Bild: NASA, ESA, W. Keel (University of
Alabama) und das Galaxy Zoo Team [Großansicht]
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Hanny's Voorwerp, was nichts weiter bedeutet als "Hannys Objekt",
wurde 2007 von der niederländischen Lehrerin Hanny van Arkel im Rahmen des
Online-Projektes GalaxyZoo entdeckt, bei dem Internetnutzer bei der
Klassifikation von Galaxien helfen (astronews.com berichtete). Der grünliche
Gasklumpen hat nicht nur das Team von GalaxyZoo fasziniert, sondern
auch Astronomen weltweit, die seitdem versuchen hinter das Geheimnis von Hannys
Objekt zu kommen. Vom Weltraumteleskop Hubble stammt nun der bislang
detaillierteste Blick auf Hanny's Voorwerp.
Mit Hilfe der Wide Field Camera 3 und der Advanced Camera for
Surveys konnte Hubble Sternentstehungsgebiete in dem grünlichen
Gasklumpen aufspüren, der sich in der Nähe der Spiralgalaxie IC 2497 in rund 650
Millionen Lichtjahre Entfernung befindet. Durch Radiobeobachtungen wurden zudem
ein Ausfluss von Gas aus dem Zentrum der Galaxie entdeckt, der offenbar - so
zeigten die neuen Bilder - auch einen kleinen Teil von Hanny's Voorwerp
beeinflusst und hier neue Sterne entstehen lässt.
"Die Sternhaufen befinden sich in einer Region, die nur wenige Tausend
Lichtjahre durchmisst", erläutert William Keel von der University of Alabama
in Tuscaloosa, der die Hubble-Untersuchungen leitete. "In dieser Region
entstehen vielleicht schon seit einigen Millionen Jahren Sterne. Sie sind aber
so leuchtschwach, dass sie bei früheren Beobachtungen vom hell leuchtenden Gas
in ihrer Umgebung überstrahlt worden sind."
Dank jüngster Röntgenbeobachtungen kann man sich nun auch erklären, warum
Hanny's Voorwerp so auffällig ist: Im Zentrum der Galaxie gab es bis vor Kurzem
ein aktives massereiches Schwarzes Loch, also einen Quasar, aus dessen Umgebung
eng gebündelte Strahlung in Richtung des Objektes ausgesandt wurde. Diese
brachte die Gaswolke zum Leuchten - für die markante grünliche Farbe ist dabei
der glühende Sauerstoff verantwortlich. "Wir können den Quasar nicht erkennen,
weil er vor nicht mehr als 200.000 Jahren inaktiv wurde. Was wir heute sehen,
ist also praktisch sein Nachglühen", erklärt Keel. "Dies könnte bedeuten, dass
der Quasar flackert, was nicht ungewöhnlich für Quasare ist, doch haben wir eine
so dramatische Veränderung noch nie so schnell ablaufen sehen."
Das Licht des Quasarausbruchs könnte auch einen Schatten auf den Gasklumpen
geworfen haben, der für ein 20.000 Lichtjahre durchmessendes Loch in Hanny's
Voorwerp verantwortlich ist. Die scharfen Ränder dieses Lochs, die auf den
Hubble-Aufnahmen zu sehen sind, deuten darauf hin, dass offenbar etwas in
der Nähe des Quasars für den Schattenwurf verantwortlich ist.
Aus Radiobeobachtungen weiß man inzwischen auch, dass es sich bei Hanny's
Voorwerp nicht etwa um eine isolierte Gaswolke im All handelt. Der glühende
Klumpen ist Teil eines rund 300.000 Lichtjahre langen Schweifs aus Gas, der sich
um die Galaxie windet. Der einzige im sichtbaren Bereich des Lichtes zu
beobachtende Bereich dieses Bandes ist Hanny's Voorwerp. Er erstreckt sich von
etwa 44.000 Lichtjahren vom Zentrum bis in eine Entfernung von 136.000
Lichtjahren vom Galaxienkern.
Der lange Gasschweif, die Aktivität des Schwarzen Lochs sowie der Ausfluss
von Gas verraten nach Ansicht der Astronomen einiges über die Geschichte der
Galaxie: "Die Sachlage deutet darauf hin, dass IC 2497 innerhalb der letzten
eine Milliarde Jahren mit einer anderen Galaxie verschmolzen ist", so Keel. "Auf
den Hubble-Bildern ist deutlich zu erkennen, dass ihre Spiralarme
verbogen sind, die Galaxie also noch immer nicht wieder zur Ruhe gekommen ist."
Keel vermutet, dass während der Verschmelzung ein langes Band aus Gas, ein
sogenannter Gezeitenarm, ausgestoßen und gleichzeitig Sterne und Gas ins Zentrum
der Galaxie geleitet wurden, so dass das Schwarze Loch neue Nahrung bekommen
hat. Die Aktivität des Schwarzen Lochs sorgte dann für die Entstehung eines
Quasars, aus dessen Umgebung zwei Strahlungskegel ausgingen, von denen einer
einen Teil des ausgestoßenen Gases zum Leuchten gebracht hat. Dieser Teil ist
nun als "Hanny's Voorwerp" bekannt.
Vor rund einer Millionen Jahren sorgten Stoßwellen für die Entstehung von
glühendem Gas in der Nähe des Galaxienzentrums. Es ist nur auf den Bildern und
Spektren von Hubble zu erkennen. Dieser Ausbruch könnte auch die
Sternentstehung in Hanny's Voorwerp angeregt haben. Vor weniger als 200.000
Jahren nahm dann die Helligkeit des Quasars plötzlich um den Faktor 100 ab, so
dass sich das Zentrum der Galaxie heute nicht mehr von dem einer gewöhnlichen
Galaxie unterscheidet.
Beobachtungen des staubigen Galaxienkerns mit dem Space Telescope Imaging
Spectrograph an Bord von Hubble zeigten auch eine sich
ausbreitende Gasblase an einer Seite des Galaxienkerns. Vielleicht handelt es
sich dabei um eine der letzten Spuren der Aktivität des Quasars. Die Struktur
aus expandierendem Gas ist noch so klein, dass sie von der Erde aus nicht
aufgelöst werden kann.
"Dieser Quasar war vielleicht einige Millionen Jahre aktiv, was darauf
hindeutet, dass Quasare auf einer Zeitskala von Millionen Jahren aktiv und
wieder inaktiv werden - und nicht auf einer Skala von 100 Millionen Jahren, wie
es sich aus der Theorie ergibt", so Keel. Es wäre möglich, dass der Quasar
erneut aufleuchtet, wenn wieder größere Mengen an Material in das Schwarze Loch
im Zentrum gelangen.
Die Himmelsregion rund um Hanny's Voorwerp ist heute auch als unser Bild des
Tages zu sehen.
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HubbleSite, Originalveröffentlichung der Bilder durch das STScI
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