Atmosphäre einer Supererde untersucht
von Stefan Deiters astronews.com
1. Dezember 2010
Astronomen haben mit Hilfe des Very Large Telescope
der europäischen Südsternware ESO erstmals die Atmosphäre einer Supererde
untersucht. Sie besteht danach entweder hauptsächlich aus Wasserdampf oder ist
von dicken Wolken oder Dunstschleiern geprägt. Der untersuchte Planet GJ 1214b
ist rund 40 Lichtjahre von der Erde entfernt und war vor rund einem Jahr
entdeckt worden.
So könnte der Planet GJ 1214b in rund 40
Lichtjahren Entfernung aussehen.
Bild: ESO/L. Calçada |
Der Planet GJ 1214b wurde im vergangenen Jahr mit Hilfe des
3,6-Meter-Teleskops der ESO in La Silla entdeckt (astronews.com berichtete).
Schon damals hatte man die Vermutung, dass der Planet von einer dichten
Atmosphäre umgeben ist - einen Verdacht, den man nun mit dem Instrument FORS am
Very Large Telescope bestätigt hat. "Dies ist die erste Supererde, deren
Atmosphäre man analysieren konnte", so Jacob Bean vom Harvard-Smithsonian
Center for Astrophysics. "Es ist ein weiterer Meilenstein bei der
Untersuchung dieser Welten." Die Astronomen berichten in der morgen
erscheinenden Ausgabe der Wissenschaftszeitschrift Nature über ihre Resultate.
GJ 1214b hat etwa den 2,6-fachen Radius der Erde und etwa ihre 6,5-fache
Masse, was den Planeten zu einer sogenannten Supererde macht. Der Zentralstern
von GJ 1214b liegt in einer Entfernung von rund 40 Lichtjahren im Sternbild
Schlangenträger. Bei GJ 1214b handelt es sich zudem um einen Transitplaneten,
der alle 38 Stunden - von der Erde aus gesehen - einmal vor der Scheibe
seines Zentralsterns vorüberläuft. Mit einer Entfernung von nur zwei Millionen
Kilometern ist GJ 1214b seinem Zentralstern rund 70-mal näher als die Erde der
Sonne. Der Stern GJ 1214 ist allerdings auch deutlich leuchtschwächer.
Die regelmäßigen Transits des Planeten machten nun auch die Untersuchung
seiner Atmosphäre möglich: Bei einem solchen Transit fällt nämlich ein wenig
Licht des Sterns auch durch die Planetenatmosphäre. Dieses haben die Astronomen
mit dem hochauflösenden Spektrometer FORS untersucht. Die Messwerte verglichen
die Wissenschaftler dann mit Daten, die für unterschiedliche Atmosphärenmodelle zu erwarten gewesen wären.
Für die Atmosphäre der Supererde kamen nach Ansicht der Forscher drei
mögliche Zusammensetzungen in Frage: Entweder ist der Planet sehr wasserreich und wäre
damit, wegen seiner großen Nähe zu seiner Sonne, in Wasserdampf gehüllt. Es
könnte sich außerdem auch um einen Gesteinsplaneten handeln, dessen Atmosphäre
hauptsächlich aus Wasserstoff besteht, in der es aber hohe Wolken oder
Dunstschleier gibt. Eine weitere Alternative wäre, dass GJ 1214b ein
Neptun-ähnlicher Planet mit einem nur kleinen Gesteinskern und einer dicken
Wasserstoff-reichen Atmosphäre ist.
Bei den neuen Messungen fand man jedoch keine Hinweise auf Wasserstoff, so
dass die dritte Option auszuscheiden scheint. Es handelt sich also entweder um
eine sehr wasserdampfreiche Atmosphäre oder aber um eine Atmosphäre mit dichten
Wolken oder Dunstschleiern, wie bei Venus oder dem Saturnmond Titan, die das
Aufspüren von Wasserstoff verhindert.
"Wir können zwar noch nicht genau sagen, aus was die Atmosphäre besteht, doch
haben wir die Optionen für diese entfernte Welt auf dampfhaltig oder dunstig
eingegrenzt", so Bean. "Jetzt sind Beobachtungen im Infraroten nötig, um
entscheiden zu können welche dieser beiden Atmosphären es auf GJ 1214b tatsächlich
gibt."
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