Sonne beeinflusst Klima anders als gedacht
von
Rainer Kayser
7.
Oktober 2010
Welchen Einfluss hat die Sonne auf das Erdklima? Britische
und amerikanische Wissenschaftler berichten jetzt über das verblüffende Ergebnis
entsprechender Untersuchungen. Danach hat das Abflauen der Sonnenaktivität in
den vergangenen Jahren zu einer leichten Erwärmung auf der Erde geführt. Wurde
die Rolle der Sonne für die globale Erwärmung also bislang sogar überschätzt?
UV-Bild der
Sonde SOHO unserer Sonne aus dem Jahr 1999. Wurde
der Einfluss unseres Zentralgestirns auf die
globale Erwärmung sogar überschätzt?
Bild: ESA/NASA/SOHO |
Die Aktivität der Sonne hat Atmosphäre und Klima der Erde in den vergangenen Jahren anders beeinflusst, als es die Klimamodelle vorhersagen. Zu diesem Schluss kommt ein Team britischer und amerikanischer Forscher. Wie die Wissenschaftler im Fachblatt
Nature
berichten, hat das Abflauen der Sonnenaktivität in den Jahren 2004 bis
2007 nicht zu einer Abkühlung, sondern zu einer leichten Erwärmung an der Erdoberfläche geführt. Ursache für diesen unerwarteten und kontraintuitiven Effekt sind Änderungen in der spektralen Zusammensetzung der Sonnenstrahlung.
"Unsere Ergebnisse deuten die Möglichkeit an, dass der Einfluss der solaren Variabilität auf die Atmosphäre entgegen den gegenwärtigen Erwartungen verläuft", schreiben Joanna Haigh, Ann Winning und Ralf Toumi vom
Imperial College London, sowie Jerald Harder von der University of Colorado.
"Wenn weitere Untersuchungen dieses Muster über einen längeren Zeitraum bestätigen, dann hätten wir die Rolle der Sonne für die globale Erwärmung in der Vergangenheit eher über- als unterschätzt."
Die totale Strahlungsintensität der Sonne ändert sich im Verlauf eines elfjährigen Aktivitätszyklus nur um geringfügige 0,1 Prozent. Messungen des Satelliten
Solar Radiation and Climate Experiment (SORCE) in den Jahren 2004 bis 2007 - in der abfallenden Phase des letzten Zyklus - haben jedoch eine überraschend starke Abschwächung im ultravioletten und einen ausgleichenden Anstieg im sichtbaren Spektralbereich gezeigt. Haigh und ihre Kollegen haben nun in einem Computermodell die Folgen dieser Änderungen simuliert. Die Modellrechnungen zeigen unter anderem, dass der Einfluss der Sonnenstrahlung auf die Oberflächentemperatur nicht synchron mit der Sonnenaktivität verläuft. Die unerwartete Zunahme der Strahlung im sichtbaren Bereich führt dazu, dass sich die Erdoberfläche erwärmt statt, wie von den bisherigen Klimamodellen vorhergesagt, abzukühlen.
Haigh und ihre Kollegen räumen zwar vorsichtig die Möglichkeit ein, dass sich die Sonne in den vergangenen Jahren anomal verhalten haben könnte - immerhin war das letzte Aktivitätsminimum ungewöhnlich lang und tief.
"Doch die SORCE-Beobachtungen sind konsistent mit aktivitätsabhängigen Änderungen des Temperaturgradienten in der solaren Photosphäre", so die Wissenschaftler,
"und das deutet darauf hin, dass die unerwarteten Trends im Strahlungsverlauf in jedem Sonnenzyklus auftreten." Dann aber müsse
"die Einschätzung des solaren Einflusses auf das Klima und die Methoden, mit
denen dieser Einfluss in den globalen Modellen repräsentiert wird, überarbeitet
werden."
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